Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
nachgeschaut, ob irgendetwas fehlt. Auf alle Fälle sind unsere
beiden Laptops weg.«
»Sonst noch
was?«, fragte Heiner.
»Nee, auf
den ersten Blick nicht«, antwortete Max. »Die Schränke und Schubladen hat der Typ
offenbar nicht durchwühlt.« Er zog die Stirn in Falten. »Es ist schon komisch …«
Ein langgezogenes Brummen.
»Was ist
komisch?«, hakte Tannenberg nach.
»Na ja,
mitten auf dem Küchentisch lagen 400 Euro, die ich heute Nachmittag aus dem Geldautomaten
gezogen habe. Nicht in einem Kuvert, sondern ganz offen. Warum hat er die liegen
gelassen?«
»Vielleicht
war der Einbrecher gar nicht in eurer Küche«, spekulierte Jacob. »Der Kerl war bestimmt
total in Hektik, schließlich musste er damit rechnen, dass ihr bald nach Hause kommt.
Oder er wurde gestört.«
»Von wem
denn? Von unserem verpennten Riesenhund garantiert nicht«, entgegnete sein jüngster
Sohn und kraulte Kurt hinter den Schlappohren. Der bedankte sich mit einem wohligen
Knurren. »Hier in Heiners Haus war niemand. Und du und Mutter habt nichts von einem
Einbruch mitbekommen«, rekapitulierte Wolfram Tannenberg. Nach wie vor war er von
Jacobs Hypothese alles andere als überzeugt. Er schüttelte den Kopf und kniff die
Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht
vorstellen. Wenn sich einer die Mühe macht, eine Handtasche zu stehlen und danach
30 Kilometer zur Wohnung des Opfers zu fahren …«
»Dann wird
er sich auch die Zeit nehmen, die Wohnung gründlich nach Wertgegenständen zu durchsuchen«,
ergänzte Heiner.
Sein jüngerer
Bruder nickte. »Zumal er die nötige Zeit hatte, denn wir mussten ja zuerst den Diebstahl
bemerken, ihn anzeigen und nach Kaiserslautern zurückfahren.«
»Aber das
würde ja bedeuten, dass es dieser Kerl womöglich nur auf unsere beiden Laptops abgesehen
hat. Weshalb sollte er das tun?«, fragte Marieke. Sie saß auf einem Stuhl und streichelte
ihren kugelrunden Bauch. »Was will er denn damit?«
Sie erhielt
nur Schulterzucken zur Antwort.
Als erste Amtshandlung verscheuchte
Karl Mertel, der Chef der kriminaltechnischen Abteilung, alle aus der Wohnung. Gemeinsam
mit seinen Kollegen sicherte er Fingerabdrücke an der Eingangstür, an den Fenstern,
Zimmertüren, Schränken und Tischen. Um fremde Fingerspuren identifizieren zu können,
nahm einer seiner Mitarbeiter von allen Mitgliedern der Familie Tannenberg Vergleichsabdrücke.
Nur die im Schlafzimmer ihrer Großeltern friedlich schlummernde kleine Emma blieb
von dieser Prozedur verschont.
Eine halbe
Stunde später erschien Mertel in der gemütlichen Wohnküche der alten Tannenbergs,
wo ihn Margot mit einer Henkeltasse frischgebrühten Kaffees empfing. »Bitte schön,
mein lieber Karl, diese Stärkung hast du dir wirklich verdient. Du Armer, musst
mitten in der Nacht arbeiten. Komm, setz dich zu den anderen und bedien dich. Den
Hefezopf habe ich heute Nachmittag frisch gebacken.«
»Das ist
sehr lieb von Ihnen, Frau Tannenberg«, bedankte sich der Spurenexperte und machte
sich über den Hefekuchen her. »Ihr müsst natürlich so schnell wie möglich alle Schlösser
austauschen, sonst könnte dieser Mistkerl ja noch einmal bei euch einsteigen«, empfahl
er schmatzend. »Von beiden Häusern selbstverständlich«, ergänzte er und wandte sich
an Marieke. »Ich gehe davon aus, dass dir nicht nur der Schlüssel für deine eigene
Wohnung geklaut wurde, oder?«
Marieke
seufzte tief. »Nein, leider sind alle meine Schlüssel für unsere beiden Häuser weg.«
»Ich habe
leider nur zwei Schließzylinder dabei. Die baue ich euch natürlich nachher ein.
Am besten in die beiden Haustüren. Dann kommt keiner mehr rein.« Er fixierte den
Leiter des K 1, der ihm direkt gegenübersaß, mit einem fordernden Blick. »Die brauche
ich natürlich so schnell wie möglich wieder, Wolf.«
»Klar, ich
besorge gleich morgen früh neue Zylinder.«
»Nee, mein
Junge, das mache ich«, mischte sich sein Vater ein. »Du gehst zur Arbeit. Schließlich
bin ich hier der Rentner, und nicht du! Hoffentlich kriegst du einen richtig schönen
Brummschädel, du alter Suffkopp!«
»Jacob,
hör endlich auf, den armen Wolfi immer so zu ärgern. Er hat’s schwer genug«, zeterte
Margot.
»Warum?
Dieser Schmalspur-Kriminalist ist doch schuld an dem ganzen Schlamassel.«
»Wieso denn
das?«, fragte Tannenberg gereizt. Sein Gesicht gefror zu einer zornigen Maske.
Wie ein
Dirigent mit seinem Taktstock stach der Senior mit dem Zeigefinger auf
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