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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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konnte Spiegel an Plastikfäden aufhängen und herumdrehen. Jeder konnte Maschinen hereinrollen und wieder fortschieben. Jeder konnte Plastikbeutel aufblasen und das Ergebnis Möbel nennen.
    Er hörte, wie sie sich bewegte, und schaltete hastig das Gerät aus. Aus der gepolsterten Vertiefung, in der er lag, blickte er zu ihr auf. Im Haus der Reichen durfte offenbar niemand sitzen. »Fühlen Sie sich besser?«
    Er machte nicht den Versuch, zu ihr zu kommen. Sie schüttelte den Kopf. »Kaum.«
    »Hat Ihnen Ihre Mutter nicht gesagt, nie mit Fremden mitzufahren?«
    »Welche Mutter?« Sie konnte so schlau sein wie er, so wenig sagen, abwarten.
    »Wahrscheinlich hat man Ihnen etwas in den Drink getan. An wieviel erinnern Sie sich?«
    Dann fiel es ihr ein. Entschlossen stopfte sie ihren Umhang zwischen die Beine. »Ich bin vergewaltigt worden«, sagte sie.
    »Nein.« Er richtete sich auf. »Man hatte es vor. Etwas in der Art. Aber…«
    »Meinen Sie, das wüßte ich nicht?«
    »Jetzt sind alle abgehauen. Ich schwör’s. Haben sich verdrückt wie eine Horde ungezogener Kinder.«
    »Meinen Sie, das weiß ich nicht?«
    Er eilte zu ihr, nahm ihre Hand. Aber sie versteckte sie vor ihm. »Glauben Sie mir, Katherine. Als es soweit war, hat sich keiner der Männer getraut. Das ist die Wahrheit.«
    »Aber die Maschine…«
    »Man hat Ihnen etwas in den Drink getan. Sie waren durcheinander.«
    Sie erinnerte sich an den Atemhauch im Gesicht, den trockenen Schmerz. »Wo sind sie denn jetzt?«
    Er zuckte die Achseln. »Das Haus ist groß. Und dann gibt’s da noch die Nachbarn. Hier auf Fairhills kommen alle gut miteinander aus.«
    »Wie lange bin ich schon…?«
    »Knapp eine Stunde. Ich sag’s Ihnen ja, Katherine. Man hat Ihnen etwas in den Drink getan.«



Sie schüttelte den Kopf, erinnerte sich an den Atemhauch im Gesicht. Aber sie wollte nicht darüber sprechen. »Was wissen Sie über Computer?« fragte sie statt dessen.
    »Ich… ich weiß ja nicht mal über die Menschen Bescheid. Als ich ihnen ihre kleine Privatschau verweigerte, wurden sie richtig böse. Ich hatte das Gefühl, die wollten unbedingt jemandem weh tun. Aber…«
    »Ich habe eine Theorie über Computer. Wissen Sie, Computer haben kein Eigenbewußtsein. Auf unterster Ebene gibt’s kein Feedback. Sonst wäre das wie bei einem Lautsprechersystem. Wenn ein Mikrophon hört, was es weitergibt, gibt es weiter, was es hört. Lauter und lauter, bis etwas durchbrennt.«
    »Katherine, ich wünschte, ich wüßte, wovon Sie da reden.«
    »Ich bin ein bißchen mehr als ein Computer, Rod. Ich habe ein Eigenbewußtsein. Ich begreife, was ich weiß, was ich weiß, was ich begreife.«
    »Das tun wir doch alle.«
    »Aber Sie sterben nicht daran. Im Gegensatz zu mir.« Sie überließ ihm ihre Hand. In diesem dunklen und geheimen Nirgendwo-Raum wagte sie es – sie wagte ihm alles zu sagen. »Und man hat mir gesagt, worauf ich mich gefaßt machen muß. Lauter und lauter, bis etwas durchbrennt.«
    »Lauter? Wenn Sie lauter sagen, meinen Sie dann in Wirklichkeit schnellen?«
    Sie nahm die Brille ab, lehnte sich zurück, schloß die Augen. Es war gut, daß er sie verstand. Sie erinnerte sich an den Atemhauch in ihrem Gesicht, während er sagte, da wäre keiner gewesen. Sie erinnerte sich an das trockene Stoßen zwischen ihren Beinen, während er behauptete, keiner der Männer hätte sich getraut. Sie glaubte ihm. Und die Räder der Maschine, der glatten und schönen Maschine, hätten Linien im dicken, roten Teppich hinterlassen… Sie spürte einen Schüttelfrost herannahen und tat ihn als Hysterie ab, als bloßes Wunschdenken – Schüttelfrost, Lähmungen, Schweißausbrüche, Verlust der Bewegungskoordination, Doppelsichtigkeit, Nachlassen der Körperfunktionen, Halluzinationen, Zusammenbruch des…
    »Rod? Was für eine Privatschau haben Sie ihnen verweigert, Rod?«
    Er drückte ihre Hände. »Ist doch egal. Sie haben’s nicht bekommen. Ist egal.«
    Er saß lange neben ihr. Irgendwo in der dunkelsamtenen Leere des Zimmers schlug eine Uhr Mitternacht. Die Skulpturen drehten sich und blinkten. Er wachte neben ihr, während sie einen Schüttelfrost und eine Lähmung hatte und mehr. Endlich schlief sie ein.

MONTAG

    Als Monitortechniker Dawlish endlich zu Vincent durchdrang, trug dieser bereits seinen Morgenmantel und schenkte sich den letzten Brandy ein; er wollte zu Bett gehen. Vincent hatte einen anstrengenden Sonntag mit Roddies Aufnahmen hinter sich, die er für die Abendsendung

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