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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Als ich weiterzog, kam sie jedenfalls sehr schnell wieder zu mir.« Er streckte die Beine aus und lehnte sich unschuldig auf die Ellenbogen zurück. »Ich bin immer verdammt jung gewesen, müssen Sie wissen. Aufgeschlossen, voller Begeisterung. Wenn sie Ihnen gesagt hat, sie wäre einsam gewesen – das hätte sie verdammt nicht nötig gehabt.«
    »Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen.« Clements Ehen hatten nur ein einziges Kind hervorgebracht, und das war Katherine. »Können Sie mir etwas über ihren ersten Mann sagen?«
    »Gerry? Ein absoluter Trottel. Das einzig Kluge, was er je fertiggebracht hat, war, schleunigst zu verschwinden. Habe seit Jahren nichts mehr von ihm gehört.«
    Gerald Mortenhoe war inzwischen Direktor einer großen Vorstadtschule. Rein äußerlich waren er und Katherine wie füreinander geschaffen gewesen. Ein Vater anderen Kalibers hätte mir sagen können, warum es mit der Ehe nicht geklappt hatte.
    »War es Ihr Einfall«, fragte ich und hielt mich an die Tatsachen, »daß Katherine sich mit Computern beschäftigen sollte?«
    Er verdrehte die Augen. »Möchte ich bezweifeln. Ich war damals wohl gerade in Rom. Natürlich ist das genau die Art Arbeit, bei der sie sich gut anstellen würde. Kein Fleisch und Blut – wenn Sie verstehen, was ich meine. Keine verdammte Begeisterung.«
    »Sie sind viel gereist«, sagte ich. »Haben Sie Katherine oft mitgenommen?«
    Ich kannte die Antwort, hoffte jedoch auf einen Grund. Er machte eine große Geste. »Protesttour, immer auf Protesttour… Damals in Rom ging es um die Überbevölkerung. Wir hatten eine schöne, wilde Versammlung vor St. Peter. Und dann eine Reise in Sachen Umweltverschmutzung durch drei Kontinente – dabei konnte man kein kleines Mädchen gebrauchen.«
    Wenigstens das hatte er ihr erspart. Ich stand auf und trat an die Reling. »Die Fachleute glauben, sie hat ein ganz besonderes Köpfchen«, sagte ich. »Haben Sie die Anzeichen dafür bemerkt, als sie noch jünger war?«
    »Unsinn. Sie dürfen kein Wort davon glauben. Wenn sie wirklich stirbt, dann, weil sie es will. Das passiert bei Millionen von Leuten. Nur sind die einfacheren Methoden verboten.«
    Ich blickte über das verseuchte graubraune Wasser. »Dann glauben Sie also, daß sich die Fachleute im Medizinalzentrum irren?«
    »Ich weiß verdammt gut, daß sie sich irren.« Er stemmte sich hoch und trat neben mich an die Reling. »An Katherine ist nichts Besonderes. Sie war ein langweiliges Kind und wuchs zu einer langweiligen Frau heran und wird nun langweilig sterben. Und sie wird die Sache in die Länge ziehen – sie hat immer Angst, sich weh zu tun.«
    Vielleicht wollte er mich mit dem Bild seiner progressiven, leidenschaftslosen Vaterschaft schockieren. Aber ich konnte mir durchaus vorstellen, daß Katherine kein durch und durch liebenswertes Kind gewesen war.
    »Sie stirbt bestimmt, aber nicht an dem verdammten Gordon-Syndrom. Glauben Sie mir, Roddie, sie ist eine durch und durch langweilige Frau. Und wie die meisten langweiligen Leute braucht sie Aufmerksamkeit. Sie würden sich einen Gefallen tun, wenn Sie die ganze Sache vergessen.«
    Ich glaubte ihm fast. Bis ich mich an ihr Gesicht in jenem kurzen Augenblick erinnerte, ehe sich der Vorhang senkte. »Und wenn ich statt dessen eine Sendung über Sie machte«, sagte ich. Doch meine Ironie war verschwendet.
    »Könnte Ihnen Schlimmeres passieren«, murmelte er. »Hundertdreißig Bücher in gut zwanzig Jahren. Wenn die Science Fiction heute etwas zählt, dann wissen Sie, wem das zu verdanken ist.«
    Kurz darauf verabschiedete ich mich. Mein Scooter stand inmitten einer Gruppe neugieriger Randgruppenkinder, die in den umliegenden Lagerhäusern kampierten. Es war kein richtiges Dorf, wie es einige Meilen entfernt in dem alten Containerdepot existierte, sondern eine Gruppe von Leuten, die irgendwohin unterwegs waren und hier Station machten. Ich sagte den Kindern nicht, daß ich von der Presse war; vor einigen Jahren hatten sich die Medien groß mit den Randgruppen beschäftigt, was viel böses Blut gegeben hatte.
    Auf dem Rückweg zum NTV-Gebäude versuchte ich mir einzureden, daß der Nachmittag etwas erbracht hatte. Aber das klappte nicht. Ihr Vater hatte mir eine überzeugende Basis für eine egoistische, freudlose, selbstmörderisch veranlagte Frau serviert. Und doch hatte ich sie erst heute früh – Himmel, wie lang meine Tage waren! – auf der Straße tanzen sehen. Und zuvor, im Behandlungszimmer, hatte ich die

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