Tod Live
Natürlich würde ich meinen Vertrag erneuern. Der Preis war hoch, aber ebenso die Bezahlung. In drei Jahren würde ich noch immer am Anfang stehen. Nicht, was den Ruhm anging; der kam spätestens mit der ersten Presseverlautbarung, aber im Hinblick auf meine Arbeitstechniken. Im Hinblick auf die – wenn ich auch vor dem Wort zurückschreckte – künstlerischen Aspekte meiner Tätigkeit. Der Tod Katherine Mortenhoes, so erregend er sein mochte, war nur ein Anfang.
Andererseits war es auch aufwühlend. Ich war eine chirurgische Monstrosität. Ein Cyborg. Ich war geschändet worden. Ich hatte mich freiwillig einem obszönen Experiment unterworfen. Ich hatte mein Ich aufgegeben, sogar das Recht auf die letzte Mir-gehörigkeit meiner Sinne. Ich war ein Mann der Öffentlichkeit. Was ich sah, konnte jeder voyeuristische Jüngling am Empfangsmonitor verfolgen. Meine Bänder konnten zum billigen Ergötzen der Bürojungen abgespielt werden. Meine schönsten Momente waren allgemeiner Besitz. Und auch die weniger schönen. Wenn ich meinen Pimmel betrachtete, während ich pißte, konnte auch dieses Bild abgenommen und als Beweis gegen mich verwendet werden. ›Der Mann war eindeutig ein Wüstling, Mylord. Er drückte sinnlich seinen Pimmel, während er pißte…‹ Und wenn ich die Augen schloß oder längere Zeit im Dunkeln blieb, wurden die implantierten Netzhaut-Ministromkreise überlastet, und der Schmerz zwang mein Bewußtsein wieder ins Licht.
Das also war der Preis, und das der Lohn. Ich war öffentlicher Besitz und sehr einsam. – Denn wer konnte mir Geheimnisse anvertrauen, des Körpers wie des Geistes? – Und ich hatte in meinem Kopf die Ansätze zur Größe.
Vincent spendierte mir ein Bier und trank selbst einen Tomatensaft. Er zöge jetzt weiter, sagte er. Ich brauchte nicht zu fragen, wohin.
Sie hätte es fast der Frau erzählt, die neben ihr im Etagengleiter stand. ›Ich habe nur noch vier Wochen zu leben‹, hätte sie fast gesagt. Die Frau im Etagengleiter hätte erwidert: ›Also das ist komisch: ich auch.‹ Und mit soviel Gemeinsamkeit hätten sie sich in ein Gespräch gestürzt.
Aber die Frau im Etagengleiter betrachtete die Werbung, und Katherine wagte es nicht, sie dabei zu stören. Also behielt sie das Geheimnis für sich, den ganzen, langen Weg zu Computabuch. Oder Peregrine-Verlag, wie sich die Firma in der Öffentlichkeit nannte. In gebildeten Kreisen war ›Computer‹ ein Schimpfwort.
Peter wartete auf sie. Er hatte mal wieder Zustände.
»Es gibt da ein kleines Problem. Babs hatte plötzlich Kapazitäten frei, meine Liebe, also mußte ich Partner einer Königin starten. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Ein Buch mit dem Titel Partner einer Königin kenne ich nicht.«
»Aber ja. Das ist einer von Barbaras Versuchen mit der neuen Wentworth. Sie haben den Titel eingekreist – da wußte ich, daß er nicht zu schlimm sein konnte.«
Sie setzte sich an den Teleprinter. »Mein lieber Junge, ich hatte den Titel als besonders krasses Beispiel für Kombinationen eingekreist, die heutzutage durch die Banalitätssperre rutschen.« Ihre Finger zuckten, bereit, einen Neuanlauf einzugeben. »Wie lange fährt das Buch schon?«
»Ich würde sagen, mindestens eine Stunde.«
Sie vergaß, was sie tun wollte, nahm die Finger fort. »Ist ja wohl egal«, sagte sie.
Peter starrte sie an. Er beendete seine Zustände, zog einen Stuhl heran und setzte sich neben sie.
»Sie sind doch die Beste, meine liebe Katie-Mo.« Er legte ihr tröstend eine Hand auf den Arm. »Ich bin ein egoistisches Scheusal. Ich hätte Sie sofort fragen müssen, was im Krankenhaus passiert ist.«
»Das war kein Krankenhaus.«
»Na, im Medizinalzentrum. Wo Sie gerade gewesen sind.«
Er war nett und gutaussehend und ein bißchen dumm, und auf seine homosexuelle Weise liebte er sie sehr, und es wäre so schön gewesen, ihm die Wahrheit zu sagen, dann noch ein bißchen zu weinen, diesmal in sein Schnupftuch, und schließlich früh Schluß zu machen und zu ihrem lieben Harry nach Hause zu gehen. Nur konnte sie das nicht. Eine Heldin Celia Wentworths sah Dinge, über die nicht richtig gesprochen wurde, nicht als real an.
»Passiert, Peter? Was soll wohl passiert sein? Ich habe geredet, und der Doktor hat ›Hm‹ und ›Aha‹ gesagt, und ich bin wieder gegangen. Er hält mich für eine törichte, alte Frau.«
»Warum sind Sie dann so verstört?«
Sie stritt es nicht ab. »Ich… Ich mag es nicht, wenn man mich für eine
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