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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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tönt irgendwie besorgt, jedes Detail und jedes mögliche Verdachtsmoment will sie genau wissen. Anschließend ruft sie Knut an und erkundigt sich eingehend über Tür- und Fenstersicherungssysteme. Sie scheint ängstlich zu werden, auf sich bezogen, ist doch nicht mehr die Jüngste.
    Insgeheim teile ich jetzt Knuts Besorgnis, suche in den Geschichten meiner Klienten systematisch nach dunklen Spuren. Andererseits muss ich mit meinen Energien haushälterisch umgehen, mich soll ein derartiger Einbruch, der genau besehen kein richtiger Einbruch ist, nicht erschrecken. Die Meinung der Polizei geht dahin, dass sich die Einbrecher in der Hausnummer oder der Straße oder gar im Ort geirrt haben. Alles andere ergibt für sie keinen Sinn.
    Ich werde ein neues Halbjahresabo für den Fitnessclub lösen. Zudem werde ich wieder regelmäßig schießen gehen, was Knut sicher freut.
    Knut selbst wird jetzt öfter rasch hereinschauen, er werde kontrollieren, wie es Moshe gehe. Seiner Taille würden Spaziergänge zu uns nur guttun, er sitze momentan zu viel im Büro.

2
    AUS ALJAS GARTEN: Karwoche. Die Erde ist ein großes lebendiges Wesen, entsprechend unserem Organismus ein Teil des kosmischen Zusammenwirkens der Planetenkräfte in unserem Sonnensystem; mit dem Neigungswinkel der Erdachse wechseln im Umlauf um die Sonne die Jahreszeiten rhythmisch über sie hinweg. Das menschliche Bewusstsein gehört in eine reale Dimension dieses Weltganzen. Deshalb ist es sinnvoll, die Jahresfeste bewusst zu erleben.
    Das Sich-Zurückziehen und das Wiedererwachen der Natur umfasst Pflanzen, Tiere und Menschen. Hildegard von Bingen sprach von ›viriditas‹ , der ›Grünkraft‹ .
     
    In der Eisenwarenhandlung habe ich einen handlichen Fuchsschwanz gekauft, was ich schon längst tun wollte, doch Benno hat dies für Mieter einer Stadtwohnung als geradezu lächerlich bezeichnet. Als Noël in der Schule ist, säge ich damit im Vorgarten rasch und unauffällig an der einen dieser Eiben den seitwärts strebenden, dünnen Ast ab. Der große Busch wird die Lücke im Lauf des Sommers schließen, dann werde ich ihn nachstutzen. Er wird kompakter wachsen. Den Ast zerkleinere ich in der Küche und bündele die Stücke, ich werde ihn zu Knut oder zu Alja mitnehmen – hier fehlt ein Schwedenofen. Doch was in der Stadt vor allem fehlt, ist ein Kompost.
    In Feldisberg auf den ›Höhen‹ werden auf Palmsonntag Stechpalmen, Lorbeer, Thuja und Buchs geschnitten und die Zweige in die Ställe wie auch in die Wohnräume gehängt, als Schutz vor Blitz und Krankheit, vor bösen Geistern und vor dem bösen Blick. Heute basteln sie im Religionsunterricht Osterbäume, tragen sie am Palmsonntag über den Friedhof und stecken sie in die Vorgärten. Doch jene, die die Zweige zu Hause in die Zimmer hängen, lassen sie heute kaum mehr in der Kirche segnen, offensichtlich reicht der eigene fromme Wunsch.
    Wie schon im vergangenen Jahr gehe ich speziell über den Gemüsemarkt, kaufe Stechpalmzweige und Buchs – ein Brauch. Ich hänge sie im Wohnzimmer und in Noëls Zimmer über die Tür und an die Wand. Alja hat es irgendeinmal erwähnt, Buchszweige im Zimmer sollen einen ruhigen Schlaf bewirken; Noël erwachte heute Nacht schon wieder weinend. Ich werde mit ihm reden, werde ihm sagen, dass die Zweige gute Träume bringen.
     
    Karfreitag. Ich erwache froh, heute ist Feiertag, keine Schule, keine Termine. Christentum, Bewusstsein und Wachstumskräfte – Aljas Osterkolumne findet in mir ihren Widerhall. Gerade weil Dorothy mich eher New-Age-heidnisch erzogen hat, wurde ich in die Jahresfeste geradezu eingebettet. Übermorgen ist Ostern, wir werden bei Alja in der Mühle Ostereier suchen. Frohgestimmt trete ich im Badezimmer in eine Lache von rostig braunem Wasser – meine Mokassin-Slipper, ein Geschenk von Dorothy, saften in Nässe. Von der Badewanne bis zur Tür steht schmutzig braunes Wasser, ein See, eine Überschwemmung. Von oben tropft es bräunlich, die Decke glänzt stellenweise schwarz, rinnt! Ich könnte schreien, anscheinend soll ich nicht einmal an einem Karfreitag festlich gestimmt sein dürfen, sondern ich werde irgendwelchen Rohrbrüchen nachrennen. Mein Job heute muss aber das Schreiben einer Fristerstreckung, die Eingabe einer Klage bei der Vormundschaftsbehörde und das Verfassen einer Scheidungsunterlage sein, mein Job heute ist ganz sicher nicht das Klempnern eines Wasserrohrs.
    Schon stehe ich vor der Tür der oberen Wohnung und klingle relativ

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