Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
Kugelschreiber herum und versuchte, Ersatzstücke zu finden.
    Um zwanzig vor vier war sie zu Hause. Als er erfuhr, daß sie gehen wollte, hatte Peter keine Fragen gestellt und nur eine ganz beiläufige Bemerkung gemacht. Als sie gegangen war, preßte er das Gesicht seitlich gegen das Fenster und versuchte, sie unten auf dem Bürgersteig zu erkennen. Aber die winzigen, dahintrottenden Punkte waren nicht auseinanderzuhalten. Er trat so lange gegen den kalten Heizkörper unter dem Fenster, bis die Röhren widerhallten.
    Zum erstenmal seit Jahren im Berufsverkehr eingekeilt, war Katherine entsetzt und kämpfte wild, um nicht in die Unfallstatistik zu geraten. Nachdem man ihr vier Wochen versprochen hatte, war sie entschlossen, die Welt auf dieses Versprechen festzulegen; ihn auf sein Versprechen festzulegen; Ihn auf Sein Versprechen.
    Die Wohnung war nicht leer. Als sie die Tür öffnete, erriet sie die Gegenwart eines anderen Menschen, eine undefinierbare Bewegung der Luft. Harry. Sie war noch nicht auf ihn gefaßt, schloß wieder die Tür und kehrte zum Fahrstuhl zurück. Aber wenn nicht in die Wohnung, wohin dann? Und an wen konnte sie sich wenden, wenn nicht an Harry? Als sie die Tür zum zweitenmal öffnete, wartete er schon im Flur auf sie.
    »Ich dachte mir schon, ich hätte dich gehört«, sagte er.
    »Mir war, als hätte ich etwas im Fahrstuhl vergessen.«
    »Ist mir auch schon passiert.«
    Er versperrte ihr den Weg. Er lachte, aber irgend etwas war geschehen. Es war fast, als wäre sie eine Fremde.
    »Und?« fragte sie.
    »Nichts. Hatte mir alles nur eingebildet.«
    »Darf ich dann endlich hinein?«
    So im Scherz angesprochen, konnte er nicht stehenbleiben. Sie ging an ihm vorbei in die Küche und begann die Lebensmittel zu verstauen, die sie auf dem Heimweg gekauft hatte. Die Küche war kleiner, als sie sie in Erinnerung hatte. Die ganze Wohnung wirkte kleiner. Zusammen verdienten sie siebentausend Pfund im Jahr – da konnten sie sich doch etwas Besseres leisten! Sie knallte die Kühlschranktür zu.
    »Ich bin froh, daß du ans Essen gedacht hast«, sagte Harry. »Eigentlich wollte ich einkaufen, hab’s dann aber doch nicht getan.«
    Sie stand am Fenster; er trat hinter sie, fummelte an seinen Manschetten herum und umarmte sie plötzlich – so überraschend, daß sie zusammenfuhr.
    »Ich weiß nicht, wie ich’s dir sagen soll, Kate.« Er drückte ihr beruhigend den Arm. »Ich weiß nämlich Bescheid.«
    Es gab Wohnblocks gegenüber und dahinter weitere Häuserzeilen, und überall waren Menschen von der Arbeit nach Hause gekommen. Von ihrem Fenster aus vermochte sie mühelos siebenhundert Wohnungen einzusehen, die siebenhundert Familien Schutz boten. In keiner dieser Wohnungen umarmte der Mann die Frau und sagte so etwas.
    »Du kannst gar nicht Bescheid wissen.« Wie in einer Vision sah sie deutlich ihre Wohnung, von gegenüber gesehen: fünf Fenster, ein Balkon. Sie erkannte an den Gardinen, daß es ihre Wohnung war.
    Harry sagte: »Ich wollte nicht, daß du hier ankommst und so tust, als sei nichts geschehen.«
    »Aber du kannst es nicht wissen.«
    »Ich will für dich sorgen, Kate. Ich weiß, daß ich das bisher nicht getan habe, aber das soll jetzt anders werden.«
    Sie schmiegte sich beruhigt an ihn. »Woher weißt du es?«
    »Ich habe mir gedacht, daß wir vielleicht zusammen verreisen könnten. Er hat gesagt, er hätte nichts dagegen. An einen Ort, wo es für dich einfacher ist. Wo es netter ist. Wir können uns in aller Ruhe etwas aussuchen. Er sagt, das wäre eine gute Idee.«
    Er nahm einen Arm fort, fummelte in seiner Tasche herum und zog einen Stapel Reiseprospekte heraus, die er ihr wie ein schlechter Zauberkünstler vors Gesicht hielt. Sie sollte sich einen Prospekt aussuchen.
    »Wer ist er?« fragte sie.
    »Vincent.«
    »Vincent?«
    »Er hat darauf bestanden, daß ich ihn so anrede. Er ist Programmkontrolleur bei der NTV.«
    Sie lächelte zu den gegenüberliegenden Häusern hinüber. Typisch Harry, die Dinge durcheinanderzubringen. Wenn man ihm Bescheid gesagt hatte, mußte jemand vom Medizinalzentrum hiergewesen sein. Natürlich hätte man sie zuerst fragen oder ihr wenigstens sagen müssen, was man vorhatte. Aber jetzt war ihr die Sache aus der Hand genommen, und sie war erleichtert. Sie war…
    »Nein!« Sie schlug auf Harrys Hände, befreite sich aus seinem Griff. Die Reiseprospekte glitten zu Boden.
    »Nein, Harry! Nein!« Sie fuhr herum. »Nein!« schrie sie ihn an.
    Sie hatte

Weitere Kostenlose Bücher