Todesspur
die Originale, und Sie verstauen die Kopien. Für den Fall, daß mir etwas zustößt.«
»Und was könnte Ihnen zustoßen?«
Dyson wartete mit der Antwort, bis er seine Tasche auf den Tisch gestellt, sie aufgeschlossen und zwei Kassetten herausgeholt hatte, die er über den Tisch hinweg Monica zuschob.
»Ich könnte umgebracht werden«, sagte er leise.
Der Ernst, mit dem er das sagte, der plötzliche Umschwung von seiner bis dahin forschen Redeweise verblüffte Newman. Er neigte dazu, Dyson zu glauben, war aber noch nicht restlos überzeugt.
»Und wer sollte vorhaben, den beliebtesten
paparazzo
der Welt umzubringen?« fragte er ironisch.
»Ich mag das Wort nicht. Ich bin ein professioneller Fotograf, einer der besten – wenn nicht der beste überhaupt. Und ich kann Ihre Frage nicht beantworten.«
»Können Sie nicht – oder wollen Sie nicht?«
»Kein Kommentar.« »Dann verschwinden Sie und nehmen Sie Ihren Ramsch mit.«
»Der Inhalt dieser Kassetten könnte die Welt erschüttern, Europa in seinen Grundfesten zerstören, jeden Einfluß zunichte machen, den Großbritannien in der Welt hat. Ich habe eine Heidenangst, Bob – wie ein Kaninchen, dem die Frettchen ganz dicht auf den Fersen sind.«
Dyson holte eine Zigarette aus einem goldenen Etui, und Newman machte ein Experiment – er gab ihm Feuer. Dyson konnte das Ende der Zigarette nicht stillhalten, seine Hand zitterte wie ein Blatt im Wind. Widerstrebend gelangte Newman zu dem Schluß, daß der Mann ihm nichts vormachte.
»Wenn wir uns bereit erklären, dieses Zeug hierzubehalten, müssen wir wissen, wo wir Sie erreichen können«, sagte er. »Sonst können Sie es vergessen.«
Als Dyson die beiden Kassetten aus seiner Tasche geholt hatte, hatte Newman auf neu aussehenden Kleidungsstücken eine Videokamera mit aufgerolltem Riemen gesehen.
»Ich muß jetzt los«, erklärte Dyson und hob seine Tasche vom Tisch.
»Ich habe gefragt, wie wir Sie erreichen können.«
»Setzen Sie sich mit dem Zürcher Bankier in Verbindung, mit dem Sie mich bekannt gemacht haben. Julius Amberg.
Und jetzt muß ich los, sonst verpasse ich meine Maschine.«
»Dann verschwinden Sie.«
Monica begleitete ihn zur Tür, wies George mit einem Kopfnicken an, ihn hinauszulassen. Dyson verschwand blitzschnell.
»Ich bringe diese Kassetten gleich in den Keller hinunter, damit die Sprengstoffexperten sie testen können«, sagte Monica, sowie sie zurück war.
»Sehr vernünftig«, stimmte Newman zu. »Und danach?«
»Legen wir sie in Tweeds Safe, bis er zurück ist…«
Der Mann am Steuer des grauen Volvo, der nach wie vor in Sichtweite des Gebäudes parkte, aus dem Dyson jetzt herauskam, gab dem Fahrer eines hinter ihm parkenden silberfarbenen Renault ein Zeichen, indem er sich mit der Hand über den Kopf strich. Sobald Dyson in das Taxi gestiegen war, das er herbeigewinkt hatte, griff der Mann nach seinem Autotelefon und wählte.
»Hier ist Jerry.«
»Etwas Neues?« wollte Nortons rauhe Stimme wissen.
»Der Mann war in einem Softporno-Laden in Soho. Kam wieder heraus, nahm ein weiteres Taxi zu einem Gebäude am Park Crescent. Ging …«
»Park Crescent? Ausgerechnet dorthin! Welches Haus?«
»General & Cumbria Assurance.« Der Fahrer nannte ihm die Hausnummer. Während Dyson sich drinnen aufhielt, war er an dem Gebäude vorbei und wieder zu seinem Wagen zurückgeschlendert.
»Als Dyson wegfuhr, hat der Renault übernommen, und …«
»General & Cumbria.« Norton hatte ihn unterbrochen schien laut nachzudenken. »Ich weiß, was dahintersteckt.
Was hatte Dyson bei sich, als er ging?«
»Nur seine Tasche …«
»Er muß etwas dort gelassen haben, zur sicheren Aufbewahrung.« Die Stimme wurde noch grimmiger. »Wir müssen das ganze Gebäude hochgehen lassen. Sie beschaffen das Fahrzeug und den Sprengstoff. Der Job muß binnen achtundvierzig Stunden erledigt sein. Fahren Sie sofort zurück zur Zentrale …«
Erster Teil
Das Massaker
1. Kapitel
Zwei Tage später folgte Paula den anderen Gästen in das große Eßzimmer von Tresilian Manor, in dem sie den Lunch einnehmen wollten. Das elisabethanische Juwel lag in einem abgelegenen Teil von Bodmin Moor in Cornwall. Sie hatte sich bei Bekannten in Sherborne aufgehalten, und Tweeds Anruf war am frühen Morgen gekommen.
»Paula, es ist eine seltsame Situation eingetreten. Ich bin gerade aus Paris zurück und hatte einen Anruf von Julius Amberg, dem Schweizer Bankier. Er ist von Zürich herübergeflogen und hält sich jetzt
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