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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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ging’s geruhsamer zu, und in Sterkrade hatte tatsächlich noch jeder Mann seinen eigenen Grund und Boden. Heute sind’s eben nicht mehr vierhundert Leute, die für die Hüttengewerkschaft arbeiten, sondern viertausend, wenn man die drei Werke zusammennimmt.«
    »Sie sagen das so, als gefiele Ihnen das nicht besonders«, stellte Banfield fest.
    Grottkamp schwieg, und der junge Engländer fügte hinzu: »Jedenfalls wollte ich dieses idyllische Sterkrade unbedingt kennenlernen, das Thomas Banfield damals beschrieben hat. Und jetzt weiß ich, dass der Industrieort des Jahres 1866 nicht viel Ähnlichkeit hat mit dem Dorf in diesem Buch.«
    »Durch den Bericht Ihres Onkels sind Sie also nach Sterkrade gekommen?«
    Edward Banfield nickte. »Und hier geblieben bin ich, weil man mit der Eisenbahn alle anderen wichtigen Industrieorte in kürzester Zeit erreichen kann. Na ja, und diese verdammte Cholera, die hat mich auch nicht gerade dazu ermuntert, mein Quartier in eine der großen Städte zu verlegen, wo es tausende Tote gegeben hat.«
    »Ich verstehe«, sagte Grottkamp. »Und beim Klumpenwirt sind Sie abgestiegen, weil Sie glaubten, hier genau die Menschen zu treffen, für deren Leben und deren Arbeit Sie sich interessieren.«
    »Besser könnte ich es nicht ausdrücken«, stellte Edward Banfield lächelnd fest.
    »Und die Ortskarte von Sterkrade, die der tote Julius Terfurth in seiner Tasche hatte, was wollten Sie mit der?«
    »Ach wissen Sie, Herr Polizeisergeant, wenn man vier Wochen unterwegs ist, dann lernt man beinahe jeden Tag etwas Neues kennen, Menschen und ihre Geschichten, Dörfer und Städte. Da ist es nachher gar nicht so einfach, sich an alles zu erinnern, selbst wenn man sich ständig Notizen macht. Ich dachte, so eine Karte von Sterkrade mit den Hüttenwerken, den Straßen und den wichtigsten Gebäuden, die könnte ganz hilfreich sein, wenn ich demnächst in London vor meinem Schreibtisch sitze und alles niederschreibe, was ich hier erlebt und gesehen habe.«
    Die Erklärung leuchtete Grottkamp ein. Er trank den lauwarmen Rest seines Kaffees und dachte darüber nach, ob es wohl nötig sei, die Ortskarte als Beweisstück im Fall Terfurth weiterhin in Verwahrung zu behalten.
    Edward Banfield blätterte durch das Buch seines Onkels. Plötzlich lachte er auf. »Hier das ist zu komisch«, sagte er. »Nach der Gutehoffnungshütte hat Onkel Thomas sich auch noch die Oberhausener Betriebe der Hüttengewerkschaft Jacobi, Haniel & Huyssen angesehen. Wollen Sie hören, wie sein Bericht über diesen Besuch endet?«
    Grottkamp nickte.
    »Die Gefühle, die uns beim Abschied von Oberhausen bewegen, wird der Leser zweifellos mit uns teilen, nämlich die Achtung vor der unauffälligen Arbeit dieser guten Bürger, denen ihr Vaterland nicht dankbar genug dafür sein kann, dass sie durch ihre stetige und unabhängige Arbeit allen ein Beispiel geben.«
    Banfield klappte das Buch zu und warf es auf den Tisch. »Da haben Sie es gehört«, sagte er empört. »Mit der Achtung vor ihrer unauffälligen Arbeit sollen die Menschen abgespeist werden, die sich hier zu Tode schuften. Und wenn sie sich nicht auflehnen und ruhige und brave Bürger bleiben, dann gebührt ihnen der Dank des Vaterlandes. Das ist das Gedankengut der Bourgeoisie, was mein Onkel da verbreitet. Das ist der Wunsch nach unterwürfigen Proletariern, die nicht um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne streiten, sondern dankbar sind, wenn die hohen Herren ihnen auf die Schultern klopfen.
    Wissen Sie, Herr Polizeisergeant, die Zeitungen, für die ich schreibe, die werden von englischen Arbeitern gelesen. Und die würden mir meine Berichte um die Ohren hauen, wenn ich so einen Mist da hineinschriebe. Die wollen wissen, wie die Arbeitsbedingungen in der Industrie an Rhein und Ruhr sind. Die interessieren sich dafür, was ihre Kollegen im Königreich Preußen verdienen, wie sie leben und was sie denken. Und das kann man nur erfahren, wenn man mit den Arbeitern redet. Wer sich seine Informationen von den Industriebaronen und ihren Oberingenieuren beschafft, der wird am Schluss genau so einen Unsinn schreiben wie mein Onkel.«
    Martin Grottkamp sah den jungen Engländer nachdenklich an. Als ihre Blicke sich begegneten, sagte er: »Es war dumm von Ihnen, dass Sie mir das nicht alles schon vorige Woche erzählt haben. So wortkarg wie Sie waren, musste ich Sie für ein höchst verdächtiges Subjekt halten.«
    Edward Banfield zuckte mit den Achseln. »Wenn Sie gewusst

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