Todesakt: Thriller (German Edition)
drehte sich um und stellte fest, dass sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Reportermeute drängte. Hunderte von Kameras veranstalteten ein nicht enden wollendes Blitzgewitter. Offenbar hatten die Paparazzi Blut gewittert: zwei Leichen in Hollywood. Sie schoben sich schreiend zu den Absperrbändern vor und beschimpften die uniformierten Polizisten, die sie in Schach zu halten versuchten.
Lena ließ das Autofenster herunter und kniff die Augen zusammen, als das Scheinwerferlicht, nicht mehr gedämpft von den getönten Scheiben, gleißend hell wie ein Blitzschlag ins Wageninnere eindrang. Nachdem der Polizist Lena auf seiner Liste eingetragen hatte, wies er auf die mit einem Tor gesicherte Auffahrt, wobei er sich schützend die Hand vor Augen hielt.
»Der Laden ist verkehrtrum!«, rief er. »Hinten ist vorne.«
Auf seinem Gesicht war nicht die Spur eines Lächelns zu sehen, und er verkniff sich eine Bemerkung zu dem Tohuwabohu. Lena fühlte sich von seinem Augenausdruck an Barreras ängstlichen Tonfall erinnert. Der Mann machte Platz, bevor sie ihm noch eine Frage stellen konnte, griff nach seinem Funkgerät und winkte sie durch. Lena erwiderte die Geste. Dann lenkte sie ihren Crown Vic die Auffahrt entlang außer Sichtweite der Paparazzi, die sich weiter die Hälse verrenkten.
Lena stieg aus und verriegelte die Türen. Als sie den Blick über den von Palmen gesäumten Parkplatz schweifen ließ, fielen ihr die vielen Polizeifahrzeuge am Tatort auf. Der schwarze Lincoln, der mit laufendem Motor in der Dunkelheit stand, wies darauf hin, dass der stellvertretende Polizeichef Ramsey bereits eingetroffen war. Lena warf einen Blick auf den Transporter des SID, wo einige Kriminaltechniker ihre Tatortkoffer bestückten. Dann sah sie sich noch einmal rasch auf dem Parkplatz um.
Etwas fehlte, und zwar das, womit sie eigentlich fest gerechnet hatte.
Kein einziger Ferrari oder Lamborghini war zu sehen, ebenso wenig die Besitzer der Luxuskarossen, also mögliche Zeugen. Da es im Club 3 AM keine Sperrstunde gab, hatten die Stars allem Anschein nach die Flucht ergriffen, ehe jemand die Polizei verständigt hatte. Das Revier von Hollywood befand sich nur wenige Straßen südlich von hier. Also waren die ersten Kollegen sicher schon wenige Minuten später eingetroffen und hätten es niemals jemandem erlaubt, sich vom Tatort zu entfernen. Die Mordkommission von Hollywood war gewiss kurz darauf hier gewesen.
»Hier entlang, Lena, schnell.«
Als sie sich umdrehte, erblickte sie ihren Vorgesetzten auf einer verschnörkelten Treppe, die rings um einen Brunnen verlief. Barrera winkte sie zur Veranda und zum Haupteingang hinauf. Lena hastete nach oben zur Tür. Als sie im Lichtschein einen Blick auf sein Gesicht erhaschte, erschreckte sie seine besorgte Miene.
»Was ist passiert, Frank? Wer ist gestorben?«
Er schaute ihr nicht in die Augen.
»Nicht hier«, erwiderte er. »Folgen Sie mir.«
Barrera wandte sich ab und ging voraus durch das Foyer. Als sie die Bar passierten, bemerkte Lena an den Tischen einige Detectives von der Mordkommission. Manche sprachen in ihre Mobiltelefone, andere schienen Bereitschaftsdienst zu haben. Sie hatten Styroporbecher mit Kaffee in der Hand, sahen Lena bedrückt an und begrüßten sie mit einem knappen Nicken. Hinter ihnen bemerkte sie Dante Escabar, Johnny Boscos Geschäftspartner. Er stand allein hinter dem Tresen und schenkte sich ein Glas Bourbon ein, als hätte er es bitter nötig.
Lena wandte sich wieder zu Barrera um. Während sie ihm den Flur hinunter folgte, dachte sie über die Szene nach.
»Wie viele Leute sind heute denn hier?«
»Alle«, antwortete er.
Barrera wurde schneller und marschierte die Haupttreppe hinauf. Lena hatte keine Zeit, Einzelheiten wahrzunehmen. Sie stellte nur fest, dass der Nachtclub Eleganz verströmte und nichts mit einem öffentlichen Vergnügungsort gemeinsam hatte. Die mediterrane Villa hatte hohe, mit kunstvollem Stuck verzierte Decken und war offenbar rings um einen großen Hof mit Swimmingpool erbaut. Das Licht brach sich im Wasser, strömte durch die Fenster herein und tauchte die Treppe in einen blauen Schein.
Schließlich hatten sie die oberste Etage erreicht. Sie kamen an einigen offenen Türen vorbei, Privaträume mit gut bestückten Bars. Terrassentüren führten auf zurückgesetzte Balkone, die vom Parkplatz aus nicht auszumachen waren. Hinter dem Ende einer Kurve lagen private Suiten mit Schlafzimmern.
Hier spielt sich bestimmt
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