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Tochter des Glueck

Tochter des Glueck

Titel: Tochter des Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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Feldarbeit verrichten. Sie würde das keine Stunde durchhalten, und schon gar nicht einen ganzen Tag lang.
    »Lauf!«, bellt er. »Lauf den ganzen Weg zurück zum Hofhaus!«
    Die Menschenmenge fällt mit ein. »Lauf, lauf, lauf.«
    Das ist viel schlimmer als die öffentliche Kritik von Genossin Ping-lis Ehemann, weil sich seine Frau umgebracht hatte, indem sie sich vor den Heuschneider warf. Damals machte ich bereitwillig mit, als er vom Pöbel angegriffen wurde, aber Yong, Kumei und Ta-ming sind meine Freunde. Sie haben nichts Unrechtes getan. Und Ping-lis Ehemann vielleicht auch nicht, wie ich jetzt erschreckt denke.
    Kumei und Ta-ming bekommen die Erlaubnis, Yong die Stufen vom Podium herunterzuhelfen, dann treten sie zur Seite, damit Yong alleine weitergehen kann. Die Menge teilt sich, um sie durchzulassen. Tränen laufen ihr über das Gesicht, aber sie reißt sich zusammen und schreit nicht. Ich sehe mich in alle Richtungen nach Tao um, doch ich wurde von ihm und seiner Familie getrennt. Ich brauche ihn. Wo ist er? Im Kopf überschlage ich, wie weit es zum Hofhaus ist. Yong wird über den Fußweg entlang des Bachs gehen müssen, vorbei an der Abzweigung zum Pavillon der Wohltätigkeit, und dann noch weiter zum Hofhaus. Ich schaffe diese Strecke in etwa zehn Minuten, aber wie Yong sie überhaupt bewältigen soll, weiß ich nicht.
    Die Leute aus den anderen Dörfern, die zur Kommune gehören, zerstreuen sich nun, um den Rest des Sonntags in Ruhe mit ihren Familien zu verbringen, aber die Bewohner des Gründrachendorfs weichen Yong nicht von der Seite, verspotten sie und spucken sie an. Da entdecke ich Tao. Ich greife nach seinem Arm, doch er schüttelt mich ab, als er sich zu mir umwendet. Sein Gesicht ist erfüllt von Wut und Hass. Wie konnte ich ihn nur heiraten?
    Ich dränge mich an ein paar anderen Leuten vorbei. Weiter vorne wankt Yong. Als ich Brigadeführer Lai, Parteisekretär Feng Jin und Sung-ling erreiche, bitte ich sie, dem Ganzen ein Ende zu machen, aber sie skandieren weiter: »Lauf! Lauf! Lauf!« Ihre Gesichter sind ebenso wutverzerrt wie das meines Mannes. Mir kommt ein Bild meiner Mutter in den Sinn, von dem Tag, an dem die Agenten vom FBI und INS meinem Vater so viele schreckliche Dinge vorwarfen. Meine Mutter zeigte keine Furcht. Sie war stark wie ein Drache. Die Erkenntnis, dass Wahrheit, Vergebung und Güte wichtiger sind als Rache, Verdammung und Grausamkeit, verleiht mir Mut und Sicherheit. Mir ist schwindlig und schlecht, aber ich richte mich auf, gehe nach vorne und nehme Yong am Arm. Als sie sieht, was ich getan habe, nimmt Kumei Yong am anderen Arm. Die Leute beschimpfen uns. Ich erkenne die Stimme meines Mannes, seiner Mutter und seines Vaters, seiner Brüder und Schwestern. Schließlich gewinnt das Gefühl, das nun schon seit Monaten in mir schwelt, die Oberhand. Ich gehöre nicht hierher. Sobald das hier vorbei ist, werde ich nach Hause gehen, den Brief zerreißen, den ich vorhin meiner Mutter geschrieben habe, und einen neuen schreiben, in dem ich sie bitte, herzukommen und mich abzuholen. Ich will nach Hause, nach Los Angeles. Wenn ich nicht ganz nach Hause kann, dann wenigstens zu ihr nach Shanghai.
    Kumei und ich helfen Yong über die erhöhte Schwelle des Hauses und in den ersten Hof hinein. Ich befürchte, dass uns die Dorfbewohner folgen, doch sie tun es nicht. Sie bleiben draußen, rufen aber immer noch Beschimpfungen. Wir schleppen Yong durch die Höfe und Gänge zur Küche, wo sie zusammenbricht. Ich muss mich übergeben und sehe mich verzweifelt nach einer Schüssel oder einem Topf um, aber alles wurde entweder der Kantine oder dem Schmelzofen übergeben. Normalerweise steht eine Waschschüssel auf dem Boden, heute jedoch nicht. In meiner Verzweiflung laufe ich zu der niedrigen Mauer zwischen der Küche und dem Stall, in dem früher Schweine gehalten wurden, beuge mich darüber und übergebe mich. Als mein Magen leer ist, lasse ich mich auf den Boden sinken, drehe mich um und sehe die anderen an. Yong ist weiß vor Schmerz, Kumei wirkt verängstigt, und Ta-ming zittert vor Schreck.
    »Warum?«, bringe ich heraus.
    »Essen«, antwortet Kumei schwach, aber das verwirrt mich noch mehr. »Wir brauchten etwas zu essen. Wir sind schwarze Elemente, deshalb wusste ich, dass wir weniger bekommen würden, als die Rationierung begann. Wir wohnen mit dem Brigadeführer im Hofhaus. Er hat zusätzliches Essen mit nach Hause gebracht, aber das hatte seinen Preis.«
    »Du warst …« Ich

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