Todesqual: Thriller
»Geh ran, Lena«, sagte er nach dem dritten Läuten. »Aber schalt den Raumlautsprecher an. Ich will mithören.«
Lena holte tief Luft und stand auf. Während sie zum Tresen ging, um abzunehmen, drückte Rhodes die Zigarette draußen im Blumenkübel aus. Denn setzte er sich neben sie auf einen Hocker. Als Lena Novaks Stimme hörte, wurde sie von Erleichterung ergriffen.
»Rhodes ist hier bei mir«, meinte sie.
Rhodes reagierte nicht, als sie seinen Namen nannte. Irgendetwas lief hier ab, was sie einfach nicht verstand. Die Erleichterung legte sich schlagartig.
Novak stöhnte auf. »Was will der denn von dir? Schalt den Raumlautsprecher an.«
»Bereits geschehen«, erwiderte Rhodes.
Vielleicht lag es daran, wie Rhodes ihre Waffe hielt. Es mochte auch sein Tonfall sein. Oder die Tatsache, dass er Novak seine Anwesenheit nicht verheimlichte. Jedenfalls sah es ganz danach aus, als hätte Rhodes nichts mehr zu verlieren. Er hatte seine eigenen Pläne. Alles andere war ihm gleichgültig.
»Ich habe ihn«, rief Novak. »Ich habe sein zweites Haus gefunden. Es steht oben am Stausee.«
»Wie?«, fragte Lena.
»Seine Telefonrechnung. Ich bin davon ausgegangen, dass ein Typ wie Fellows nicht viele Freunde hat, aber sicher einen Anrufbeantworter besitzt, den er hin und wieder abhört. Er hat regelmäßig eine Nummer angerufen, die laut Telefonbuch einem gewissen M. Finn gehört. Weil es eine Adresse auf der anderen Seite der Stadt ist, waren die Anrufe gebührenpflichtig. Also bin ich hingefahren und habe seinen Nachbarn geweckt. Als ich ihm sechs Fotos zeigte, hat er auf das Bild von Fellows gedeutet und ihn als Finn identifiziert.«
Novak nannte die Adresse und fügte hinzu, er sei bereits dort und werde als Nächstes Barrera verständigen. Lena schilderte kurz den Überfall und warnte ihn, Fellows sei vermutlich auf dem Heimweg. Die Straße kannte sie. Und nach Rhodes’ Gesichtsausdruck zu urteilen, war auch er schon dort gewesen. Der Versorgungsweg zum Stausee war öffentlich zugänglich. Alle, die in den Hügeln wohnten und gerne mit dem Rad fuhren, wanderten oder joggten, ohne sich dazu in die Büsche schlagen zu müssen, kamen direkt an Fellows’ Zweitwohnsitz vorbei.
Lena schaltete das Telefon ab und stellte fest, dass Rhodes sie anstarrte.
»Fahren wir«, sagte er.
66
I m Carport stand kein Wagen. Durch den Rauch betrachtete Novak das Haus auf dem Hügel und dachte nach.
Es war eine Frage der Gerechtigkeit, sagte er sich, und es kam darauf an, einen Ausgleich zu schaffen, um geschehenes Unrecht wiedergutzumachen.
Wenn Lena gerade eben Recht gehabt hatte, war Fellows inzwischen auf dem Heimweg. Novak schätzte, dass er mindestens drei Minuten hatte, um ins Haus einzudringen, das Mädchen zu suchen und es herauszuholen, wenn es noch lebte. Drei Minuten, die vielleicht ein Leben retten würden. Da Fellows wegen der schlechten Sichtverhältnisse möglicherweise länger brauchte, konnten es auch fünf Minuten sein.
Er sah auf die Uhr. Der Sekundenzeiger schien auf der zehn zu verharren. Als er sich wieder bewegte, wurde Novak klar, dass mit seiner Uhr alles in Ordnung war. Es war auch kein schlechtes Omen. Nur ein Fall von überreizten Nerven.
Sein Blick wanderte zurück zu dem leeren Carport. Fellows war nicht da. Also konnte er das Haus ungestört durchsuchen und so schnell ihn seine Beine trugen durch alle Zimmer laufen.
Als er die Treppe hinaufstieg, klopfte sein Herz heftig, aber regelmäßig. Oben angekommen, schlich er auf die Rückseite des Gebäudes und entdeckte ein Fenster hinter einem hohen Baum, das genau die richtige Lage hatte.
Novak zog die Pistole, stieß die Mündung durch die Scheibe und entfernte die Scherben vom Rahmen. Dann kletterte er ins Wohnzimmer und steuerte auf die Treppe zu.
Nur das Tempo zählt, sagte er sich. Vergeude keine Zeit und suche nach dem Mädchen. Und falls doch etwas dazwischenkommt, fang an zu schießen. Drück einfach so lange ab, bis du den Zombie erledigt hast.
Er durchquerte das Schlafzimmer und kontrollierte Wandschränke und Bad. Dahinter befand sich ein zweites Zimmer, das bis ins letzte Detail genauso eingerichtet war wie das erste. Novak schaltete sein Gehirn ab, blendete diese Merkwürdigkeit aus und ging weiter. Er sah in jedes Zimmer. Im ersten Stock war niemand. Als er nach unten hastete, schaute er auf die Uhr. Zweieinhalb Minuten waren vorbei.
Er brauchte mehr Energie, musste schneller werden. Novak eilte den Flur hinter der Treppe
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