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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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kann er schon tun, Liebling? Er hat bestimmt nicht die Stirn, dich vor ein Gericht zu zerren.«
    Harry fummelte am Bettzeug herum. »Für dich ist es leicht«, sagte er fast unhörbar.
    Katherine runzelte die Stirn. Sie hatte es wirklich leicht: In ein paar Wochen war sie aus allem heraus, war sie auch für den längsten Arm des Gesetzes nicht mehr erreichbar. Nicht so der arme Harry. Er würde sich fürchterlich den Kopf zerbrechen. Vielleicht verlangte sie zuviel von ihm.
    »Harry…« Sie wußte nicht, wie sie es formulieren sollte. »Harry, Liebling, was hast du eigentlich Mr. Mathiesson erzählt?«
    Sie stellte die Frage, obwohl sie die Antwort eigentlich nicht wissen wollte. Er runzelte die Stirn, versuchte sich zu erinnern.
    »Welchen meinst du? Es waren so viele Reporter hier.«
    »Was hast du ihm über unsere Erneuerung gesagt, Harry: dem Mann von der Morning News?«
    »Ach, der. Du meinst den von der Morning News.« Eine lange Pause trat ein. »Glaubst du wirklich, ich würde unsere Erneuerung mit einem Journalisten besprechen, Kate?«
    »Ich habe nur überlegt. Er sagte…«
    »Reporter sagen alles mögliche. Als ob ich unsere Erneuerung mit einem…«
    »Er ist tot. Es kommt also wirklich nicht darauf an.«
    »Aber du glaubst ihm. Was hat er gesagt? Erzähl mir, was er gesagt hat.«
    Sie stand auf. »Ein widerlicher, kleiner Zeitungsschnüffler. Und es wird Zeit, daß wir frühstücken.«
    Sie beendete das Gespräch und verließ das Schlafzimmer, ging durch den Korridor in die Küche.
    »Du hättest ihn nicht hochgespielt, wenn du ihm nicht wenigstens zum Teil geglaubt hättest.«
    Sie ließ Wasser in das Becken aus rostfreiem Stahl laufen. Hochgespielt… Das war ganz gut formuliert. Bei Mr. Mathiesson konnte es einem wirklich hochkommen. Sie würde nicht zulassen, daß ihr seine Lügen Harry auch nur einen Moment fortnahmen. Harry erschien nackt an der Küchentür.
    »Du glaubst anderen Leuten immer mehr als mir«, sagte er selbstquälerisch.
    Sie lächelte ihn verzweifelt an; sie wußte nicht, was sie sonst hätte machen sollen. Bis die Türklingel schellte und sie beide rettete. Sie drängte sich an Harry vorbei, ging zur Tür, öffnete das Gitterfenster.
    »Sehen Sie den Aufkleber nicht?« fragte sie.
    »Briefträger. Bezahlte, persönliche Zustellung.« Er hielt ein Bündel Briefe in die Höhe.
    »Ich will sie nicht.«
    »Mrs. Mortenhoe! Ich bekomme eine Verwarnung, wenn ich die Briefe nicht zustelle.«
    Sie hakte die Kette ein und öffnete die Tür. Der Briefträger reichte die Briefe durch den Spalt.
    »Danke«, sagte er. »Da haben viele Leute viel Geld bezahlt, um Ihnen die Briefe an die Tür zu liefern.«
    Sie nahm die Umschläge und schloß die Tür.
    »Mrs. Mortenhoe? Was ist denn das für ein Gefühl, Mrs. Mortenhoe? Ich habe über Sie in der Zeitung gelesen, Mrs. Mortenhoe. Im Büro wollten alle meinen Job haben, Mrs. Mortenhoe, aber ich war heute an der Reihe.«
    Sie knallte auch das Fensterchen zu und kehrte in die Küche zurück. Aus Rücksicht auf den Briefträger hatte sich Harry ein Handtuch um die Hüfte geschlungen. Sie gab ihm die Briefe, sie wollte sie nicht, und begann Milchpulver für seine Corn-flakes aufzulösen. Zum letztenmal war ihr vor zwei Jahren ein Brief persönlich zugestellt worden – eine Gerichtsladung wegen übermäßigen Wasserverbrauchs. Jetzt waren es plötzlich zweiunddreißig auf einmal.
    Harry öffnete sie sorgfältig mit einem Küchenmesser, befummelte den Inhalt und erzählte ihr über jeden Brief Dinge, die sie nicht hören wollte. Das erste Schreiben war von einem Bettenhersteller, der ihr einen Farbkatalog schickte und ihr ein Doppelbett nach Wahl versprach ›für die Zeit, die sie nach menschlichem Ermessen Verwendung dafür hatte‹, plus fünftausend Pfund als Gegenleistung für das Recht, ihren Namen in der Weltwerbung der Firma zu benutzen. Die Entscheidung liege natürlich bei ihr, aber ein Vertreter würde am Nachmittag um drei Uhr vorbeischauen mit mehreren privaten Vorführmodellen, falls sie in ihrer jetzigen Lage abgeneigt war, das nächstgelegene Möbelhaus aufzusuchen.
    Andere Firmen waren weniger diskret. Wenn sie trotz ihrer kurzen Lebenserwartung bereit gewesen wäre, ihre verbleibenden Tage mittels eines gewaltigen Angebots an alkoholfreien Getränken, Haartrocknern, Schokoladenmarken, Hi-Fi-Geräten, Sexualhilfepräparaten, nikotinfreien Zigaretten und Spraytapeten voll auszukosten, hätte sie, so rechnete Harry aus, ihren Nachlaß um

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