Tod auf der Piste
eine Krisensitzung einberufen. Sie zwang sich, all die anderen außen vor zu lassen. Rasthofer, den Cellerar, Rieger sowieso. Vier Menschen, deren Schicksal verwoben war mit dem von Ernst Buchwieser. Vier Menschen, dreimal Platzpatronen, einmal ein tödliches Geschoss. Aber würde Maria Buchwieser wirklich schießen können? Irmi kam das so abwegig vor. Es blieb ihr nur, die Männer und Maria Buchwieser noch mal zu befragen. Als Zeugen, nicht als Angeklagte, denn auch in diesem Fall war ihr klar, dass die Staatsanwaltschaft nicht mitziehen würde.
Als Irmi das Haus betrat, waren wie immer nur die Hündin Wally und Kater daheim, Bernhard steckte wieder irgendwo. Heute war es wahrscheinlich die Feuerwehr.
Irmi öffnete lustlos den Kühlschrank. Sie hatte plötzlich wahnsinnigen Appetit auf Tagliatelle mit Sahnesoße. Das gab der Vorrat aber nicht her, und allein in eine Pizzeria gehen? Den Pizzaservice anrufen? Letztlich schmierte sie sich Leberwurst auf zwei Brotscheiben, die nicht mehr ganz taufrisch waren. Natürlich hatte sie die Leberwurst viel zu dick aufgetragen.
19
Am nächsten Tag führte Irmi noch von zu Hause aus einige Telefonate. Sie lud die drei Männer vor und bat sie um ihre Kooperation. Die Termine vereinbarte sie so, dass die Herren gestaffelt im 15-Minuten Rhythmus auftauchen würden.
Sailer hatte angerufen und vermeldet, dass die Frau vom Ambulanten Pflegedienst sicher war, dass Florian Eitzenbergers Pick-up weggefahren war. Noch eine Lüge mehr im Lügenmeer, doch was bedeutete das für den Fall?
Als Irmi ihr Büro betrat, saß Kathi an ihrem Platz.
»He, du bist krankgeschrieben.«
»Nein, bin ich nicht, und ich habe auch schon einige Termine bei deiner Psychologin. Aber ich will das hier zu Ende bringen. Mit dir.« Sie zögerte. »Bitte.«
Es war dieses »Bitte«, das Irmi rührte.
»Gut, dann pass mal auf.« Irmi setzte Kathi ins Bild, während die ruhig zuhörte.
»Alles klar. Und nun?«, fragte sie dann.
»Nun konfrontieren wir die Herren noch mal mit der Frage, warum sie eine andere Laufstrecke angegeben haben. Wir haben sonst nichts in der Hand«, sagte Irmi und sah auf die Uhr. Grasegger würde der Erste sein.
Quirin Grasegger war alles andere als begeistert über Irmis neuen Vorstoß. »Warum haben Sie mir erzählt, Sie wären Ihre Hausstrecke gelaufen, und in Wirklichkeit waren Sie auf der Aule-Alm?«
»Jetzt machen Sie daraus doch keinen Staatsakt! Wir sind eben eine etwas andere Strecke gerannt. Und sind eben woanders eingekehrt, was ist daran so tragisch?«
»Weil ein paar hundert Meter weiter Ernst Buchwieser erschossen wurde«, sagte Irmi lakonisch.
»Ja, hier liegt eben alles nah beieinander.« Das sollte wohl süffisant klingen, der Tonfall misslang ihm aber.
»Und wieso haben Sie falsche Angaben gemacht?«
»Ach, kommen Sie, Frau Mangold! Ich habe eine Bank zu leiten, ich investiere jede Woche Unmengen von Stunden in die Ausschussarbeit für die WM. Muss ich mir da merken, wo genau ich beim Laufen war? Das ist ja lächerlich!«
Die anderen beiden argumentierten ganz ähnlich wie Grasegger. Irmi und Kathi baten die drei Herren, kurz zu warten.
»Wir haben wieder mal die völlig gleichen Aussagen«, meinte Kathi. »Alle drei wollen diese alte Gschicht ruhen lassen. Der Flori hätte eben acht Goaßn-Halbe gehabt, die anderen auch nicht viel weniger – bis auf Ernst, der wohl wenig Alkohol trank, dafür mehr kiffte und mit Tabletten experimentiert hat.«
»Ja, und wir hören auch sonst immer wieder dieselbe Platte. Sie hätten das in der Rückschau betrachtet natürlich nie zulassen dürfen, aber damals seien sie jung gewesen und alkoholisiert, und die Idee, dass einer nachts mit Stirnlampe Bestzeit hätte fahren wollen, wäre für sie eben ab einem gewissen Punkt einfach ein nächtliches Abenteuer gewesen. So wie sie auch ins Eisstadion eingebrochen sind oder ins Schwimmbad«, ergänzte Irmi.
»Das hat sich auch heute noch so angehört, als wären die drei stolz. Krank, oder?«, rief Kathi.
»Glorifizierung der Jugendzeit, wohliges Schauern, wenn man die Heldentaten von anno Schnee erzählt. Je älter und spießiger Menschen werden, desto höher hängen die Taten der Jugend.«
»Männer!«, kam es von Kathi. »So bled und deppert san bloß Männer.«
Irmi grinste, manchmal bewies Kathi wirklich Lebenserfahrung. »Für mich stimmt an der ganzen Geschichte irgendetwas nicht. Die lügen. Denn wenn das damals so gewesen wäre, dann hätte das zwar im Hause
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