Tod in der Marsch
zu organisieren,
und nun erschien auch noch Richters Truppe.
»Wollen Sie nicht lieber einen Kaffee trinken gehen?«,
wandte sich Putensenf an Frauke. »Ich habe gehört, da liegt eine Leiche.«
»Von denen ich wahrscheinlich schon mehr gesehen habe
als Sie, selbst wenn Sie alle Fernsehkrimis mitzählen, aus denen Sie Ihren
Erfahrungsschatz schöpfen.«
»Ruhig, Leute«, mischte sich Madsack ein. Er war vor
der Tür stehen geblieben und schnaufte hörbar vom Treppensteigen.
Frauke drängte sich ungeachtet des Protests der
Spurensicherung hinter Richter in die als Büro genutzte Wohnung.
»Vorsicht. Hier waren wir noch nicht«, sagte ein
Kriminaltechniker und fluchte.
»Dann dürfte auch sonst keiner hier sein«, antwortete
sie ungerührt. »Jetzt ist sowieso alles versaut, nachdem hier ganze Horden
durchgetrampelt sind.«
Der Spurensicherer wollte antworten, aber Putensenf
kam ihm zuvor. »Lass. Die ist neu. Da, wo die herkommt, kennt man keine
Tatortaufnahme.«
Frauke unterließ es, zu antworten, und dachte an den
ständig niesenden Klaus Jürgensen, der in Flensburg Leiter der Spurensicherung
war und seiner Arbeit mit einem fortwährenden Klagelied über die unsauberen
Leichen aber doch besonnen nachging. Hier, in Hannover, schien dagegen alles
wie ein Hühnerhaufen wild durcheinander zu agieren. Außerdem war sie es
gewohnt, an einem Tatort den Ton anzugeben. Es fiel ihr schwer, sich
zurückzuhalten und anderen das Kommando zu überlassen.
Im Türrahmen stieß sie mit Bernd Richter zusammen. Der
Hauptkommissar warf einen Blick in den Raum. Schräg vor dem Fenster stand ein
schwerer Schreibtisch aus dunklem Holz, dahinter ein schwarzer Ledersessel mit
hoher Rückenlehne. Eine Schrankwand mit Ordnern und Büchern, unterbrochen durch
ein beleuchtetes Barfach, eine Sitzgruppe und ein Sideboard vervollständigten
die Einrichtung. Das große Hydrogewächs in der Ecke war ein Blickfang in der
sonst nüchternen Büroatmosphäre, wenn man vom Plasmafernseher und der
Stereoanlage absah. Neben dem Schreibtisch stand ein schwarzer Aktenkoffer aus
Leder. Auf der Tischplatte lag die ungeöffnete Tragetasche eines Notebooks.
Offenbar hatte das Opfer seine Arbeit noch nicht aufgenommen, denn der
Schreibtisch war leer, abgesehen von den üblichen Utensilien.
»Das ist Marcello Manfredi?«, fragte Frauke
Hauptkommissar Richter, der den Toten nachdenklich betrachtete.
»Ja.«
Die beiden Beamten sahen eine Weile auf den Mann, der
seitlich vor dem Schreibtisch lag. Um seinen Kopf hatte sich eine große
Blutlache auf dem hellen Teppichboden ausgebreitet. Der Besucherstuhl vor dem
Schreibtisch war in Richtung Fenster verschoben.
»Der Mann ist vermutlich erschlagen worden«, sagte
Frauke.
Richter warf ihr einen finsteren Blick zu. »Ist es
nicht ein wenig früh, Ferndiagnosen zu stellen?«, fragte er.
»Du musst dich daran gewöhnen, dass die Dame
Röntgenaugen hat. Den Weitblick hat sie wahrscheinlich da oben in der
Flensburger Tundra gelernt«, lästerte Putensenf, der sich zu den beiden gesellt
hatte.
»Ich sagte, vermutlich. « Frauke blieb bei ihrem
Verdacht.
Der Mann, der neben dem Toten gekniet hatte, kam aus
der Hocke hoch, wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn und trat zu den drei
Beamten an der Zimmertür.
»Er ist noch nicht lange tot. Vielleicht eine Stunde.«
»Sie sind der Arzt?«, fragte Frauke.
Der Mann sah sie ein wenig irritiert an, während Jakob
Putensenf antwortete. »Na, klar doch. Bei uns sehen die Totengräber anders
aus.«
Der Mediziner nickte. »Riehl«, stellte er sich vor.
»Wissen Sie schon etwas über die Todesursache?« Frauke
musterte den hochgewachsenen Arzt. Obwohl er sehr lichtes Haupthaar hatte,
mochte er nicht älter als Mitte dreißig sein.
»Ziemlich konkret«, sagte Dr. Riehl lächelnd und
zeigte auf den Kopf des Toten. »Das sehen Sie von hier aus nicht. Da liegt ein
Fleischklopfer. Der ist so blutverschmiert … Das muss das Tatwerkzeug sein.«
»Ein was?«, mischte sich Bernd Richter ein, der wenig
Begeisterung darüber zeigte, dass Frauke den Arzt befragte.
»Ein Küchengerät, vermute ich, mit dem Steaks und
Schnitzel weich geklopft werden«, erklärte Frauke.
»Das kennt er nicht. Kochen ist Frauensache«, erklärte
Putensenf und fügte ein wenig leiser an: »Da gehören die auch hin – in die
Küche. Und nicht zur Polizei.«
Frauke lächelte Putensenf an. »Die besten Köche sind
Männer. Und deshalb müssen Frauen sich andere Gebiete suchen, zum Beispiel
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