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Todesfalle Triton

Todesfalle Triton

Titel: Todesfalle Triton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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liegt viele Jahre zurück, Roschen. Anna-Lunas Fehler haben wahrscheinlich mehr zur Entwicklung ihres Potentials beigetragen als ihre Ausbildung. Ihre Affekte, ihre Leidenschaft und die Affäre mit dem Sanitäter – all das klingt mir doch sehr nach einem erfolgreichen Verlauf des Projekts.«
    »Ich hege da meine Zweifel, verehrter Gabrylon.«
    »Tun Sie das, Roschen«, sagte der Blonde knapp. »Nach meiner Einschätzung jedenfalls verläuft das Experiment nach Plan. Beobachten Sie weiter, berichten Sie weiter. Haben Sie schon Kontakt mit Ihren Leuten auf Triton aufgenommen?« Gabrylon lächelte wohlwollend, und seine Stimme klang wieder weich und einschmeichelnd.
    »Noch nicht, verehrter Gabrylon.«
    »Dann zögern Sie nicht länger damit. Wann erwarten Sie, im Sol-System einzutreffen?«
    »Nicht ganz neuntausend Lichtjahre noch. In einer Woche werden wir es geschafft haben. Ende März, Anfang April also.«
    »Gut. Über den Flug wird mich Anna-Luna Ferròn selbst auf dem laufenden halten. Ich erwarte Ihren Bericht über sie. Viel Glück, verehrter Direktor.« Gabrylons Konterfei verblaßte, das Sichtfeld erlosch.
    Waller Roschen schwebte zu seinem Bett. Dort senkte sein Tragkegel sich bis auf die Höhe der Matratze. Er streifte seinen schwarzen Umhang ab, ließ sich auf das Bett fallen, stützte sich mit den Kunstarmen ab und rollte sich auf den Rücken. Eine Zeitlang stierte er durch die transparente Kuppel in die Sterne. Manchmal langweilte ihn dieses immergleiche Gefunkel.
    Er dachte über das Gespräch mit dem Zweiten Vorsitzenden des Sicherheitsrates von Terra Prima nach. Möglicherweise hatte Gabrylon ja recht, möglicherweise mußte man Anna-Luna die Gelegenheit geben, auch schwerwiegendere Fehler zu begehen. Ja – und möglicherweise schätzte er die eigentliche Idee hinter dem Experiment nicht hoch genug ein. Für den Sicherheitsrat jedenfalls schien sie bedeutender zu sein als jeder noch so hohe Verlust an Personal und Material. Und genau das beunruhigte ihn: Waller Roschen hielt menschliche Emotionen für eine permanente Fehlerquelle. Leidenschaft, Liebe, Zorn, Ehrgeiz – weiter nichts als Risikofaktoren. Und war nicht der ganze Mensch eine Fehlerquelle, ein einziger Risikofaktor sozusagen?
    »Roschen an Bordhirn.« Irgendwann schwang er seinen Torso zurück auf den Tragkegel.
    »Was kann ich für Sie tun, Direktor Roschen?« sagte eine freundliche Stimme aus dem Off.
    »Ich brauche eine Verbindung nach Triton, eine, die dem Kommunikator verborgen bleibt.« Der Krüppel zupfte seinen Umhang so zurecht, daß er fast bis zum Boden hing und so den Tragkegel verdeckte.
    »Ich könnte ihn als routinemäßigen Peilstrahl der Aufklärung tarnen, sobald sich die Gelegenheit ergibt.«
    »Gut. Benutze meinen persönlichen Geheimcode.« Er schwebte zur Schnittstelle. »Empfänger?«
    »An die Brüder von Eternalux …«
     
    *
     
    In der Offiziersmesse hockte Trevor Gorges über einer Schüssel mit einem dampfenden Etwas, dessen Farbe DuBonheurs Erinnerung später irgendwo zwischen Violett und Türkis ansiedelte. Die kalte Luft in der Messe roch nach ranzigem Fett, vielleicht auch nach Spinat oder Blut, jedenfalls war Gorges unrasiert.
    Überhaupt sah sein Eidmann und Chefingenieur verboten aus, fand der Höchstgeehrte : Gorges' weiße Leinenbluse hatte Flecken am Stehkragen und war so weit aufgeknöpft, daß graues Brusthaar wie Unkraut zwischen den Knopfleisten hervorquoll, und seine fettigen grauen Locken hatte er sich mit einem Lumpen aus der Stirn gebunden, den ihm jemand im letzten Moment aus der Müllverbrennungsanlage gezogen haben mußte, so schmutzig war er.
    Hinter ihm, an der Wand, lag Rüsselheimer auf einem Lager aus zahllosen Decken und Kissen. Elf oder zwölf Kinder hockten um den jungen Dwingolangowar herum. Sie streichelten seinen Rüssel, sein Haupt- und Rückenhaar, seine großen Ohren und summten ein Schlaflied. DuBonheur wußte gar nicht, daß es auch Kinder an Bord der WYOMING gab. Oder waren es womöglich Kinder von Terra Prima …?
    Der hünenhafte Höchstgeehrte von Fat Wyoming stand noch immer auf der Lukenschwelle, staunte und versuchte zu begreifen, was er sah: den scherzenden Gorges über seiner Suppe, den schlafenden Rüsselheimer, die fremden Kinder um ihn herum und dann die Frauen – keine von ihnen hatte er je zuvor gesehen. Frauen von Terra Prima? Gehörten sie zu den Bärtigen?
    Sie waren jung und saßen links und rechts des Chefingenieurs von Fat Wyoming. Einige in

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