Todespakt
ich die Parolen dahinter nicht bemerkte.«
Die Tasse in Bernardis Hand begann leicht zu zittern, und er stellte sie auf dem Tisch ab.
»Wir trafen uns regelmäßig, loteten unsere Möglichkeiten aus. Zunächst rein theoretisch, als wäre das Ganze nur ein Denkspiel. Doch dann wurden wir konkreter, suchten potentielle Ziele aus. Ich machte den Männern klar, dass vereinzelte Anschläge wenig ausrichten würden und man solche Organisationen nur nachhaltig schädigen könnte, wenn man ihre Strukturen zerstörte. Es ist letztendlich wie in der Geschäftswelt: Wenn du jemanden ausbooten willst, dann sorg dafür, dass sein Kurs sinkt. Dann gerät er in Panik. Über Rohde stießen wir schließlich auf Victor Kiriac. Es war kein Geheimnis, das er im Verdacht stand, Mitglied des organisierten Verbrechens zu sein und seine Firma nur der Tarnung diente. Von Diebstahl, über Drogen, bis hin zum Menschenhandel ... Es hieß, er habe überall seine Finger drin.«
»Und durch Rohdes Informationen kamen Sie auf den Namen des ersten Opfers.«
»Matei war unser Ansatzpunkt«, bestätigte Bernardi. »Jetzt ging es nur noch um die Durchführung. Da der Zustand meiner Tochter es mir nicht erlaubte, sie längere Zeit unbeaufsichtigt zu lassen, einigten wir uns darauf, dass ich mehr im Hintergrund agierte und organisatorische Aufgaben übernahm. Mir war klar, dass wir schnell und öffentlich operieren mussten, um eine gewisse Abschreckung zu erzielen. Zwei der Männer sprachen ihre Vorliebe für das Mittelalter an, wo Abschreckung ein elementarer Bestandteil der Rechtsprechung gewesen war. Anfangs gefiel mir der Gedanke, unsere Taten in eine gewisse Thematik zu verpacken. Allerdings war mir nicht annähernd bewusst, dass das Ganze so ausufern würde. Mir war diese ganze Maskerade viel zu theatralisch. Obwohl sie durchaus Vorteile bot. Die Männer konnten öffentlich agieren, ohne erkannt zu werden. Nebenbei verhinderte die Verkleidung, dass sie unbewusst DNA-Spuren an den Tatorten zurückließen. Doch nach dem ersten Mord wurde mir der ursprüngliche Zweck dieser Verkleidung klar, nämlich sie vor einer möglichen Ansteckung zu bewahren.«
Bernardi rieb sich erschöpft die Augen, die in seinem abgemagerten Gesicht hervorstachen.
»Bereits Tage zuvor hatten die Männer Matei entführt und in dem Keller im Wald gefangen gehalten. Sie flößten ihm Drogen ein und setzten ihn massiv unter Druck. Er verriet ihnen Namen und Funktionen von Mitgliedern in Kiriacs Gruppierung, die wir als nächste Ziele aussuchten. Mein ursprünglicher Plan sah vor, Matei an dem Kreuz vor der Pestkapelle abzulegen, wo er dann bei der Stadtführung gefunden werden sollte. Aber den anderen war das nicht spektakulär, nicht authentisch genug. Anscheinend war Matei für sie ein Versuchstier, um die Wirkung des Erregers zu testen, von dessen Existenz ich nicht einmal wusste.«
»Woher stammt der Erreger?«
»Das weiß ich nicht. Doch wurde mir schlagartig die Tragweite von Herrmanns Netzwerk bewusst, denn es dürfte ihn eine Menge Geld und Beziehungen gekostet haben, da ranzukommen. Und ein Teil dieses Geldes stammte unbewusst von mir.« Er seufzte geknickt. »Vermutlich halten Sie mich jetzt für völlig naiv. Aber man sagte mir zu Beginn, man habe einen Hilfsfond ins Leben gerufen, mit dem man die Opfer von Verbrechen unterstützen wollte. Also zahlte ich in meinem Eifer auf das angegebene Konto einen stattlichen Betrag ein. Über die wahre Verwendung des Geldes ließ man mich vorsorglich im Dunkeln.«
»Weshalb haben Sie nicht gleich die Konsequenzen daraus gezogen?«, fragte Chris. »Es muss Ihnen klar gewesen sein, dass diese Leute den Erreger auch für weitere Anschläge dieser Art einsetzen würden. Niemand geht solche Risiken und Mühen ein wegen eines einzigen Opfers.«
»Ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zurück. Ich hatte mich schon der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht. Und ich war bereits selbst zum Mörder geworden.«
Als hätte Bernardis Tochter diese Aussage verinnerlicht, zuckte sie erneut in ihrem Rollstuhl. Dieses Mal machte ihr Vater keine Anstalten, zu ihr zu gehen. Bernardi zwang sich regelrecht dazu, nicht einmal hinzusehen. Der Ausdruck des Bedauerns, mit dem er seine Hände anstarrte, verursachte ein Stechen in Chris' Magen. Kurz darauf war das Zucken wieder verschwunden.
Die einsetzende Ruhe wurde von einer Weile betretenen Schweigens begleitet, bevor Bernardi wieder das Wort ergriff. »Ich habe meine Mitwirkung an diesem
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