Todesträume am Montparnasse - Ein Fall für Kommissar LaBréa
Jardin du Luxembourg gefahren. Dort hat sie ihren Wagen in der Rue de Vaugirard, Ecke Rue d’Assas, abgestellt und ist in eines der Häuser gegangen.«
LaBréa horchte auf.
»Welche Hausnummer?«, fragte er.
»Rue de Vaugirard Nummer einundzwanzig.«
LaBréa schluckte und runzelte verwirrt die Stirn. Das war das Haus, in dem er in der letzten Nacht ein wunderbares Abendessen und heiße Liebesstunden genossen hatte!
»Wahrscheinlich wohnt sie dort«, fuhr Claudine fort. »Denn sie zog schon an der Haustür ihren Wohnungsschlüssel aus der Handtasche, bevor sie den Türcode eingab. Ich ging ebenfalls zu dem Haus und habe mich in dem kleinen Gemüseladen, den es dort
gibt, nach der Concierge erkundigt. Von ihr habe ich die Namen aller Bewohner dieses Hauses bekommen. Ich lese Ihnen die Liste mal vor, vielleicht können Sie mitschreiben?«
LaBréa nahm einen Notizblock und einen Kugelschreiber. Als der vierte Name fiel, konnte er es kaum glauben. Um ganz sicherzugehen, bat er Claudine: »Beschreiben Sie mir die Frau doch bitte mal.« Gespannt lauschte er Claudines Worten. »Gut«, sagte er schließlich. »Das wollte ich nur wissen. In welchem Stock wohnt sie? In Ordnung.« Fieberhaft arbeitete es in seinem Kopf.
Plötzlich fügten sich wesentliche Bausteine des Puzzles zusammen.
Er notierte ordnungshalber noch die Namen der restlichen Hausbewohner, war mit seinen Gedanken jedoch bereits woanders. Claudine schien das zu spüren.
»Sind Sie noch dran, Chef?«
»Ja«, murmelte er. Etwas lauter sagte er: »Hören Sie, Claudine, wissen Sie, wo Christine Payan jetzt ist? Was sagt Jean-Marc?«
»Vor fünf Minuten hat er mich angerufen und gesagt, sie stünden gerade an einer roten Ampel an der Salpêtrière.«
»Dann ist Payan wahrscheinlich auf dem Weg nach Hause. Halten Sie sich bereit, Claudine. Ich rufe gleich Jean-Marc an. Wenn die Psychologin nach Hause gefahren ist, treffe ich Sie und Jean-Marc auf dem Parkplatz der Bibliothèque Nationale. Also, bis dann.«
Wenig später erfuhr er von Jean-Marc, dass Christine Payan tatsächlich nach Hause gefahren war. Er forderte von der Fahrbereitschaft einen Wagen an, stellte das Blaulicht aufs Dach und fuhr mit eingeschalteter Sirene in rasendem Tempo zur Rue Jean-Anouilh.
Trotz des dichten Feierabendverkehrs erreichte er eine Viertelstunde später den Parkplatz an der Bibliothèque Nationale.
Wieder öffnete die Studentin Marielou Delors die Wohnungstür. Sie hatte offenbar geweint, ihre Augen waren stark gerötet. Der Zipfel eines zerknüllten Papiertaschentuchs lugte aus ihrer geballten Faust.
»Bitte, holen Sie Madame Payan«, bat LaBréa. Er und seine Mitarbeiter betraten den Flur. Da kam Christine Payan bereits aus ihrem Arbeitszimmer.
»Sie schon wieder, Commissaire?« Sie lachte gezwungen. »Wie soll ich das bewerten - als Anhänglichkeit? Oder Penetranz?«
»Das überlasse ich Ihnen«, erwiderte LaBréa kühl. Er deutete auf die Tür des Arbeitszimmers. »Sie erlauben doch?«
»Um sechzehn Uhr kommt eine Patientin«, entgegnete die Psychologin. »Das ist in knapp zehn Minuten. Der Moment ist wirklich nicht günstig.«
»Die Patientin wird sich noch einen Augenblick gedulden müssen, Madame.« Er wandte sich an
Marielou Delors. »Wenn sie kommt, sagen Sie ihr bitte, dass Madame noch in einer wichtigen Besprechung ist.«
Bevor Christine Payan protestieren konnte, hatte LaBréa sie ins Arbeitszimmer geschoben. Jean-Marc folgte ihnen und schloss die Tür. Ohne Umschweife begann LaBréa.
»Sie haben sich vor einer knappen Stunde im Café Sélect mit einer Frau getroffen. In welcher Beziehung stehen Sie zu dieser Frau?«
Die Psychologin blickte ihn erstaunt an, sie schien perplex.
»Was soll diese Frage, Commissaire? Sie ist meine Schwägerin.«
»Sie ist was ?« Nun war es LaBréa, der völlig verblüfft reagierte. Er tauschte einen raschen Blick mit seinen Mitarbeitern. »Dr. Hélène Clément, die Gefängnisärztin der Santé, ist Ihre Schwägerin?«
»Ja. Was ist daran so ungewöhnlich?«
In LaBréas Kopf überschlugen sich die Gedanken. Ja, das musste es sein! Sie hatten das fehlende Glied in der Kette gefunden. Alles schien plötzlich logisch und klar. Das Rätsel war beinahe gelöst. Jetzt ging es nur noch darum, die Einzelheiten in Erfahrung zu bringen.
»Dann ist Dr. Clément also mit Ihrem Bruder verheiratet?«
» War. Sie war mit meinem Bruder verheiratet. Zwei Jahre nach der Eheschließung wurden sie geschieden.
Aber Hélène und ich
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