Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
arbeitete und erfolgreich
war, durfte sich nach seinen Vorstellungen auch etwas gönnen. Die Art, wie de
Frontier noch einmal den Motor hatte aufheulen lassen, um ja alle Blicke auf
sich zu ziehen, missfiel Frode Hansen aber.
Der Pastor schlenderte gemächlich durch den Garten, blieb an einem
sauber geharkten Beet stehen und betrachtete die zarten Knospen der Rosen.
»Bist du eine ›Buismans Triumph‹?«, murmelte Hansen, beugte sich ein wenig vor
und ließ eine der hellroten Blüten sanft zwischen seinen Fingern wiegen.
»Eine was?«, hörte er eine Stimme hinter sich und drehte sich um.
Unbemerkt war ein mittelgroßer Mann herangetreten und sah zuerst die
Rose, dann Hansen an. Er hatte rotblonde Haare, ein rundes, frisches Gesicht
und eine Figur an der Grenze zum Untersetztsein, ohne rundlich zu wirken.
»Oh, Herr Kirchner«, begrüßte Hansen Husums Bürgermeister, der zu
den Gästen zählte und bei der offiziellen Eröffnung zuvor einer der Festredner
gewesen war. »Ich bin mir nicht sicher, ob diese Rose die Sorte ›Buismans
Triumph‹ ist, eine Züchtung aus den fünfziger Jahren.« Hansen schnupperte an
seinen Fingern, an denen ein zarter Rosenduft hängen geblieben war. »Ist das
nicht wunderbar, was uns die Natur schenkt? Rosen bedeuten für mich die Krone
der Gartengewächse in unseren Breitengraden.«
»Sie sind Blumenliebhaber?«, fragte Kirchner.
Hansen nickte. »Seit meiner Pensionierung lebe ich für meinen
Garten.«
»Das trifft nicht ganz zu«, meinte der Bürgermeister. »Ich habe oft
von Ihnen gelesen, dass Sie sich vielfältig engagieren. Und ganz haben Sie Ihre
pastorale Berufung auch noch nicht aufgegeben.«
Hansen spitzte die Lippen. »Das wird immer seltener, dass ich
Vertretungsdienst mache. Das ist ein Tribut, den man dem Alter zollen muss.«
»Aber, aber«, scherzte Kirchner. »Sie wirken noch sehr vital.«
»Nicht mehr so wie die Radaubrüder da drüben.« Hansen deutete in die
Richtung der Bauarbeiter, aus deren Mitte jetzt lautstark einer weiteren
Krankenschwester hinterhergerufen wurde. Sicher lag es am fortgeschrittenen
Alkoholkonsum, dass die Obszönitäten immer deftiger wurden.
»Irgendjemand sollte den Herren Einhalt gebieten«, sagte Hansen und
ging, gefolgt von Kirchner, auf die Gruppe zu, die sich um Monsignore Kuslmair
geschart hatte.
Dr. Aufgänger, der bei der Präsentation als der medizinische
Leiter vorgestellt worden war, nickte Hansen und Kirchner kurz zu und lauschte
dann wieder den Ausführungen Kuslmairs.
»Herr, äh …«, unterbrach der Monsignore seine Ausführungen und
sah Hansen an.
Er hatte keine Ambitionen, seinen Namen zu nennen. Er war sich nicht
sicher, ob Kuslmair wirklich seinen Namen vergessen hatte oder mit dieser
Anmerkung nur Hansens Bedeutungslosigkeit unterstreichen wollte. Frode Hansen
nickte dem Monsignore huldvoll zu. »Herr Kollege«, sagte er mit einer betont
einschmeichelnd klingenden Stimme.
Deutlich war an der hochgezogenen Augenbraue Kuslmairs ersichtlich,
dass er sich durch Hansens Anrede »Kollege« brüskiert fühlte. Auch de Frontier
hatte es bemerkt und nutzte die Gelegenheit gegenüber Hansen zu einem
Revanchefoul.
»Ich glaube, Monsignore Kuslmair sieht einen evangelischen
Geistlichen nicht auf Augenhöhe«, stichelte er.
»Ihnen scheinen alle Gemeinsamkeiten der christlichen Kirchen
verborgen geblieben zu sein«, erwiderte Hansen. »Nehmen Sie dieses Objekt. Das
ist gelebte Ökumene.«
De Frontier zeigte ein arrogant wirkendes Lächeln. »Ihr lieber Gott
scheint an vielen Stellen nicht mehr mit den zahlreichen Problemen dieser Welt
zurechtzukommen«, sagte er. »Wenigstens hat er sein soziales Gewissen noch
nicht abgelegt und kümmert sich um Institutionen wie die ›Kurklinik Am
Wattenmeer‹.«
»Meine Herren«, fuhr Willi Zehntgraf, der Verwaltungsleiter,
dazwischen und wischte sich die feinen Schweißperlen von der Stirn. »Darf ich
Sie noch einmal ans Büfett bitten? Unsere Küche hat sich alle erdenkliche Mühe
gegeben.« Er zeigte auf das weiße Zelt, in dem lange Tische mit bis zum
Erdboden reichenden weißen Decken aufgebaut waren.
»Danke«, winkte de Frontier ab und hielt sein Glas in Richtung
Schwester Heike, die wenige Schritte entfernt mit ihrem Getränketablett
wartete.
Rasch kam sie heran und hielt dem Architekten die Auswahl hin.
De Frontier nahm ein neues Glas Sekt. »Das könnte ein wenig mehr
gekühlt sein«, beklagte er sich und rückte dicht an Schwester Heike heran.
»Wenn Sie nach
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