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Tod in Kreuzberg

Tod in Kreuzberg

Titel: Tod in Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Ditfurth
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wollte schon immer mal so richtig in den Knast wie die heldenhaften Genossen vom bewaffneten Kampf«, lästerte Twiggy.
    »Die erwischen uns nicht, wenn wir das gescheit vorbereiten. Da war ein Einfachfenster im Wohnzimmer, und ’ne Alarmanlage gibt’s da auch nicht«, sagte Dornröschen. »Macht euch mal nicht ins Hemd.«
    »Und wenn die Bude schon ausgeräumt ist?«, fragte Twiggy.
    »Dann haben wir Pech gehabt. Aber wenn sie nicht ausgeräumt ist, finden wir was, jede Wette. Ein kleiner Hinweis genügt.«
    Matti wusste, dass es kein Zurück gab. Dornröschen war überzeugt, dass es richtig sei, also war es richtig. Vielleicht hätte ein Erdbeben der Stärke 8 oder ein Taifun sie vorsichtig zweifeln lassen, aber niemand hatte die Berliner vor einer Naturkatastrophe gewarnt. Nein, darauf konnte Matti nicht hoffen. Also der Einbruch.
    »Wenn die uns schnappen, machen sie uns fertig. Vorbestraft sind wir, und dass die Bullen, die Staatsanwälte und die Richter sich in uns verlieben, ist eher unwahrscheinlich.« Twiggy war richtig schlecht gelaunt. »Aber das macht ja nichts, ist eine Lebenserfahrung mehr. Es gibt zwar keine Revolution mehr, weil irgendein Arschloch sie abgeschafft hat, aber der Knast bleibt die Schule des Revolutionärs.«
    »Mein Gott, Twiggy, mach dir nicht ins Hemd«, sagte Dornröschen.
    »Unsere Heldin«, stöhnte er.
    »Ich finde es auch heldenhaft, sich mit Leuten anzulegen, die andere Leute mir nichts, dir nichts, umbringen und Bomben legen«, sagte Matti.
    »Glaubst du, die merken das, wenn wir bei Rosi einbrechen?«, fragte Dornröschen.
    »Wenn die uns überwachen? Wär nicht das erste Mal.«
    »Die werden nicht glauben, dass wir aufgehört haben«, sagte Dornröschen bemüht geduldig.
    »Die werden denken, dass wir aufhören, schließlich haben die Mattis Freundin umgebracht. Die gucken erst mal, ob wir das Zeichen verstanden haben.« Twiggy war noch mauliger.
    »Wir machen das. Ich will wissen, wer Lara umgebracht hat«, sagte Matti. Twiggy und Dornröschen blickten ihn erschrocken an.
    »Pst!« Dornröschen zischte es, obwohl niemand was gesagt hatte. Es war stockfinster, der Mond hatte sich feige hinter einer Wolke verkrochen. Twiggy hatte einen Lappen vor den Taschenlampenschirm gebunden, das Licht funzelte mehr, als dass es etwas erhellte. Der Bulli stand ein paar Ecken weiter. Twiggy hatte ein Seil mitgebracht und Bergsteigerstiefel mit Spikes. Und er hatte die Haustür und die Tür zum Hinterhof aufgerattert mit seinem Elektrodietrich.
    »Und wie soll das gehen? Sind dieser bekloppte Messner hier und der Yeti?«, fragte Matti. Er hatte immer noch diesen ätzenden Geschmack im Mund, als hätte er Salzsäure getrunken.
    »Keine Ahnung. Dornröschen hat das Zeug bestellt.«
    Dornröschen schimpfte leise: »Ich habe gedacht, ihr kriegt so was hin.«
    Matti nahm das Seil und warf es die Mauer hoch.
    »Bloß kein Fenster treffen«, zischte Dornröschen.
    Prompt ging im zweiten Stock ein Licht an.
    »Weg«, befahl Dornröschen.
    Matti verkroch sich hinter einem Schuppen, Twiggy flitzte um die Ecke, und Dornröschen stand hinter dem einzigen Baum.
    Das Fenster öffnete sich, der Kopf einer Frau erschien. Etwas schnippte, dann eine Flamme. Sie steckte sich eine Zigarette an. Dabei summte sie ein Lied.
    Die Aktion ist irrwitzig, dachte Matti. Wir müssen durch die Tür rein. Dornröschen spinnt, seit sie mit diesem Typen telefoniert. Früher wäre sie nie auf die Idee gekommen, so eine Anarchogeschichte anzuzetteln. Einbruch auf gut Glück. Er hatte schon in der Küche widersprochen, als sie mit der Bergsteigeridee kam.
    »Es kann doch nicht so schwer sein, ein Seil die Regenrinne hochzuschieben.«
    Twiggy war sowieso maulig gewesen und hatte sich einen Scheiß um diese Dinge gekümmert, sich aber dann von Dornröschen losschicken lassen, um das Zeug zu besorgen. Irgendeiner seiner genialen Tauschpartner, die eigentlich alle als Diebe, Hehler und sonst was hinter Gittern sitzen müssten, hatte tatsächlich Bergsteigerausrüstung im Sortiment gehabt. Damit waren Mattis Hoffnungen verflogen, dem Wahnsinnsunternehmen zu entkommen. Gerade in dieser Zeit, da Dornröschen mysteriöse Telefonate führte und die WG am Rand der Katastrophe stand, da wollte Matti nicht den Aufstand proben.
    Die Frau am Fenster begann La Paloma zu singen. Prompt meldete sich Mattis Brechreiz wieder. Das war die blödeste Aktion, die sie je unternommen hatten. Und das, weil Dornröschen geistig nicht zurechnungsfähig

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