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Tod in der Marsch

Tod in der Marsch

Titel: Tod in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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weihnachtlich illuminiert.
    Wenn die Phantasie ein romantisches Weihnachtsbild
zeichnen wollte, so könnte die kleine Kirche Marschenbülls mit der im Wind
schwankenden festlich illuminierten Tanne davor ein treffendes Motiv abgeben.
    Das Kirchenportal stand offen und gab den Blick in das
durch gedämpftes Licht stimmungsvoll beleuchtete Innere frei.
    Über dem Portal, am rustikalen Kirchturm, kündigte die
Uhr an, dass es Zeit für den Gottesdienst war. Dieser Mahnung schienen viele
Bewohner des Ortes gefolgt zu sein. Die in dunkle Winterkleidung gehüllten
Menschen standen vor der Kirche und bildeten einen Kreis.
    Die Beamten hielten und stiegen aus. Christoph führte
die kleine Prozession an, die im Gänsemarsch auf die Ansammlung zumarschierte.
Bereitwillig bildeten die Einwohner eine Gasse, bis die kleine Gruppe das
Innere des Kreises erreichte.
    Dort lag ein Mensch. Zusammengekrümmt, den Kopf halb
im Schnee verborgen. Aus seiner Kleidung ergoss sich ein schmaler roter Bach.
Blut, das einen farblichen Kontrast zum weißen Schnee bildete.
    Vor ihm kniete ein älterer Mann mit weißem Haarschopf
in einem Talar im Schnee. Das musste der Pastor sein. Er hatte dem Liegenden
eine Hand auf den Kopf gelegt, die andere ruhte wie zur Besänftigung auf dem
Oberkörper des Sterbenden.
    Plötzlich warf sich von hinten der Gutsbesitzer auf
den Mann am Boden, hüllte ihn mit seinem Körper ein und riss den Kopf an seine
Brust.
    »Ralf! Ralf!«, hörten die Anwesenden ihn schluchzen.
    Wie teilnahmslos stand am Rand des Innenkreises
Frieder Brehm. Seine Winterjacke war geöffnet. Er trug keine Kopfbedeckung. Der
Schnee hatte von dem ruhig dastehenden Mann bereits Besitz ergriffen. Selbst
auf dem langen Messer, das er in seiner Hand hielt, häuften sich die
Schneekristalle zu kleinen Bergen.
    Ganz ruhig stand er da, ohne jede Bewegung. So als
hätte er nun seinen Frieden gefunden.
    Auch von den Umstehenden rührte sich niemand. Alle
starrten schweigend auf das Bild, das sich ihnen bot.
    Neben Bürgermeister Römelt stand seine
Schwiegertochter mit Familie. Gastwirt Stamm hatte seine Arme schützend um die
Schultern seiner Frau und seiner Tochter gelegt, die ihn einrahmten.
    All die anderen, die ihnen in diesem Dorf begegnet
waren, mit denen sie gesprochen hatten, von denen ihnen viele feindselig
entgegengetreten waren, standen betroffen im Kreis.
    Und noch jemanden entdeckte Christoph bei seinem
Rundblick.
    Der alte Leo Grün stand dort, kerzengerade, mit einem
schwarzen Mantel und einem Hut bekleidet. Neben ihm stierte Peter Dahl
fassungslos auf das Geschehen.
    »Was machen Sie denn hier?«, wollte Christoph von
Peter Dahl wissen.
    Statt seiner gab der alte Herr Grün die Antwort. »Wir
wollten den Gottesdienst an dem Ort feiern, an dem Anne und Lisa ihre letzten
Stunden verbracht haben.«
    Christoph sah den alten Mann erstaunt an.
    »Aber Sie sind doch kein Christ.«
    Der kleine Mann schüttelte den Kopf.
    »Wir denken allzu oft in Schablonen und lassen es an
der Toleranz den anderen gegenüber missen. In erster Linie bin ich Mensch, dann
Jude. Peter braucht mich. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott, sei es
nun Ihrer oder meiner, etwas dagegen hat, wenn ich Peter an einem Tag wie heute
begleite.«
    Dann blickten beide schweigend auf den großen roten
Fleck im Schnee, der langsam unter den kontinuierlich weiterfallenden Flocken
verschwand, als ob damit auch die Geschehnisse zugedeckt werden könnten.
    Dumpf hallten über ihren Köpfen die tiefen Schläge der
Glocken.
    Fröhliche Weihnachten!

Hannes Nygaard
    MORD AN DER LEINE
    Niedersachsen Krimi
    ISBN 978-3-86358-041-4
    »Nygaard entwickelt Sinn für Hannover, eine Stadt, in der Morde noch selten sind und deshalb sich dieser ›Mord an der Leine‹ umso aufregender gestaltet.«
    NDR 1, Niedersachsen

Leseprobe zu Hannes Nygaard,
Mord an der Leine
:
    EINS
    Die tief liegenden Wolken hüllten die Stadt in ein
düsteres Grau. Wo sonst eine farbenfrohe Schaufenstergestaltung, ein
blumengeschmückter Balkon oder das aufreizende Bunt der nachsommerlichen
Frauenkleidung dem Auge einen Anhaltspunkt bot, deckte der kräftige Landregen
heute alles zu. Kaum jemand hatte sich auf die Straße getraut. Wer konnte,
blieb in den eigenen vier Wänden.
    Stoßstange an Stoßstange tasteten sich die Fahrzeuge
Richtung Innenstadt. Handwerker, gewerbliche Arbeitnehmer und ein paar
unentwegte Büroangestellte hatten ihren Arbeitsplatz erreicht. Der Rest saß in
seinem Wagen, plierte durch

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