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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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I
    Eigentlich war es ein Abend wie jeder andere, an dem die Familie vollzählig beisammensaß – und das passierte wiederum selten, denn irgendeiner fehlte meist im trauten Kreis.
    Jeden Dienstag hielt Hermann Wolters, Studienrat für Erdkunde und Geschichte, seinen vielbesuchten Vortrag über ›Glanz und Untergang des Römischen Reiches‹ in der Volkshochschule von Bamberg. Am Mittwoch traf Walter Wolters, Abiturient und Chefredakteur einer umstrittenen linksgerichteten Schülerzeitung mit einer Gruppe junger Gleichgesinnter zusammen, die sich ›Revolutionäre Spitze‹ nannte. Am Freitag hatte Gabi Wolters, langmähnige Unterprimanerin, ihren Disco-Abend, und am Samstag durfte Manfred Wolters, zehn Jahre jung und das Verzogenste, was in Bamberg in fleckigen Jeans herumlief, seine Reitstunde nehmen. Zu Hause blieb eigentlich nur Dorothea Wolters, die Mutter, und wurde deswegen auch manchmal erstaunt gefragt: »Was tust du eigentlich den ganzen Tag?«
    Man kann sich also beinahe ausrechnen, welcher Tag es diesmal war: Es blieben ja nur Montag und Donnerstag übrig, denn die Sonntage gehörten natürlich auch wieder den vielen getrennten Interessen der Familie. Bei Walter hieß das Ingeborg, bei Gabi schlicht Phip, was eine Kurzform von Philipp war.
    Diesmal war es ein Montagabend. Man saß im Wohnzimmer vor dem Fernsehgerät, verfolgte gelangweilt die Jagd eines Ranchers auf einen Viehdieb und blickte nur mißbilligend zur Seite, wenn Manfred sachkundig sagte: »Ist das doof!«
    Dorothea Wolters strickte. Sie strickte eigentlich immer. Die Kinder kannten es gar nicht anders, und Walter, der aufgeklärte Revolutionär, hatte einmal in seiner Gruppe gesagt: »Erstaunlich, daß sie uns drei Kinder empfangen hat. Da muß sie doch das Strickzeug aus der Hand gelegt haben, oder?«
    Er hatte einen großen Heiterkeitserfolg errungen, der wieder einmal seine Eignung zum Chefredakteur bewies.
    Hermann Wolters hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht. Er hatte sich seine geliebte halblange, nach unten gebogene Pfeife angezündet (früher nannte man so etwas schlicht eine Hängepfeife, heute eine Gesundheits-Bruyère), trank aus einem schlanken Glas sein Rauchbier, eine Bamberger Spezialität, und war mit dem Leben sehr zufrieden. Ab und zu überblickte er seine Familie. Sie erfüllte ihn mit Stolz bei der inneren Erkenntnis, daß es ihm gelungen war, in den heutigen wirren Zeiten eine halbwegs intakte kleine Lebensgemeinschaft geschaffen und behütet zu haben.
    Halbwegs – das störte etwas. Aber was der neunzehnjährige Walter mit seiner linken Schülerzeitung trieb, war oft nicht mehr tragbar, vor allem, wenn der eigene Vater an derselben Schule unterrichtete und in der Zeitung mit Spott überhäuft wurde. Darunter litt die Autorität des Lehrers, denn schließlich war Hermann Wolters Klassenlehrer der Untertertia, also eines Jahrgangs, der besonders flegelhaft ist. Hinzu kam, daß seine Kollegen tadelnd zu ihm sagten: »Mein lieber Hermann, ich an deiner Stelle – na, ich würde mal Ordnung im eigenen Haus schaffen! Dein Sohn Walter, trägt der eigentlich nachts auch einen roten Schlafanzug mit Hammer und Sichel?«
    So etwas schmerzt. Hermann Wolters sprach mit seinem Sohn darüber, aber Walter sah ihn nur mit einem hochmütigen, revolutionären Blick an, setzte sich in seinen kleinen, gebrauchten Citroën und kaufte sich eine rote Badehose und rote Slips. Vor allem die Slips fand seine Freundin Ingeborg klasse.
    »Das legt sich alles«, sagte Dorothea milde, als Hermann von provokatorischer Frechheit sprach. »Du hast früher ein Braunhemd getragen.«
    »Da war ich neun Jahre alt! Ein junger Mensch ohne Jugend! Im letzten Kriegsjahr! Das ist doch etwas anderes.«
    »Dein Sohn Walter führt auch Krieg – gegen ein Gesellschaftssystem.«
    »Das ihn ernährt, kleidet, ihm einen Wagen finanziert, ihm Geld gibt für seine Poussagen … ein Revolutionär, der den dicken Willem mit Vaters Geld spielt! Nicht einen Pfennig hat er bisher selbst verdient!«
    »Doch. Im vorigen Jahr …«
    »Wenn ich daran denke!« Hermann Wolters hatte die Hände zusammengeschlagen. »Als Straßensänger! Mein Sohn als Hippie-Sänger an städtischen Brunnen! Das Kollegium war entsetzt.«
    »Aber Walter hat in drei Wochen neunhundert Mark verdient.«
    »Unversteuert! Mein Sohn! Erinnere mich nicht daran, Hasi …«
    Das Wort Hasi entstammte der Zeit, als Wolters und Dorothea verliebt durch die Natur gepilgert waren, an Waldesrändern und

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