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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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haben uns den heutigen Tag ausgesucht, denn
heute findet eine wichtige Sitzung statt, bei der alle Ratsherren
anwesend sein werden – außer den Verschwörern
natürlich. Selbst wenn ihr sofort zum Alten Markt und zum
Rathaus eilen würdet, kämet ihr zu spät.« Er
lachte noch einmal glucksend. »Dann werden wir einen neuen
Rat einsetzen, der den Englandhandel sofort einstellt und damit
erreicht, dass die Verhansung rückgängig gemacht
wird.«
    »Aber warum musste Dulcken sterben?«, fragte
Andreas. Er hatte das Gefühl, als sei er gelähmt. Ein
solches Maß an Dämonie hätte er niemandem
zugetraut. Er strich sich mit dem Finger über die
Unterlippe. Nicht einmal die Berührung vertrieb das
Gefühl der Unwirklichkeit.
    »Dulcken war einer der Verschwörer. Als sein
Geschäft mit der Leyendeckerin wegen der Verhaftung seines
Bürgen geplatzt war, wollte er mich erpressen und drohte,
den Plan aufzudecken, wenn ich ihm nicht eine gewaltige Summe
Geldes gäbe. Barbara hatte ich gesagt, er sei uns beiden auf
die Schliche gekommen. Und dieses dumme Mädchen hat es
geglaubt – wie alles, was ich ihr gesagt habe.«
Bonenberg spuckte aus. »Ich habe sie nie geliebt. Sie war
willig und ein gutes Werkzeug zur Durchführung meiner
Pläne.« Andreas hörte lautes Schluchzen aus
Richtung der drei Frauen. Beinahe tat ihm Barbara Leyendecker
Leid.
    »Hast du mich auf meiner Rückreise von London
verfolgen und überfallen lassen? Haben wir auch diese
Teufelei dir zu verdanken?«, fragte Elisabeth mit leiser,
aber stahlharter Stimme.
    Bonenbergs verwüstetes Gesicht verzog sich wieder zu
einem Grinsen. »Hast du etwa geglaubt, ich würde dir
dein Verhalten einfach so durchgehen lassen? Du bist wie ein
Mühlstein an meinem Hals. Ich wollte dich tot sehen. Leider
ist mir das nicht gelungen. Ich wollte dich hier in Köln
totschlagen, als ich hörte, dass du den Angriff
überlebt hast, aber es war wichtiger, zuerst diesen Pfaffen
zum Schweigen zu bringen und erst dann an dir Rache zu nehmen. Er
ahnte zu viel. Das war wohl eine falsche Entscheidung.«
    Bonenberg setzte hinzu: »Dennoch ist mein Plan
aufgegangen. Der große Plan ist wichtiger als meine eigene
Rache. Hört! Bald wird sich der Gesang der Vögel in die
Todesschreie der Verdammten verwandeln. Und ihr könnt nichts
mehr dagegen unternehmen.« Er lachte. Unzählige
Dämonen lachten aus ihm.

 
NEUNUNDZWANZIG
     
     
    Andreas und Elisabeth rannten durch die erwachende Stadt. Die
Ketten wurden gerade wieder in ihre kleinen Häuschen gelegt,
die Straßen waren frei, erste Schweineherden wurden
umhergetrieben, Kühe auf ihre Weiden innerhalb der
Stadtmauern gebracht, Karren standen im Weg, Kaufleute und
Edelmänner ritten auf teuren Rossen, und allesamt
behinderten sie den Weg der beiden. Fragende und missbilligende
Blicke trafen sie überall; man war es nicht gewohnt, einen
Priester und eine vornehme Frau in irrer Hast durch die
Pfützen und über das holperige Pflaster eilen zu
sehen.
    Palmer und seine Frau waren im Weingarten zurückgeblieben
und hatten versprochen, sich um Bonenberg und die Witwe
Leyendecker zu kümmern. Andreas hörte die Glocken von
Sankt Severin, Sankt Katharina, Sankt Johannes und des
Karmeliterklosters und erwartete jeden Augenblick, die gewaltige
Detonation zu hören. Bestimmt kamen sie zu spät. So
viele Menschenleben würden vernichtet werden, und das alles
nur wegen Gewinnstreben und Machtgier.
    Als das Seitenstechen zu stark wurde, musste Andreas stehen
bleiben. Elisabeth hielt neben ihm an; sie schien ausdauernder zu
sein als er. »Wir müssen… weiter«,
keuchte er und krümmte sich.
    »Ihr schafft es«, munterte Elisabeth ihn auf, die
selbst schon ein wenig atemlos war. »Wir schaffen
es.« Sie gingen weiter, so schnell sie konnten,
überquerten den Waidmarkt, auf dem die Händler ihre
Färberpflanzen auslegten und schon die ersten Kunden aus den
umliegenden Färbereien die Waren begutachteten, eilten die
Hohe Pforte entlang, wo früher das Römertor gestanden
hatte, bogen vor dem Augustinerkloster, dessen Glocken inzwischen
schwiegen, nach rechts ab und tauchten in das Gewirr der Gassen
ein, die das Rathaus mit seinem weithin sichtbaren Turm umgaben.
Andreas hatte sich verkrampft, weil er auf die Explosion wartete.
Doch sie kam nicht.
    Als sie den Alten Markt mit seinem großen Brunnen
erreicht hatten, an dem sich die Mägde bereits zum
morgendlichen Schwatz eingefunden

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