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Marianne & David (German Edition)

Marianne & David (German Edition)

Titel: Marianne & David (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reimund J. Dierichs
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Reimund J. Dierichs

    MARIANNE
    &
    DAVID

    Eine Män nerliebe

    Sie lagen so weit voneinander entfernt, dass keiner auf die Idee gekommen wäre, sie gehörten zusammen. David -es ließ sich kaum verhindern, seinen Namen zu erfahren, denn mindestens einmal in fünf Minuten war ihr quengelig-ermahnendes Daavid zu hören-, also David war vielleicht Mitte dreißig und führte leider keine der gängigen Klischeevorstellungen ad absurdum. Er mochte etwa einmeterzweiundsiebzig groß sein -es war nicht so einfach, das festzustellen, weil er ja meistens lag-, hatte eine helle Haut, die er aber dennoch beharrlich der Sonne aussetzte und im Ansatz rötlich schimmerndes Haar. Bei wohlwollender Betrachtung hätte man es auch noch als dunkelblond mit einem Hauch von Kastanie durchgehen lassen können.
    David hatte eine durchaus sportliche Figur. Nicht, dass er wirklich wie ein Sportler ausgesehen hätte. Er besaß keine ausgeprägte Muskulatur, was aber durch die Abwesenheit von Fett mehr als ausgeglichen wurde. Jetzt, nachdem er sich einige Tage von der Sonne hatte verwöhnen lassen -vielleicht nur deshalb, weil er vermeiden wollte, mit seiner Frau unter einem Sonnenschirm zu sitzen-, konnte selbst der ärgste Kritiker dem jungen Engländer eine gewisse Attraktivität nicht absprechen. Die Sommersprossen in seinem Gesicht und auf seinen Schul-tern hatten sich zwar vermehrt, aber irgendwie gaben sie ihm etwas Vitales, Knabenhaftes. So waren es denn auch nicht nur die Frauen, die im Vorübergehen einen Blick riskierten.
    „ Daavid!“
    „Was ist denn, mein Schatz?“
    „Du hörst mir ja überhaupt nicht zu.“
    „Aber natürlich tue ich das.“
    „Ach, ja? Und was habe ich dann gerade gesagt?“
    „Du hast wieder einmal von deiner Mutter gesprochen, von ihrem schlimmer werdenden Asthma und von ihren Problemen mit deinem Vater.“
    Er hatte tatsächlich nicht zugehört, nur die Worte Mama und trinken aufgeschnappt, aber das reichte aus, um daraus eine Ge-schichte zu basteln. Sie erzählte immer dasselbe.
    „Du klingst so beiläufig, als ob es dich überhaupt nicht interessiert.“ Ihre Stimme wurde schriller.
    „Nun beruhige dich doch“, sagte er, in der Hoffnung, sie zu beschwichtigen, obwohl er wusste, dass sie, einmal in Fahrt geraten, das ganze Repertoire abspulen würde. Es schien ihr ein besonderes Vergnügen zu bereiten, und er musste damit rechnen, dass erst in einer halben Stunde wieder Ruhe einkehren würde.
    „Du interessierst dich einen Dreck für meine Familie.“
    Das stimmte, aber er durfte es nicht unumwunden zugeben. Außerdem war das vor mehr als zehn Jahren einmal anders ge-wesen.
    „Du hast meine Mutter nie gemocht.“
    Das war für gewöhnlich der Auftakt. Doch damit hielt sie sich nicht lange auf. Und sie irrte sich. Zumindest teilweise. Er war ihrer Mutter am Anfang durchaus wohlwollend gegenüber-getreten, war sie doch diejenige, die das Mädchen, das er damals liebte, zur Welt gebracht hatte. Aber damals war lange her. Inzwischen waren ihre beiden Kinder in jugendlichem Alter. Harold, der Erstgeborene, wurde nächsten Monat dreizehn und war seinen Klassenkameraden um Längen voraus. Auf ihn war David besonders stolz. Aber auch Cynthia, die Kleine, wie er sie meist zärtlich nannte, obwohl sie nur zwei Jahre jünger war als ihr Bruder, liebte er über alles. Er hoffte, dass sie nicht in die Fußstapfen ihrer Mutter oder Großmutter treten würde.
    „Ich frage mich, was du gegen die alte Frau einzuwenden hast.“
    Marianne hakte nach, weil er ihre erste Bemerkung unbeant-wortet gelassen hatte.
    „Du weißt genau, dass ich nichts gegen sie habe. Außerdem ist sie keine alte Frau.“
    Was stimmte und zugleich auch nicht. Seine Schwiegermutter war achtundfünfzig, verhielt sich aber oft wie eine senile Neun-zigjährige.
    Davids Bemerkung verhalte ohne irgendeine Resonanz. Eben-so gut hätte er sich dem Wind anvertrauen können.
    „Manchmal frage ich mich, warum du mich überhaupt ge-heiratet hast.“
    Jetzt begann der schwierige Mittelteil.
    Genau diese Frage hatte er sich in den letzten Jahren selber oft gestellt. Marianne war nicht einmal neunzehn, als sie sich kennen lernten, er acht Jahre älter. Eine zierliche Frau war sie damals, nicht klein -sie erreichte fast seine Größe-, aber feingliederig und zäh. Mit ihrem kurzgeschnittenen schwarzen Haar und den engen grauen Hemden, die sie mit Begeisterung trug, wirkte sie zuweilen wie ein italienischer Landarbeiter; und tatsächlich hatte es in

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