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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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müssen.
    »Hast du den Unterhalt für diesen Monat schon bekommen?«, fragte Sabine.
    Monika ließ ihr Haar los. »Er ist drei Monate im Rückstand.«
    »Kuhscheiße!«, fluchte Sabine. Ihr Exschwager war ein Arschloch.
    »Leise!« Monika schmunzelte und deutete zur angelehnten Kinderzimmertür. »Die Gören sagen das auch schon.«
    »Uh …« Sabine verzog das Gesicht. Dann wurde sie wieder ernst. »Soll ich was unternehmen?«
    »Nein, Gabriel wird schon zahlen.«
    Sabine nickte. Sie nahm ihre Dienstwaffe von der Kommode und steckte sie ins Holster. Am liebsten würde sie Gabriel einen
Besuch abstatten. Ihre Schwester kämpfte sich als alleinerziehende Mutter mit den drei Mädchen gerade mal so durchs Leben – mit einem Teilzeitjob im Museum und einer fünfzig Quadratmeter großen Wohnung. Sie schlief auf der Wohnzimmercouch, während sich die Mädchen das Schlafzimmer teilten. Aber der Herr Anwalt rückte keinen Cent raus.
    Sabine stopfte ihren Geldbeutel in die Jackentasche und schnürte die Schuhe zu. »Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich an – ich habe Nachtdienst und bin auf dem Revier zu erreichen.« Sie steckte die Dienstmarke an den Hosenbund und zog die Jacke zu. Der Saum verbarg die Walther und das Reservemagazin am Hosengürtel.
    »Ich weiß, Kleine.« Monika umarmte sie und drückte sie länger als sonst. »Danke. Ohne dich würde ich wahnsinnig werden.«
    »Es wird schon. Morgen kommt Mutter zu Besuch und passt auf die Mädchen auf, nicht wahr?«
    Monika nickte. »Wie geht’s Mutter übrigens? Du warst doch Freitagabend mit ihr wieder bei diesem komischen Kurs?«
    Der Pilateskurs war nicht komisch, bloß die Vortragende. Eine fünfzigjährige Bohnenstange. Da spürte Sabine erneut dieses merkwürdige Gefühl im Magen. »Ich musste absagen. Hatte viel um die Ohren und fühlte mich nicht besonders.«
    »Ups.« Monika hob die Augenbrauen. »Wie hat der alte Drachen reagiert? Ist er allein hingegangen?«
    »Du weißt doch, wie Mutter ist. Wahrscheinlich nicht. Ich habe ihr auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass ich eine Parkemedtablette nehme und mich im Bett verkrieche. Seither habe ich nichts von ihr gehört.«
    »Sie hat dich nicht mal zurückgerufen? Untypisch für Mutter.«
    Wie wahr! Seit Tagen plagte Sabine das schlechte Gewissen, weil sie im Pyjama auf der Couch eine Doppelfolge der Tricks der großen Magier gesehen hatte und eingepennt war, statt zum Turnen zu gehen. Andererseits war ihre Mutter eine selbstständige Frau, um die sie sich nicht kümmern musste. »Wenn sie morgen kommt, gib ihr einen Kuss von mir. Wir holen Pilates diesen Freitag nach.«

    »Okay, mach ich – und jetzt Abmarsch!« Monika gab ihr einen Klaps auf den Po. »Nimm die Schurken fest … im Polizeigriff!« Monika schnitt eine böse Grimasse und krümmte die Finger zu Krallen.
     
    Sabine fuhr mit dem Fahrstuhl hinunter und verließ das Mietshaus, in dem ihre Schwester wohnte. Abends war die Gegend um den Ostbahnhof nicht so prickelnd. Ihr Wagen stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite unter einer flackernden Straßenlaterne. Als sie die Autotür öffnen wollte, stürzte aus dem Schatten der Bäume ein Mann auf sie zu.
    »Eichhörnchen!«
    Sabine nahm die Hand von der Dienstwaffe. »Vater?« Was machte er in München?
    Ihr Vater sah schrecklich aus. Der Schatten eines Dreitagebarts verdunkelte sein Gesicht. Seine Augen lagen in tiefen Höhlen, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen.
    »Ich bin zu deiner Wohnung gefahren, aber du warst nicht da. Auf dem Revier haben sie gesagt, dass dein Dienst bald beginnt – ich dachte mir, dass du bei Monika bist.«
    Sabine blickte auf die Uhr. Es war kurz nach acht. Sie musste auf ihre Dienststelle. »Warum bist du nicht in mein Büro gekommen?«
    Tränen liefen ihm über die Wangen.
    »Vater, um Himmels willen, was ist passiert?«
    Er schloss sie in die Arme und drückte sie an sich. »Es tut mir leid, Eichhörnchen!«
    Seit ihrem dritten Lebensjahr nannte er sie wegen ihrer vollen braunen Haare und großen braunen Augen »Eichhörnchen«. Als Teenager war ihr das peinlich gewesen, heute, als einer erwachsenen Frau, noch viel mehr.
    »Die Silbersträhne steht dir gut«, krächzte er, dann liefen ihm wieder Tränen übers Gesicht.
    »Danke.« Sie strich ihm über die Schulter. »Beruhige dich, was kann so schlimm sein, dass du …?«

    »Deine Mutter wurde vor zwei Tagen entführt.«
    »Was?« Sie befreite sich aus seiner Umarmung. »Woher weißt du das?«
    Er

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