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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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fleckenlosen, roten Sombrero, ein komisches, fransiges Lederhemd und eine enge, grüne Hose. Seine Stiefel waren rot und mit schweren Messingschnallen belastet. Normalerweise gefallen mir Menschen, die auf ihre äußere Erscheinung achten.
    Als er meine Stimme hörte, nahm er den Hut ab und beschattete damit seine Augen. Er hatte einen unnötig schwarzgefärbten Bart und nach vorn gekämmtes Haar, das wie eine Perücke aussah, wahrscheinlich aber echt war.
    »Roddie-Junge«, sagte er, ohne zu überrascht zu tun. »Sie sind gekommen. Unbeschädigt. Sie haben unsere beschissene, kleine Kolonie gefunden. Unser rive gauche.«
    Er reichte mir die Hand zum bewußt altertümlichen Gruß, und ich tat ihm den Gefallen. »Mr. Pyke«, begann ich, »es ist wirklich sehr nett von Ihnen, daß Sie…«
    »Clement, Junge, Clement.« Er hielt meine Hand fest. »Pyke hört sich an, als hätten Sie Angst, daß ich nach Ihnen schnappen würde.«
    Pflichtgemäß lächelte ich. Aber er hatte mir etwas das Ziel genommen: Die Vornamen von Fremden gehen mir nicht so leicht ein. Ich löste meine Hand.
    »Dies ist kein Interview im Sinne des Gesetzes«, sagte ich, um die Dinge klarzustellen. »Ich bin hier, um…«
    »Ich bin schon von allen möglichen Typen interviewt und hereingelegt worden. Belgrad, Tokio, Sydney, ich kenne mich aus. Sie wollen kostenlos Scheiß-Informationen, das wollen Sie.«
    »Wenn Sie’s lieber offiziell hätten, kann ich jederzeit…«
    Er hob großzügig die Hand. Offenbar würde ich heute nicht viele Sätze zu Ende bringen. »Ich habe Ihrem Sender am Telefon schon gesagt, wie komisch es ist, daß manche Leute durch ihr Leben fürs Fernsehen interessant sind, während andere nur durch die Art ihres Todes berühmt werden.« Er lächelte und wartete auf den Applaus, den nur er hören konnte. »Sie werden schon gemerkt haben«, fuhr er fort, »daß mir die liebe Katherine nicht gerade sehr nahesteht.«
    Nach meinem bisherigen Eindruck überraschte mich das nicht, aber ich fragte ihn trotzdem: »Warum nicht?«
    »Es ist ein schöner Nachmittag«, sagte er und sah sich um. »Machen wir das Interview, das keins ist, hier oben?«
    Ich stimmte zu. Bei meinem Marsch über das Deck hatte ich einen Blick durch ein Luk in das Innere des Bootes werfen können – verrückte Poster und Mobiles und fremdartige Musikinstrumente und reihenweise Bücher, die wahrscheinlich von ihm stammten. Ich hatte das Gefühl, dem Ansturm seiner Persönlichkeit im Freien besser gewachsen zu sein. Er setzte sich auf eine Luke, und ich hockte mich neben ihn. Er war meiner Frage nicht ausgewichen, hatte nur die Spannung geschürt.
    »Katherine und ich«, verkündete er, »sind wie Öl und Wasser. Ich trauere nicht um ihr Hinscheiden, weil ich nicht das Gefühl habe, daß sie je gelebt hat. Sie hat ihre Nase nie aus der Scheiße erhoben. Es liegt keine Tragödie im Verlust dessen, was man nie gehabt hat, mein Junge.«
    Ich war nicht gekommen, um mit ihm zu streiten. »Was meinen Sie – warum ist sie so geworden?«
    »Sie meinen, wer daran schuld hat? Ich jedenfalls nicht. Ich habe mein Leben gelebt. Sie müssen wissen, ich habe erst mit vierzig zu schreiben begonnen. Meine dritte Frau hat dieses Talent in mir entdeckt. Davor hatte ich mindestens drei verschiedene und erfolgreiche Berufskarrieren. Seitdem… Na ja, hundertdreißig Bücher sind kein Pappenstiel.«
    Ich erkundigte mich nicht nach den ›verschiedenen und erfolgreichen Berufskarrieren‹ – verschiedenartig waren sie bestimmt gewesen, doch kaum das, was man gemeinhin erfolgreich nennen würde. Und sein jetziger Lebensstil sagte mir alles über die hundertdreißig Bücher.
    »Sie freuen sich aber doch, daß sich Ihre Tochter auf einem Gebiet hervorgetan hat, das mit der Literatur in Zusammenhang steht.«
    »Nein.«
    In der knappen Ablehnung kamen sowohl seine absolute Freudlosigkeit als auch Computabuchs Abstand zu allem zum Ausdruck, was er als Literatur erachtete. Ich hatte Lust, ihn nach seinen hundertdreißig Büchern zu fragen… Aber ich war hier, um Informationen über Katherine Mortenhoe einzuholen, und nicht, um die Fehler ihres Vaters vorzuführen. Vincent in seinem schalldichten Vorführraum stimmte mir sicher zu.
    »Vielleicht wäre Katherine mit einem Bruder oder einer Schwester glücklicher gewesen«, sagte ich.
    Dieser Gedanke schien ihm neu zu sein. Er dachte darüber nach. »Meine zweite Frau hatte Kinder… Soweit ich weiß, hat Katherine sie nicht ausstehen können.

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