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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Sie umarmte Augusta, küsste ihren Vater auf die Stirn und klatschte begeistert in die Hände. «Wie schön. Auf meinem Hochzeitstisch will ich auch Margeriten.»
    Sie betrachtete ihren Vater und wurde still.
    «Du siehst müde aus, Vater. Solltest du nicht noch ein wenig ruhen, bevor die Gäste kommen?»
    «Das findet Augusta auch. Aber ich denke, drei Wochen Ruhe sind genug. Wo ist Martin?»
    «Er hat noch etwas zu erledigen. In der Druckerei, sagte er, wegen der Einladungen.» Sophie kicherte. «Dabei sind die längst fertig. Es fiel ihm direkt vor dem Fenster von Meister Schütte ein. Ach, er ist so süß. Ausgerechnet vor der Tür unseres besten Goldschmieds gibt er vor, er gehe in die Druckerei.»
    Augusta hoffte innig, Sophies Begeisterung für Martins Ungeschicklichkeiten werde lange anhalten. Es würde nötig sein.
    Martin war am Morgen nach Joachims Ende und dem Brand in der Komödienbude erwacht, und seine Nachrichten, die ihn fast das Leben gekostet hatten, bestätigten, was Claes aus Behrmanns Brief und von Anne wusste. Martins Schreiber Pereira hatte in einer Kaschemme in Lissabon Joachims Kumpan gefunden, zu betrunken, um das Geheimnis um die Explosion der
Katharina
für sich zu behalten. Vielleicht trank er auch, weil sein Bruder die Lunte auf dem Schiff gelegt hatte und mit ihm untergegangen war.
    Von den Schwätzern am Spieltisch in einem Lissaboner Kaffeehaus hatte Martin von Joachims erdrückender Londoner Spielschuld erfahren. Er hörte von der Fälligkeit der Wechsel in diesem April, begriff, dass Claes in höchster Gefahr war, und nahm kurzentschlossen das nächste Schiff nach Norden. Der treue Martin. Sicher wog dieser Charakterzug diese gewisse papierene Trockenheit auf, die Augusta so beunruhigte.
     
    Die beiden Kutschen, die am Abend durch die Fuhlentwiete ratterten und vor dem Eingang zum Kröger’schen Hof hielten, erregten großes Aufsehen. Alle Fenster flogen auf, die Kinder rannten auf die Gasse und bestaunten die glänzenden Rappen. Solche Pferde sah man hier selten.
    «Herrmanns’ Kutsche ist da!», rief jemand im Bremer Schlüssel, und alle rannten, den Becher noch in der Hand, vor die Tür, um zuzusehen, wie die sonntäglich geputzten Komödianten die Kutschen bestiegen.
    Muto warf einen Blick in die samtgepolsterten Wagen, lachte sein lautloses Lachen und kletterte geschickt wie eine Katze zu dem Kutscher auf den Bock des ersten Wagens. Er wollte sich die Gelegenheit, die Stadt von so hoch oben zu betrachten, nicht entgehen lassen.
    Jean, rasiert, gewaschen, entlaust und glücklich, wie einer nur sein kann, der dem Galgen entkommen ist, verbeugte sich voller Grazie nach allen Seiten, warf der Krögerin eine Kusshand zu und stieg als Letzter ein.
    Lies war nicht dabei. Sie war bei Matti, und es war nicht sicher, ob sie in diesem Sommer mit der Becker’schen Komödiantengesellschaft weiterreisen würde.
    Rosina fehlt auch, stellte Jakobsen fest, aber vielleicht hatte er sie in dem Gewimmel auf der Gasse nur übersehen. Die Kutschen rollten durch die Stadt, und überall blieben die Leute stehen und sahen ihnen nach. Es hatte sich längst herumgesprochen, dass Herrmanns die Komödianten in sein Haus geladen hatte.
    Es hieß, Herrmanns habe sogar den Aufbau der Komödienbude bezahlt, die nach dem Brand vor zwei Wochen nur noch ein Schutthaufen gewesen war. Nun war sie wiederaufgebaut, aus bestem, hartem Holz. Die Karten für die ersten Vorstellungen waren längst ausverkauft. Auch Jacques Klappmeyer und Astrid Bellrich hatten ihre Diener immer wieder in den Bremer Schlüssel um Billetts geschickt. Aber eigentümlicherweise kamen sie jedes Mal zu spät.
    Vor dem Haus am Neuen Wandrahm hielten die Kutschen, und Helena und Jean, Sebastian und Titus, Gesine, Rudolf und die Kinder stiegen aus. Selbst Jean hatte ein wenig von seiner Grandezza verloren. Er war große Häuser und reiche Leute aus anderen Städten und Residenzen gewöhnt, aber die Türen dieser Stadt waren ihm so lange verschlossen geblieben, dass ihm der Abend wie die Premiere eines neuen Schauspiels erschien.
    Und dann war es ganz einfach. Sonnin, Anne und Matthews waren als letzte eingetroffen, und plötzlich saßen alle an der langen Tafel in Herrmanns’ Speisesaal. Auch wenn der Herr des Hauses noch ein wenig blass und wortkarg am Ende des Tisches residierte, so war er doch freundlich und aufmerksam, als hätte er nur die besten Freunde zu Gast, und Frau Augusta am anderen Ende plauderte und lachte wie in ihren besten

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