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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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strotzt vor Gesundheit wie eine Ackerstute. Was kann sie schon von Geheimnissen wissen?
    Doch sie wußte davon.
    An dem Abend, an dem die Expedition zurückkehren sollte, war Locille von allen Abendvorlesungen dispensiert. Sie nutzte eine freie Stunde, um ihre Eltern draußen auf dem Texas anzurufen. Sie stellte, wie schon hundertmal zuvor, fest, daß sie sich nichts zu sagen hatten, und kehrte rechtzeitig in die Küche der Fakultätsmensa zurück, um sich ihren abendlichen Pflichten zu widmen.
    Der Anlaß war die Rückkehr der Expedition. Es versprach ein Riesenbankett zu werden.
    Über zweihundert eingeladene Honoratioren sollten daran teilnehmen, sowie die höchsten Würdenträger der Universität selbst. In der Küche herrschte Hochbetrieb. Alle sechs J.’s hatten Dienst und waren vollbeschäftigt; der Kulinarische Ingenieur, der für die Saucen und Mayonnaisen verantwortlich war, erspähte Locille als erster und beanspruchte ihre Hilfe, aber es entstand Streit; der Ingenieur, der für die Pasteten verantwortlich war, kannte sie und wollte sie ebenfalls haben. Saucen und Mayonnaisen trugen den Sieg davon, und Locille emulgierte Ochsenblut und pulverisierte Gewürze in einem riesigen Metallgefäß; das sonore Surren des Emulgators und das Stakkatozischen des Dampfes, den sie fachkundig in die Mischung strömen ließ, übertönten das Dröhnen des landenden Düsenflugzeugs; die Expedition war zurückgekehrt, ohne daß sie es wußte; den ersten Hinweis erhielt sie, als am anderen Ende der Küche ein Tumult entstand und sie sich umdrehte und sah, daß Egerd dort stur drei kleine, gelbhäutige Gestalten vor sich her trieb, wie sie sie noch nie gesehen hatte.
    Er erblickte sie. »Locille! Komm her und schau dir die Ureinwohner an!«
    Sie zögerte und warf ihrem K. J. einen Blick zu, der ihr zumimte: Zehn-zu-eins-daß-dann-die-Sauce-nicht-gelingt. Locille streifte ihre Gummihandschuhe ab, stellte die Zeitautomatik und Thermostaten ein und schlich sich geduckt an den knetenden, backenden Druckkochmaschinen der Fakultätsküche vorbei zu Egerd und seinen Trophäen.
    »Es sind Japaner«, sagte er stolz. »Hast du schon einmal etwas vom Zweiten Weltkrieg gehört? Sie wurden auf einer Insel zurückgelassen, und ihre Nachkommen leben seitdem dort. Du, Locille …«
    Sie wandte den Blick von den Ureinwohnern ab, um Egerd anzusehen. Er schien sowohl wütend als auch stolz zu sein. »Ich muß nach Valparaiso«, sagte er. »Sechs andere Ureinwohner sollen nach Südamerika gebracht werden, und Master Carl hat mich dafür ausgewählt.«
    Sie wollte etwas antworten, aber da kam Cornut mit grüblerischer Miene herein.
    Egerd schaute ihn nachdenklich an.
    »Ich frage mich, warum Carl ausgerechnet mich ausgewählt hat«, sagte er weniger bitter als scharfsinnig. »Na schön.« Er machte kehrt, um durch eine andere Tür hinauszugehen. »Soll er seine Chance haben – in den nächsten sechzehn Tagen«, sagte er.
     
    Cornut grübelte. Er hatte noch nie einen Heiratsantrag gemacht. »Hallo, Locille«, sagte er formell.
    Sie sagte: »Hallo, Master Cornut.«
    Er sagte: »Ich, hm, möchte Sie etwas fragen.«
    Sie sagte nichts. Er schaute sich in der Küche um, als wäre er noch nie dort gewesen, was wahrscheinlich auch zutraf. Er sagte: »Hätten Sie Lust … ach, hätten Sie Lust, sich morgen mit mir auf dem Aussichtsturm zu treffen?«
    »Gewiß, Master Cornut.«
    »Das freut mich«, sagte er höflich, nickte und war schon halbwegs im Speisesaal, ehe ihm einfiel, daß er ihr nicht gesagt hatte, wann. Vielleicht glaubte sie, er erwarte von ihr, daß sie dort den ganzen Tag auf ihn warte! Er eilte zurück. »Morgen mittag um zwölf?«
    »Einverstanden.«
    »Und nehmen Sie sich nichts für abends vor«, befahl er und eilte davon. Es war peinlich. Er hatte noch nie einen Heiratsantrag gemacht, und auch diesmal war es ihm nicht gelungen, dachte er. Aber darin irrte er sich. Er hatte es getan. Er wußte es zwar nicht, wohl aber Locille.
    Der restliche Abend verging sehr schnell für Cornut. Das Bankett war ein voller Erfolg. Die Ureinwohner waren ein Knüller. Sie liefen zwischen den Gästen herum, rauchten mit jedem, der es einmal versuchen wollte, ihre Friedenspfeife – und das wollten alle – und erwiderten, als die Gäste betrunkener wurden, jeden Toast mit lauten Banzai! , dann mit einem heiseren, schließlich mit einfältigem Lächeln – die Ureinwohner wurden noch betrunkener.
    Cornut hatte einen sitzen. Anfangs erhaschte er von Zeit

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