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Todesmelodie

Todesmelodie

Titel: Todesmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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zu lassen und die Flucht nach hinten anzutreten. Chad beendete seinen Sprint und stellte sich zwischen sie und den Rucksack. Dann begann er, sie langsam auf den Abgrund zuzudrängen.
    »Was hattest du vor?« fragte er scharf.
    »Nichts.«
    »Du hast irgendwas vor, ich weiß es genau!«
    »Ich hab’ keine Ahnung, wovon du redest!«
    Er blieb plötzlich stehen.
    »Du weißt es, Sharon, stimmt’s?«
    Auch sie hielt einen Moment in der Bewegung inne. »Ich weiß überhaupt nichts!«
    Er machte einen Schritt auf sie zu und streckte die Hand aus. »Komm her!«
    »Nein!«
    »Hab keine Angst!«
    »Ich will nur weg von hier, Chad, mehr nicht.«
    »Das geht leider nicht.«
    In ihren Augen brannten Tränen. »Warum denn nicht?«
    Er schüttelte traurig den Kopf. »Machen wir uns doch nichts vor: Du hast herausgefunden, daß ich es war. Ich kann dich nicht gehen lassen!«
    »Ich sage es niemandem!«
    »O doch, und ob du das tun würdest!« Er kam noch einen Schritt näher. »Es tut mir wirklich leid!«
    Sie wich weiter zurück. »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich tue nur, was ich tun muß.«
    Sharon warf einen Blick über ihre Schulter: Noch drei Meter, und sie würde in den Abgrund stürzen – das war es, was er wollte! »Du wirst mich umbringen!«
    »Ich will es eigentlich nicht…«
    »Dann hör auf, um Gottes willen«, schluchzte sie und streckte ihm bittend die Hände entgegen. »Ich bin deine Freundin, Chad. Bitte, tu’s nicht!«
    Er blieb wieder stehen – erst einmal, und auf seinen Zügen zeigte sich tiefe Traurigkeit. »Wie hast du es erraten?«
    »Durch Anns Ring. Es ist ein Rubin, dein Glücksstein. Du hast dich geirrt, als du mir rietest, ihn zu kaufen, und Ann und ich haben ihn deshalb immer ›Chads Ring‹ genannt.«
    Er sah sie entgeistert an. »Dann hatte sie nicht am gleichen Tag Geburtstag wie ich?«
    »Nein, schon einen Monat eher.«
    »Hat sie den Ring dagelassen, damit du ihn finden solltest?«
    »Ja.«
    »Sie wollte dich also warnen!«
    »Bitte, laß mich gehen, Chad! Ich hab’ dir nie was getan!«
    Chad ballte die Hände zu Fäusten. »Sie hat mich gehaßt!«
    »Nein, sicher nicht!«
    Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen. »Wie willst ausgerechnet du das wissen? Du hast ja nicht mal gemerkt, wie sie zu dir stand!«
    Sharon begann, sich vorsichtig ein Stück vom Abgrund wegzubewegen. »Wir können darüber reden, Chad«, sagte sie sanft.
    »Da gibt es nichts zu reden«, erwiderte er. »Ich hab’ richtig gehandelt! Sie hat mit Paul geschlafen, und ich konnte sie im Schlafzimmer hören, wenn ich den Rasen mähte. Mein Mädchen schlief mit meinem eigenen Bruder!«
    »Darüber weiß ich nichts!«
    Chad ließ seine Hände wieder sinken. »Wo willst du hin?«
    Sharon erstarrte. »Nirgendwo!«
    »Du bist genauso verdorben wie sie!«
    »Nein!«
    »Du wolltest mich nicht mal küssen!«
    »Ich hab’ dich vor ein paar Minuten geküßt! Ich bin sogar das erste Mädchen, das dich je geküßt hat, hast du das vergessen?«
    Chad nickte und schien sich ein wenig zu beruhigen. Sie hatte noch nie solche Stimmungsumschwünge an ihm bemerkt, aber sie hatte ihn schließlich auch noch nie jemanden umbringen sehen.
    »Ich wollte dich nicht anschreien«, meinte er zerknirscht.
    »Schon gut.«
    Er zuckte hilflos mit den Schultern.
    »Was soll ich tun, Sharon?«
    »Laß mich gehen!«
    »Dann wirst du allen erzählen, daß ich es war!«
    »Ich schwöre bei Gott, daß ich dich nicht verraten werde!«
    Aber Chad schüttelte den Kopf. »Du lügst. Ich würde ins Gefängnis kommen, und Paul wäre frei und würde nicht bestraft – nein, das ist nicht fair! Ich kann es nicht zulassen.«
    Sharon starrte ihn eindringlich an. »Bringst du es denn fertig, mich zu ermorden?«
    Er starrte zurück. »Ja; ich hab’ keine Wahl.«
    Sharon glaubte ihm, und sie glaubte auch, daß es ihre Situation nicht verbessern würde, wenn sie noch länger mit ihm redete. Sie traf eine Entscheidung, wahrscheinlich die wichtigste ihres bisherigen Lebens. Unvermittelt sprintete sie los.
    Chad versuchte, ihr den Weg zu versperren, aber er hatte ihre Absicht mißverstanden: Sharon lief nicht auf den Pfad zu, der von der Klippe hinunterführte; sie sprang von der Kante – auf ihre Art!
    Während sie nach dem Seil griff und es stramm zog, berührten die Sohlen ihrer Schuhe für einen Moment den glatten, scharfen Bruch im Gestein. Sie sah, wie in Chads Blick plötzlich ein Funke des Begreifens aufblitzte, und er machte einen Satz auf sie zu, gerade, als sie

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