Todeskette
weiteren Kommentars und nahm sich vor, die Fahrt hinaus aufs Land zu genießen.
1
Sie hatten die Autobahn schon vor längerer Zeit verlassen und fuhren nun in raschem Tempo durch eine idyllische Landschaft, über der sich ein strahlend blauer Frühlingshimmel wölbte. Die Häuser am Rand der Straße waren seltener geworden, und seit vielen Meilen war ihnen nun schon kein Fahrzeug mehr entgegengekommen. Auf einmal schrillte Paulas Handy.
»Das war Monica«, sagte sie zu Tweed, als sie nach einem kurzen Gespräch wieder aufgelegt hatte.
»Tatsächlich?«, gab Tweed geistesabwesend zurück.
»Sie hat herausgefunden, von wo aus Philip angerufen hat. Aus Belgien. Genauer konnte sie es nicht sagen, aber soviel ich weiß, ist Philip nicht in Belgien.«
»Normalerweise nicht. Aber seine Aufgaben können ihn innerhalb Europas natürlich überallhin führen.«
»Haben Sie eigentlich schon das kleine Flugzeug dort oben bemerkt, das immer parallel zur Straße zu fliegen scheint?«
»Ja, habe ich.«
»Sieht aus wie ein Leichtflugzeug. Ob das wohl Marler ist, der uns aus der Luft bewacht?«
»Nein. Das ist nicht Marlers Flugzeug.«
»Es hat jetzt ein Blinklicht eingeschaltet. Was hat das wohl zu bedeuten?«
»Keine Ahnung.«
»Jetzt hat das Blinken aufgehört. Und das Flugzeug dreht ab nach Norden.«
»So ist es.«
Paula blickte hinüber zu Tweed. Seine lakonischen Antworten ließen darauf schließen, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders als bei ihrem Gespräch war. Er fuhr langsam auf die Kuppe eines Hügels zu, von der aus sich ihnen eine schöne Aussicht auf die Landschaft eröffnete, bevor die Straße auf der anderen Seite wieder pfeilgerade nach unten führte. Auf einem großen Feld am Rande der Straße war gerade ein riesiger Traktor dabei, zu pflügen.
Paula ließ ihr Fenster herab und genoss die herrlich frische Frühlingsluft, die ins Innere des Wagens strömte. Der Ausflug fing an, ihr zu gefallen.
»Ich bin gespannt, wie Hengistbury Manor so aussieht…«, sagte sie, während Tweed beschleunigte und den Hügel hinabfuhr.
»Soviel ich weiß, muss das Haus ein ziemlich alter Kasten sein«, erwiderte Tweed. »Eigentlich würde man ja meinen, dass…«
Tweed brachte den Satz nicht zu Ende, denn er trat so abrupt auf die Bremse, dass die Reifen auf dem Asphalt quietschten und er und Paula nach vorn in die Sicherheitsgurte gepresst wurden, während plötzlich direkt vor ihnen der gigantische Traktor, den Paula nicht weiter beachtet hatte, durch die Hecke am Straßenrand brach. Nur wenige Zentimeter vor der Kühlerhaube von Tweeds Auto walzte er auf seinen mächtigen Reifen quer über die Straße, den Pflug klappernd hinter sich herziehend.
Paula roch den penetranten Dieselgestank, der durch ihr offenes Fenster hereinwehte, und hielt sich instinktiv eine Hand vor Nase und Mund. Hätte Tweed nicht gebremst, dann wäre die tonnenschwere Landmaschine mitten über das Auto gerollt und hätte es mitsamt seinen Insassen plattgewalzt.
Paula sah, wie der Fahrer, ein Mann in blauer Arbeitskleidung, verzweifelt versuchte, das Lenkrad herumzureißen, aber der riesige Traktor schoss über die Straße wie ein Öltanker, den nichts so schnell von seinem Kurs abbringen kann. Unaufhaltsam raste er auf die Böschung rechts von der Straße zu, die gut zwanzig Meter nach unten führte. Dann reagierte das Fahrzeug plötzlich auf die Lenkversuche seines Fahrers, aber nun so heftig, dass es wild ins Schlingern geriet und schließlich den steilen Abhang hinunterstürzte, wobei es sich mehrmals überschlug.
Paula beobachtete den Fahrer bei seinem Versuch, durch ein Fenster aus dem Führerhaus zu springen, sah, wie eine der schweren, metallisch glänzenden Pflugscharen von hinten herangewirbelt kam und den Mann mitten auseinanderschnitt.
Mit einem lauten Entsetzensschrei schloss sie die Augen und machte sie erst wieder auf, als Tweed den Wagen erneut in Bewegung setzte.
»Sollten wir denn nicht nach ihm sehen?«, fragte sie.
»Wozu? Der Mann ist tot wie ein Stein.«
»Wie können Sie nur so herzlos daherreden?«
»Ist Ihnen denn nicht klar, dass der Kerl da uns eben umbringen wollte? Ich habe genau gesehen, wie er mit dem Traktor direkt auf uns zugefahren ist.«
»Dann sollten wir den Vorfall der Polizei melden«, schlug Paula vor.
»Kommt nicht infrage. Da würden wir bloß stundenlang festgehalten, und so viel Zeit haben wir nicht.«
»Glauben Sie wirklich, dass das ein Anschlag war?«, fragte Paula, deren Stimme
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