Todesgeil
aufgeführt haben wie die letzten Arschlöcher, aber ... das kann doch nicht den Ärger wert sein, den du dir hier einhandelst.«
Ihr Mundwinkel zuckte. Ihre Finger krümmten sich zu Fäusten. »Du hast ja keine Ahnung, wovon du redest.«
»Kann sein.« Er sah, wie ihre geballten Fäuste bebten, und hätte um ein Haar den Mund gehalten. Er hatte keine Lust, sie endgültig auf die Palme zu treiben. Doch er glaubte, dass da eine Chance war, zu ihr durchzudringen. Sie war ein zähes junges Ding, keine Frage, aber vielleicht befand sich hinter der rauen Schale ja ein weicher Kern. »Im Ernst. Bitte denk doch mal nach. Noch ist nichts wirklich Schlimmes passiert. Ich weiß, dass du eine Stinkwut hast, und zwar völlig zu Recht. Aber vielleicht gibt es ja eine bessere Möglichkeit, deinem Ärger Luft zu machen. Im Moment läuft noch alles ganz gut für dich. Es ist nicht zu spät. Du hast immer noch die Wahl, dein Leben nicht zu ruinieren.«
Ihr Mundwinkel zuckte erneut. »Du hast wirklich keine Ahnung, wovon du redest.«
»Dann hilf mir, dass ich es verstehe.« Er schnippte mit den Fingern seiner freien Hand. »Und, übrigens, was ist mit deiner Familie und deinen Freunden? Die werden sich doch Sorgen machen, wenn sie merken, dass du nicht mehr da bist?«
Sie lachte und erwiderte nichts darauf.
Er schüttelte den Kopf. »Was ist daran so lustig?«
»Du! Dieses ganze verständnisvolle Große-Bruder-Getue! Wenn du irgendetwas über mich wüsstest, dann wäre dir klar, wie dämlich du dich gerade benimmst.«
»Dann erzähl’ mir etwas von dir. Hilf mir zu verstehen. Fang’ doch einfach damit an, dass du mir sagst, wie du heißt.«
»Roxie. Ich heiße R-O-X-I-E.«
»Hm! Klingt eher nach ’ner Stripperin.«
»Genau. Deshalb ist der Name ja so cool.«
Rob nickte. »Also ... Roxie ... weshalb benehme ich mich dämlich, wenn ich versuche, vernünftig mit dir zu reden?«
Sie langte zwischen ihre Beine und zog die Leinentasche auf ihren Schoß, dann fing sie an zu reden, während sie darin herumkramte. »Mit allem, was du von mir zu wissen glaubst, mit deinen ganzen verdammten kleinen Vermutungen liegst du total daneben. Ich wohne überhaupt nicht hier in der Gegend. Hier gibt es niemanden, dem es auffallen würde, wenn ich weg bin. Es gibt überhaupt niemanden, der mich irgendwo vermissen wird. Jedenfalls nicht mehr.« Ihre Hände kehrten mit einem Päckchen American Spirit und einem Zippo-Feuerzeug aus der Tasche zurück. Sie zündete sich eine Zigarette an und stieß den Rauch aus. »Tief in meinem Innern bin ich kein ganz normales Mädchen, wie du glaubst. Und ich weiß, dass du das glaubst. Wenn mir einer was tut, dann laufe ich nicht nach Hause und schreibe es in meinen Internet-Blog. Ich gehöre zu den bösen Mädchen. Zu den wirklich ganz, ganz bösen. Ich bin ein richtiges Miststück. Da ist nirgends ein weiches Herz versteckt.« Sie blies den Rauch aus, diesmal direkt zu Rob. »Und das werden diese Kiffer in dem beschissenen Neon bald merken.«
»Was soll das jetzt wieder heißen?«, hustete Rob und wedelte den Rauch weg. Während er Roxie zuhörte, hatte er nicht auf den Neon geachtet. Doch nun richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Wagen vor ihnen und stellte fest, dass der Fahrstil anscheinend schlimmer geworden war. Noch während Rob auf die verblichenen Aufkleber starrte, die die politischen Ansichten und den Musikgeschmack ihres Besitzers kundtaten, geriet der Kleinwagen wieder ins Schlingern. Der Kerl war linksgerichtet und stand auf Punk. Allerdings prangten auch ein paar Grateful Dead- und Phish-Aufkleber auf der Heckscheibe, was Rob irgendwie merkwürdig fand. Soweit er wusste, hatten psychedelischer Rock und Punk nur wenig miteinander zu tun.
»Bäh«, machte Roxie angewidert und meinte damit einen der Aufkleber. »Sieh dir bloß diesen Scheiß an! ›Koexistenz der Weltreligionen‹. Wenn ich so einen Schwachsinn sehe, könnte ich kotzen.«
Rob nickte. »Ja, da bin ich doch tatsächlich mal einer Meinung mit dir. Das ist ein verdammtes Wunder.«
»Fahr’ rüber auf die linke Spur«, knurrte Roxie. »Fahr’ direkt neben die Arschlöcher.«
Rob setzte den Blinker und sah zu ihr hinüber. »Was hast du vor ...?«
»Halte einfach den Mund und tu’, was ich dir sage, du Arsch!«
Ihr Gesicht war wieder hart, ihre blauen Augen verströmten so viel Hass, dass sogar ein Selbstmordattentäter auf der Stelle kehrtgemacht hätte. Die Verwandlung war erschreckend. Solange sie über sich
Weitere Kostenlose Bücher