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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Sitzbank hoch und drehte sich weg. Sie biss in ihren Handrücken und kämpfte mit den Tränen. Vielleicht war dies der Moment, in dem sie begriff, dass sie siebenundzwanzig Jahre alt war und ihr Leben in Schutt und Asche lag. Sie hatte nicht nur alle Freunde verloren, sondern auch die Liebe ihrer Kinder.
    Sie stand da wie erstarrt. Auf keinen Fall konnte sie sich zu Mann und Kindern umdrehen. Sie hätte es nicht ausgehalten, jetzt ihre Gesichter zu sehen.
    Sie stellte sich vor, dass ihr Mann die Kids lobend ansah, weil sie sich so glashart ihrer Mutter gegenüber verhielten und ihr auch nicht das kleinste Fitzelchen entgegenkamen.
    Auf einmal wusste sie gar nicht mehr, wie sie die Woche auf Borkum in der Ferienwohnung mit den dreien durchstehen sollte. Am liebsten wäre sie in die Nordsee gesprungen und dort ertrunken. Sie wusste, dass sie es nicht tun würde, trotzdem machte sie ein paar Schritte auf die Reling zu. Dort stand Benjamin Koch und lächelte sie freundlich an. Sie sog dieses Lächeln gierig auf. Schmerzhaft spürte sie, wie sehr sie sich nach etwas Zuwendung sehnte.
    Sie stolperte und hätte selbst nicht sagen können, ob ihr wirklich kurz schwindelig wurde oder ob dies nur eines aus der Vielzahl ihrer Manöver war, um Männer kennenzulernen.
    Benjo fing sie auf, dabei fiel sein Handy auf die Planken. Er bückte sich rasch danach, ohne sie loszulassen.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Oh, danke, ich glaube, es geht schon. Ich habe nur ein bisschen wenig getrunken.«
    »Bei dem Wetter ist das gefährlich«, sagte er fürsorglich.
    Sie lud ihn auf einen Kaffee ins Bordrestaurant ein.
    Lars Kleinschnittger spürte sofort, dass Margit Rose das war, was er »eine scharfe Schnitte« nannte. Es war so etwas in ihrem Blick und in der Art, wie sie ihre Hüften bewegte …
    Er kannte das. Als er fünfzehn war, hatte seine Nachhilfelehrerin Angelika ihn verführt. Sie war zweiundzwanzig Jahre älter als er. Die Geschichte zwischen ihnen hatte fast ein halbes Jahr gedauert. Er schaffte es nicht, Schluss mit ihr zu machen. Angelika gab ihm das Gefühl, ihn zu brauchen und nicht ohne ihn leben zu können.
    Er durfte nicht darüber sprechen. Sie war eine Freundin seiner Mutter und die durfte nichts davon erfahren. Aber dann erzählte sein Freund Felix ihm, dass er auch etwas mit ihr hatte. Es endete hässlich, mit Schuldgefühlen, Beschimpfungen und dem Zerbrechen einer Freundschaft. Seitdem stand Lars nur noch auf junge Mädchen. Er hatte sich Angelika so unterlegen gefühlt, dass er nie wieder in solch eine Situation geraten wollte. Schon eine gleichaltrige Frau machte ihm Angst.
    Er wollte keine mehr, die nicht wenigstens fünf Jahre jünger war als er. Am liebsten hatte er gut erzogene Schülerinnen. Er flüsterte ihnen gerne Schweinkram ins Ohr, verpackt in Liebeserklärungen. Dirty talking. Er mochte es, wenn sie rot wurden und sich verschämt umsahen.
    Er guckte hinter Margit her und sah ihr ungeniert auf den Po. Sie würde den Typen vernaschen, da war Lars sich sicher.
    Obwohl Margit ihn eingeladen hatte, stellte Benjo sich in die Schlange, holte zwei Kaffee mit Milch ohne Zucker und dazu ein stilles Mineralwasser für seine neue Bekanntschaft. Margit hielt einen Platz am Fenster frei und winkte ihm, als sie seinen suchenden Blick sah.
    Sie wischte sich einmal übers Gesicht und überprüfte im Fenster ihr Make-up. Sie fand, dass sie grässlich aussah und verheulte Augen hatte. Sie fühlte sich klein, verstoßen und nicht liebenswert … Das kannte sie aus ihrer Kindheit. Es war ein sehr altes Gefühl. Manchmal gefiel es ihr, sich darin häuslich einzurichten, aber meist versuchte sie, dagegen anzugehen. Sie hatte in der Gruppentherapie gelernt, offen über ihre Gefühle zu sprechen. Es tat ihr gut und verschaffte ihr zumindest kurzfristig Erleichterung.
    Benjo stellte die Getränke vor ihr auf dem Tisch ab und verschüttete ein bisschen von dem Kaffee. Sie nahm den Pott, schlürfte einen Schluck von der viel zu heißen Brühe und ergriff wie unwillkürlich Benjos Hand.
    Sie blickte ihm offen in die Augen, als sie sagte: »Darf ich einen Moment Ihre Hand halten? Mir ist gerade, als würde mein ganzes Leben den Bach runtergehen, und ich brauche etwas, woran ich mich festhalten kann.«
    Fast ein bisschen erschrocken dachte Benjo: Mensch, die geht aber ran!
    Er fragte sich, ob Chris ihn am Kai abholen würde. Wahrscheinlich nicht. Vermutlich wartete sie am Bahnhof. Bestimmt saß sie jetzt bei dem Wetter draußen vor

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