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Tod in Wolfsburg (German Edition)

Tod in Wolfsburg (German Edition)

Titel: Tod in Wolfsburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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familiären Umgebung nicht gerade als
Partygirl verschrien«, erläuterte Jürgen Reinders. »Sie galt als vernünftig,
zielstrebig, leistungsorientiert. Eine begabte Schülerin und Tochter aus gutem
Hause. Kein Mädchen, das sich mit Jungs herumtrieb oder Drogen nahm.«
    »Aber die Freundinnen sehen das anders?«
    »Durchaus. Sie meinen, dass Karen zu Hause das liebe, nette Mädchen
gespielt hat.« Reinders zog eine Augenbraue hoch. »Ich befürchte, dass sie
richtig liegen – so etwas erleben wir häufig – und die Eltern und insbesondere
die Großmutter, der wir ja die erneute Überprüfung des Falls zu verdanken
haben, völlig falsch liegen. Natürlich ist es verständlich, dass sie nach den
Geschehnissen gar nicht in der Lage sind, auch noch zu akzeptieren, dass …«
    »Wenn ich die mir vorliegenden Aktenvermerke richtig deute, hat die
Großmutter aber von Anfang an, also noch vor ihrem Sturz, in besonders scharfer
Form bezweifelt, dass Karen durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen
ist, nicht wahr?«, unterbrach Johanna den Wolfsburger Kripobeamten.
    Reinders wirkte einen Moment irritiert. Dann hob er die Hände und
legte die Fingerspitzen aneinander. »Lassen Sie es mich bitte so ausdrücken:
Waltraud Milbert fällt es besonders schwer, das Bild, das sie von ihrer Enkelin
hat, zu korrigieren. Ich glaube, sie zieht die These vor, dass das Mädchen
bösen Einflüssen und einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist.«
    Johanna lehnte sich zurück. »Allein die Ansichten betroffener
Familienmitglieder, die der Realität nicht ins Auge zu blicken vermögen,
reichen ja normalerweise nicht aus, um einen Fall neu aufzurollen.«
    »Natürlich nicht.« Reinders tippte auf die Akte. »Womit wir beim
zweiten Teil angelangt sind: Vor knapp zwei Wochen ist Waltraud Milbert auf dem
Weg zur Bushaltestelle auf die Straße gestürzt und wurde von einem
herannahenden Bus erwischt. Sie wurde zwar ernsthaft verletzt, glücklicherweise
jedoch nicht lebensbedrohlich.«
    »Sie sagt, dass sie mit Absicht gestoßen wurde«, bemerkte Johanna.
Sie gewann allmählich den Eindruck, dass sie übermorgen noch hier sitzen würde,
wenn sie Reinders weiterhin in seiner gemächlichen Art referieren ließe. »Und
zwar von einem der jungen Mädchen, mit denen Karen in der Nacht des Zugunglücks
in der Disco war.«
    »Ja«, bestätigte Reinders und seufzte. »Philippa Hummel. Das Mädchen
selbst ist völlig fassungslos – überzeugend fassungslos, wie ich finde. Sie hat
ausgesagt, dass sie lediglich an der Bushaltestelle gestanden und das Stolpern
und den Sturz der Frau beobachtet habe.«
    »Zeugenaussagen?«
    »Da gibt es nur wenig bis gar nichts und dann auch noch
Widersprüchliches. Es war ziemlich voll an der Bushaltestelle: hauptsächlich
Kinder und Jugendliche, ein großes Getöse und Gedränge war im Gange. In der
Nähe befindet sich das Schulzentrum Kreuzheide, und es war gerade Schulschluss
…«
    »Die Schule von Karen, Philippa und Co.«
    »Richtig, und die von Hunderten anderer Schüler«, bestätigte
Reinders. »Der Vollständigkeit halber erwähne ich, dass Waltraud Milbert mit
ihrem Mann in Kreuzheide wohnt, so wie Karens Eltern auch. Die alte Dame hatte
ihre Schwiegertochter besucht.«
    Johanna lächelte. Frau Milbert war achtundsechzig Jahre alt.
Heutzutage nicht unbedingt ein Alter, in dem das Greisendasein begann – aber
Reinders Umschreibung und Tonfall legten den Schluss nahe, Waltraud Milbert sei
kopfwackelnd und auf ihren Rollator gestützt durch die Straßen gewankt –
womöglich in leisem Singsang mit sich selbst faselnd.
    »Wie kam Milbert denn überhaupt auf Philippa?«
    Reinders lächelte freundlich zurück und nahm kurz Blickkontakt mit Sofia
Beran auf, bevor er Johanna wieder ansah.
    »Angeblich habe ihre Enkeltochter ihr von Konflikten mit
Mitschülerinnen erzählt, Philippa gehörte dazu – sowie die drei anderen, mit
denen sie in jener Nacht in der Diskothek war. Außerdem sei genau dieses Mädchen
in der letzten Zeit häufiger um ihr Haus oder hinter ihr hergeschlichen. Und an
der Straße habe es plötzlich hinter ihr gestanden und ihr eine Drohung
zugeflüstert, die mit Karens Tod in Zusammenhang stünde. Dann sei sie von ihr
gestoßen worden.«
    Gleich tippt er sich an die Stirn, dachte Johanna. »Und womit genau
soll Philippa gedroht haben?«
    »Sie würde genauso enden wie Karen, wenn sie sich weiter einmische.«
    Johanna wartete darauf, dass Reinders fortfuhr. Aber der setzte
lieber eine kunstvolle

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