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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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genannt.
    »Kopfschmerzen?« fragte Vincent.
    Ich beneidete Dr. Mason nicht um sein erstes Gespräch mit Katherine Mortenhoe. Bei den Dingen, die er ihr sagen mußte, und angesichts ihrer bisherigen Krankengeschichte konnte er mit Heulen und Zähneklappern rechnen. Würdig getragenes Leid weckte meine edelsten Gefühle, und ich hätte bereitwillig Hilfe geleistet. Aber übertrieben breitgetretenes Leid, ein Leidtragen ohne Würde – kurz, Heulen und Zähneklappern –, stieß mich glatt ab. Es war wie das Verhalten eines Tiers, mit dem Unterschied, daß man Tiere einschläfern darf.
    »Kriegst du noch immer solche Kopfschmerzen?« fragte Vincent ein wenig lauter und runzelte typisch die Stirn.
    In letzter Zeit hatten mich wirklich genug Leute nach meinen Kopfschmerzen gefragt, nach dem Kribbeln in meinen Gliedern, nach meinen Atemwegen, nach der Häufigkeit meiner Darmtätigkeit. Wenn ich auf alle gehört hätte, wäre ich die letzten drei Monate mit einem Finger auf dem Puls und dem anderen im Rektum herumgelaufen. Und hätte alle halben Stunden über meine Feststellungen berichtet.
    Also sagte ich: »Nur wenn ich lache«, aber ich sagte es nicht sehr giftig. Schließlich war Vincent mein Programmkontrolleur.
    Der Spiegel mußte dünner gewesen sein als erlaubt: Dr. Mason legte den Kopf schief und verzog das Gesicht. Als hätte er die verdammten Kopfschmerzen.
    Vincent stieß mir einen Ellenbogen in die Seite. »Sie muß schon auf dem Weg nach oben sein«, sagte er. Es war ein Bauchrednertrick – die Worte klangen mir ans Ohr und gingen keinen Zentimeter weiter, während sich seine Lippen kaum bewegten und seine Augen auf die entgegengesetzte Ecke des Zimmers gerichtet waren, ein Trick, den man auf Cocktailparties und bei amtlichen Hinrichtungen lernt.
    Ich wandte mich in seine Richtung und sagte laut: »Ich dachte, der Spiegel wäre schalldicht.«
    Dr. Mason drehte den Kopf und schaute herüber, nicht auf meine Augen, als ob er mich hätte sehen können, sondern tiefer, irgendwo in Höhe meines Schlipsknotens. Er schüttelte tadelnd den Kopf, und ich glaube, ich streckte ihm die Zunge heraus, was Vincent großmütig übersah. Dr. Mason wandte sich wieder seinem Kugelschreiber zu, ließ Daumen und Zeigefinger daran herabgleiten und drehte ihn dann um.
    »Wäre doch großartig gewesen«, sagte Vincent unsichtbar, »das alles schon verwenden zu können. Wir haben mal eine Rekonstruktion versucht, du weißt ja. Aber das klappt nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Nicht, daß die Spontaneität gefehlt hätte. Der Bursche war sogar sehr willig. Er schien die Szene wirklich noch einmal durchzumachen. All die Qual, weißt du.«
    »Ich weiß.«
    »Aber wir konnten’s nicht nehmen. Wir haben hin und her überlegt und uns dann dagegen entschieden. Wenn man auch nur eine Rekonstruktion verwendet, ist man geliefert und hat alle Glaubwürdigkeit verloren.«
    Hätte ich noch einmal ›Ich weiß‹ gesagt, wäre ich zu weit gegangen. Hätte meine Position ausgenutzt. Ein Mann, ein feinfühliger Mann, der in einer Organisation einen feuersicheren Job innehat, ist verpflichtet, sich zu benehmen… Ein feuersicherer Job, ja. Man konnte mich natürlich dennoch feuern, konnte dafür sorgen, daß ich nie wieder Arbeit bekam – aber dann hätte sich die große Investition nicht gelohnt. Man würde die Versicherungsgesellschaft nie dazu bringen, die fünfzigtausend auszuzahlen, die man auf mich abgeschlossen hatte. Auf mein verläßliches, feinfühliges Ich.
    »Schade«, sagte ich statt dessen, »daß es keine Möglichkeit gibt, Subjekte im voraus unter Vertrag zu nehmen. Daß man ihnen irgend etwas erzählt, nur um ihre Namen auf ein Stück Papier zu kriegen. Dann könnten wir sofort alles verwenden, von Anfang an.«
    »Das klingt ja fast so, als wollten wir die Öffentlichkeit in die Irre führen.«
    Wir lachten beide, keiner von uns – damals – mit dem geringsten Anflug von Ironie. Die Vorstellung war absurd. Selbst wenn wir so etwas gewollt hätten, was zumindest für mich in meiner Wahrheitsliebe nicht zutraf, selbst wenn wir’s gewollt hätten, blieb die Vorstellung absurd. Das Bürgerschutzgesetz, das Gesetz über die Privatsphäre, der neue Regierungskodex, all dies machte – damals wie heute – das Spiel mit der Unwahrheit zu einer sinnlosen Charade.
    Auf Dr. Masons Tisch summte das Sprechgerät. »Mrs. Mortenhoe für Sie, Doktor.«
    Er legte seinen Kugelschreiber fort, suchte auf dem Tisch nach dem Computer-Printout, den er

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