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Todesmelodie

Todesmelodie

Titel: Todesmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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diese Verbrennungen erklären?«
    »Das laß ruhig meine Sorge sein, Sharon!«
    »Ich wollte dir nur ein bißchen helfen«, gab sie trocken zurück. Dann öffnete sie die Tube mit Vaseline, drückte sich etwas davon auf die Finger und begann, das Seil in ihrer Reichweite damit einzureiben. Chad achtete nicht auf sie – er war in den Anblick des Himmels vertieft, dessen Farbe sich langsam von Rubinrot in tiefes Schwarz verwandelte. Und sie hatte allen Leuten erzählt, was für ein netter Typ er war! »Hast du auch den Haken am Ufer plaziert, damit Fred ihn fand?« rief sie nach oben.
    »Ja; ich war sicher, daß ihn jemand finden würde.«
    »Und du hast John auch das Buch gegeben, das ihn auf die richtige Spur gebracht hat, stimmt’s?«
    »Ich hab’ es ihm sozusagen in die Hand gedrückt.«
    »Hast du die Seilbrücke zerschnitten?«
    »Nein, das war Ann«, sagte er.
    »Aber warum?«
    »Sie dachte, ich wäre auf der anderen Seite.«
    Sharon bearbeitete noch immer das Seil mit Vaseline. »Warum erzählst du mir nicht ein bißchen von deiner Kindheit?«
    »Was möchtest du denn wissen?«
    »Ach, das übliche: Hat vielleicht irgend jemand versucht, dich umzubringen und dir die Kehle durchzuschneiden?«
    Er wirkte gekränkt. »Du scheinst das Ganze für einen Scherz zu halten!«
    »Hörst du mich etwa lachen?«
    Chad stand auf. »Ich finde, wir sollten diese Sache zu Ende bringen!«
    »Nur keine Eile«, murmelte Sharon.
    Chad antwortete nicht. Er nahm das Seil, drehte sich um und begann, sich über die Kante hinunterzulassen, wobei er sich nicht einmal die Mühe machte, sich durch die stählernen Haken in seinem Gurt zu sichern; anscheinend hielt er sie nicht für eine ernstzunehmende Gegnerin.
    Sharon nutzte die wenigen Augenblicke, die ihr blieben, um das Seil von ihrem Kopf bis zu ihren Füßen mit noch mehr Vaseline einzuschmieren. Dann stopfte sie die Tube wieder in die Tasche und holte die Dose mit dem Insektenspray heraus. Sie zog die Kappe ab und hielt die offene Dose in der rechten Hand so neben ihren Körper, daß Chad sie nicht sehen konnte. Ihr Zeigefinger ruhte auf dem Zerstäuberkopf, bereit, jederzeit zuzudrücken.
    »Keine Sorge«, meinte Chad, »ich bin fast bei dir.«
    »Laß dir nur Zeit!« murmelte Sharon.
    Chad kam nur langsam herunter. Sie war nicht sicher, was er vorhatte, aber sie nahm an, daß er versuchen würde, ihr ins Gesicht zu treten, und sein Vorgehen verstärkte ihren Verdacht. Ungefähr eine Körperlänge oberhalb des Vorsprungs hielt er inne, und seine Füße befanden sich jetzt genau über ihrem Kopf. Seine Körperbeherrschung war wirklich bemerkenswert – er balancierte an der senkrechten Felswand so sicher, als säße er auf einer Gartenbank! Seine Hände befanden sich noch ungefähr einen Meter oberhalb der Stelle, bis zu der Sharon das Seil mit Vaseline eingerieben hatte; sie mußte ihn veranlassen, noch weiter herunterzukommen, damit er verwundbarer wurde.
    »Hi«, sagte sie.
    »Du kannst uns beiden viel ersparen, wenn du einfach springst«, erwiderte er.
    »Gut, aber nur unter einer Bedingung!«
    »Und welcher?«
    Mit der linken Hand nahm Sharon ihre goldene Kette ab, die Ann ihr vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte. Daran hing ein makelloser, zweikarätiger Smaragd, ihr Glücksstein. »Du mußt das hier meiner Mutter geben.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das würde zu verdächtig aussehen!«
    Sharon schlug einen bittenden Ton an. »Ich will nicht, daß der Stein beim Fall kaputtgeht – du weißt doch, wie empfindlich Smaragde sind! Hör zu, du wirst doch der erste sein, der mich findet. Leg sie mir einfach wieder um den Hals, wenn ich tot bin, aber bis dahin nimm sie bitte, einverstanden?«
    Chad überlegte. »Du springst wirklich, wenn ich die Kette nehme?«
    »Das verspreche ich dir!«
    »Und das ist kein Trick?«
    »Chad«, sagte sie ungeduldig, »die Kette wird dir schon nicht in der Hand explodieren!«
    Er nickte. »Einverstanden!« Er ließ sich ein Stück weiter zu ihr herunter und streckte die linke Hand aus. »Gib sie mir hoch!«
    »Mit Vergnügen!« In einer einzigen schwungvollen Bewegung ließ Sharon die Kette fallen, hob die Dose mit dem Insektenspray und sprühte es Chad genau in die Augen. Das Spray traf ihn voll aus nur dreißig Zentimetern Entfernung, und Chad verlor den Halt am Seil.
    Er fiel… nein, er rutschte, und das war ein großer Unterschied. Der Schmerz in seinen Augen ließ ihn für einen Moment den Halt verlieren, und seine Hände fanden

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