Tod Live
Miete.«
»Bitte, Tracey. Du weißt, daß ich das nicht so meine.«
Sie zog den Gürtel ihres Morgenmantels enger. »Was soll ich denn machen? Du kommst hier hereingeschneit… Sag mir den Text, Roddie. Versöhnung? Liebevoller Vater? Sag mir den Text, vielleicht spiele ich mit.«
»Es gibt keinen Text. Es war so ein schöner Morgen. Ich – ich schlafe nicht mehr sehr viel. Da bin ich einfach gekommen.«
»Typisch mein liebenswerter, impulsiver Roddie.« Sie wandte sich abrupt ab, strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Nein – so habe ich das nicht gemeint. Ich freue mich, Roddie. Wirklich. Aber was nun?«
»Du könntest mir ein paar Eier und eine Tasse Kaffee machen.«
»Verschwinde, Roddie, zieh ab, ehe wir uns wieder anschreien. Ehe Roddie zwei aufwacht und wir alle wieder in der Scheiße stecken.«
Ich wagte mich nicht zu rühren. Eine Bewegung, und ich war draußen.
»Setz dich, Tracey.« Ruhig, ruhig. »Setz dich, und ich mache das Frühstück.«
Sie hätte nun glatt hochgehen können, aber sie tat nichts dergleichen. Sie ging zum Herd und bewegte einige Hebel. Ich sah, daß ein großes Stück von Emaille abgesprungen war; die Stelle war neu.
»Ich weiß nicht, was du willst«, sagte sie, »aber Eier und Kaffee – das läßt sich gerade noch einrichten.«
Ich nahm Platz und stürzte mich in meinen Bericht über die nicht mehr junge Frau, die ich in der Oakridge Street hatte tanzen sehen. Ich erzählte gut, und sie durchschaute mich sofort. Wie ich schon immer gesagt habe, verstand sie mich besser, als ich mich selbst verstehe.
»Diese Frau hat doch einen Namen«, sagte sie. »Du hast ihn mir nicht genannt, aber du kennst ihn. Du wirst sie ausnützen, und du bist jetzt zu mir gekommen, damit ich dir sage, daß das ganz in Ordnung ist.«
»Nein.«
»Doch.«
Sie füllte den Kaffeetopf und setzte ihn auf die Heizplatte. Verrückt und grausam von mir, daß ich gekommen war. Eine so fröhliche, saubere, frühlingshafte Küche.
»Wir haben aufgepaßt«, sagte Tracey. »Roddie zwei und ich. Du bist in den letzten fünf Monaten nicht auf dem Bildschirm gewesen. Du hast doch hoffentlich keine Schwierigkeiten?«
Bis zu diesem Augenblick hatte ich alles vergessen.
Wenigstens hatte ich mir bewiesen, daß das möglich war. Doch jetzt fiel es mir wieder ein, und ich war überzeugter denn je, daß ich gehen müßte.
»Keine Schwierigkeiten«, sagte ich. »Ich habe nur – einen neuen Vertrag ausgehandelt. Künftig werde ich mehr hinter der Kamera arbeiten.«
»Als Regisseur?« Sie wandte dem Herd den Rücken zu, interessierte sich für meine Karriere. »Ob dir das gefällt?«
»Bringt mehr Geld«, sagte ich. Ich wollte ihr alles sagen. Niemandem in der Welt wollte ich es erzählen, nur Tracey. Doch Vincent hinter meinen Augen sagte nein. »Hör mal, ich darf dir jetzt nichts darüber sagen, Tracey. Du erfährst alles, sobald die Werbeabteilung den richtigen Augenblick bestimmt hat.«
Wieder schob sie ihr Haar zurück. Es war länger, zwei Jahre länger.
»Du hast noch ein Stück von deiner Seele verkauft«, sagte sie. »Ich habe mich vorhin, als du das von der Frau sagtest, geirrt, Roddie. Du hast wieder ein Stück von deiner Seele verkauft, und nun soll ich dir Beifall klatschen und dich bejubeln. Du bist gekommen, um mir zu sagen, daß es richtig von mir war, nicht zu erneuern.« Sie kam auf mich zu, beugte sich über den Tisch und versuchte mir in die Augen zu blicken, was ich ihr nicht gestatten konnte. »Warum bist du hier, Roddie?«
Ich stand auf. »Ich gehe wohl besser«, sagte ich. »Es war ein Irrtum zu kommen.«
»Irrtum?« Sie lachte nicht. »Das Wort gefällt mir. Weißt du, Roddie, zwei Minuten lang dachte ich tatsächlich, du wärst zurückgekommen.«
Ich erinnerte sie nicht daran, daß sie nicht erneuert hatte. Ich ging zur Gartentür und schloß sie auf. Wie immer klemmte der Schlüssel ein wenig. »Die Sache mit dem Geld stimmt. Roddie zwei hat einen reichen Papa.«
»Willst du nicht bleiben und mit ihm sprechen?«
»Ich möchte, daß ihr beide euch ein größeres Haus sucht. Damit er ein Feld sehen kann. Vielleicht auch eine Kuh.«
Und noch immer leugnete sie ihre Abneigung. »Komm ins Bett, Roddie.« Sie streckte ihm eine Hand hin. »Wenigstens das hatten wir immer.«
Ich wollte sie lieben. Wir waren sehr gut zusammen. Ich hatte mit ihr zusammen sein wollen, seit sie mir ihre Einsamkeit gestand. Vincent hinter meinen Augen sagte ja. Ja, ja, ja.
Ich brauchte es ihr nicht
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