Tod an der Ruhr
am Boden liegenden Julius Terfurth gebeugt und ihn beschimpft hatte.
Könnte es so gewesen sein? War der Fall Terfurth am Ende doch nur eines dieser tragischen Unglücke, die immer wieder geschahen in dieser schrecklichen Welt?
Aber warum sollte er der Schankmagd glauben? Sie hatte von Anfang an versucht, ihn hinters Licht zu führen. Und sie hatte allen Grund gehabt, den Hammerschmied zu hassen, falls der ihr die Lustseuche angehängt hatte. Sie behauptete, bis heute nicht zu wissen, von wem sie die Syphilis habe. Aber war nicht auch das nur wieder eine ihrer Lügen? Er musste noch mal mit Möllenbeck reden. Vielleicht gab es ja doch einen Hinweis darauf, dass nur der Terfurth die Sander angesteckt haben konnte.
Und dann musste er zu Verstegen. Hatte der Sargschreiner nicht gesagt, er habe den Stein neben der Pfütze gefunden? Wieso aber hatte Julius Terfurth dann in der Wasserlache gelegen?
Noch war der Fall Terfurth für Grottkamp nicht abgeschlossen. Selbst wenn Margarete Sander die Wahrheit gesagt hatte, hieß das noch nicht, dass der Tod des Hammerschmieds ein Unglücksfall war.
Dass Carl Tiefenbach irgendwann am späten Abend am Ort des Geschehens vorbeigekommen war, stand fest. Vielleicht hatte er ja die Szene beobachtet und nach dem Verschwinden der Schankmagd dem hilflosen Julius Terfurth den Schädel eingeschlagen. Möglich war auch, dass der Klumpenwirt dem Terfurth und der Sander heimlich gefolgt war und die Gelegenheit genutzt hatte, seinen Erpresser aus dem Weg zu räumen.
Und was war mit Donatus Jentjen? Dass Martha – von ihrer Liebe geblendet – ihm eine solche Tat nicht zutraute, bedeutete nicht viel. Und Edward Banfield? Dass er vertuschen wollte, im Auftrag der englischen Industrie in Sterkrade zu sein, fiel allem Anschein nach als Mordmotiv aus. Aber warum war dieser undurchsichtige Engländer hier? Warum war er ausgerechnet im Gasthaus »Zum dicken Klumpen« abgestiegen?
Der Wochenmarkt lief ruhig an diesem trüben Mittwochmorgen. Grottkamp schaute sich um. Er sah die alte Anna, die sich über ihre Kräuter beugte, und den Hiesfelder Kartoffelbauern, der seinem Blick auswich, hörte den Mülheimer Tuchhändler, der seine Waren anpries, und ein paar Hühner, die aufgeregt gackerten. Er schlenderte in Richtung Hüttenstraße und grüßte zum Apotheker hinüber, der vor seiner Tür stand und dem Markttreiben zusah.
Am Rande des Marktplatzes traf er Nepomukzena Huckes. Sie strahlte ihn an und hielt ihm ihren Einkaufskorb entgegen. »Sind vom Hiesfelder, die Kartoffeln«, sagte sie fröhlich.
»Vom Hiesfelder?« Grottkamp wunderte sich. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie bei dem noch mal was kaufen.«
»Aber warum denn nicht, Herr Polizeisergeant? Der Kerl hat mich wirklich ausgesprochen zuvorkommend bedient. Schauen Sie nur! Ganz ohne Steine und sehr großzügig abgewogen«, sagte sie verschmitzt.
»Dann hat unser Bäuerlein ja was dazugelernt«, stellte Grottkamp zufrieden fest.
Nepomukzena Huckes lachte. »Und noch eine gute Nachricht hab ich«, sagte sie. »Der Carl Tiefenbach ist weg.«
»Was heißt das?«
»Der Bursche hat sich gestern mit Sack und Pack davongemacht, nach Gelsenkirchen rüber. Sein Vetter hatte ihm geschrieben, dass er sofort anfangen kann, als Schlepper auf Zeche Hibernia. Die suchen mal wieder Leute. Und wir sind ihn jetzt endlich los. Gott sei Dank!«
Grottkamp nahm die Nachricht mit gemischten Gefühlen auf. Aus dem Staub gemacht hatte er sich also, der Tiefenbach.
»Nun ja«, sagte er, »wenigstens wissen wir, wo wir ihn finden können.«
Edward Banfield saß an einem Tisch in der Schankstube des Gasthauses »Zum dicken Klumpen« nahe bei den Fenstern und hatte sich in ein Buch vertieft.
»Guten Morgen, Herr Banfield«, sagte Grottkamp, zog einen Stuhl heran und setzte sich ungefragt zu dem jungen Mann.
»Guten Morgen, Herr Offiziant«, erwiderte der Engländer, und Grottkamp stellte überrascht fest, dass es nicht einmal unfreundlich klang.
Er saß noch nicht ganz, da stand Maria Schneider schon neben ihm. Nach einem flüchtigen Gruß plapperte sie los: »Die Margarete ist leider nicht hier, Herr Polizeisergeant. Gerade vor ein paar Minuten ist sie gegangen, um Einkäufe zu machen. Das wird sicher dauern, bis sie zurück ist. Zum Markt wollte sie auch und der alten Anna eine Weile Gesellschaft leisten.«
»Ich wollte ausnahmsweise mal nichts von der Grete«, entgegnete Grottkamp. »Ich hatte die Absicht, mit Herrn Banfield einen Kaffee zu
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