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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Sozialversicherungsnummer doppelt ein: einmal im Versicherungsfeld, einmal im Steuerzahlerfeld. Sie tippte den Namen ein. Sie klickte Suche an.
    Hundertachtzig Meilen weit entfernt zitterte Jack Reacher vor Kälte. Mitte November war Atlantic City nicht gerade der wärmste Fleck auf Erden. Der vom Atlantik wehende Wind brachte genügend Salz mit, um alles feucht und klamm zu halten. Er peitschte und blies Abfälle die Straßen entlang. Fünf Tage zuvor war er in Los Angeles gewesen – und er hätte dort auch bleiben sollen. Im November war Südkalifornien ein sehr attraktiver Aufenthaltsort. Die Luft war warm, und die vom Meer hereinkommende Brise glich einem sanften Zephyr. Er sollte dorthin zurückgehen.
    Oder aber er blieb hier, weil man ihn darum gebeten hatte, und besorgte sich eine warme Jacke.
    An die Ostküste zurückgekommen war er in Begleitung einer alten schwarzen Frau und deren Bruder. Von L. A. aus wollte er sich einen Tag lang die Mojavewüste ansehen. Das Geschwisterpaar hatte ihn mit seinem klapprigen Buick Roadmaster mitgenommen. Zwischen den Koffern im Laderaum entdeckte er ein Mikrofon, ein primitives Lautsprechersystem und einen Karton mit einem Yamaha-Keyboard. Die alte Lady erzählte ihm, sie sei Sängerin und zu einem kurzen Engagement in Atlantic City unterwegs. Ihr Bruder begleite sie auf dem Keyboard und fahre den Wagen, aber er sei kein guter Gesprächspartner und auch kein guter Fahrer mehr, und der Roadmaster tauge als Auto nicht viel. Das stimmte. Der alte Mann sagte kein Wort und brachte sie allein auf den ersten fünf Meilen mehrmals in Lebensgefahr. Die alte Lady begann zu singen, um sich zu beruhigen. Als sie ein paar Takte von Dawn Penns You Don’t Love Me sang, beschloss Reacher, bis zur Ostküste mitzufahren. Er erbot sich, den Wagen zu lenken. Sie sang weiter. Sie hatte eine weiche, rauchige Stimme, mit der sie längst ein Blues-Star hätte sein müssen, wenn sie nicht vermutlich immer wieder zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen wäre. Der alte Wagen hatte eine defekte Servolenkung, mit der man kämpfen musste, und gab alle möglichen Tick-, Klapper- und Quietschgeräusche von sich. Das Autoradio war altersschwach und empfing für jeweils ungefähr zwanzig Minuten eine endlose Reihe von Lokalsendern. Die alte Frau sang mit, wenn Lieder zu hören waren. Ihr Bruder blieb schweigsam und schlief die meiste Zeit auf dem Rücksitz. Reacher fuhr drei Tage lang achtzehn Stunden pro Tag und fühlte sich bei der Ankunft in New Jersey, als sei er gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt.
    Der Auftritt in Atlantic City sollte in einem drittklassigen Nachtklub stattfinden. Der Manager sah nicht gerade vertrauenswürdig aus. Deshalb ließ Reacher es sich angelegen sein, jeden Abend die Gäste zu zählen und zu überschlagen, wie viel Geld am Ende der Woche in der Lohntüte stecken sollte. Das tat er bewusst auffällig. Der Manager nahm ihm das immer mehr übel und fing an, kurze geheimnisvolle Telefongespräche zu führen, bei denen er die Sprechmuschel mit einer Hand verdeckte und Reacher nicht aus den Augen ließ. Reacher starrte ihn seinerseits unverwandt an und blieb ruhig sitzen. Er hörte sich an zwei Wochenendabenden alle drei Auftritte an, aber dann begann er unruhig zu werden. Und zu frieren. Als er am Montagmorgen beschloss weiterzuziehen, setzte sich der alte Keyboardspieler beim Frühstück an seinen Tisch und brach endlich sein Schweigen.
    »Ich wollte dich bitten, noch zu bleiben«, sagte der Alte. Er sagte wolldedich, und in seinen trüben Augen leuchtete eine Art Hoffnung auf. Reacher schwieg.
    »Bleibst du nicht, bescheißt der Manager uns todsicher«, sagte der alte Mann gottergeben, als sei die Nichtauszahlung vereinbarter Gagen etwas, das Musikern einfach zustoße – wie Reifenpannen und Erkältungen. »Aber bezahlt er uns, haben wir Benzingeld, um nach New York zu fahren, können vielleicht ’nen Auftritt bei B. B. King am Times Square kriegen, unsere Karrieren wieder aufleben lassen. Ein Kerl wie du könnte Eindruck machen, das steht fest.«
    Reacher sagte nichts.
    »Ich merk natürlich, dass du dir Sorgen machst«, sagte der Alte. »Bei so ’nem Management gibt’s im Hintergrund bestimmt ein paar zwielichtige Gestalten.«
    Reacher lächelte.
    »Was bist du überhaupt?«, fragte der Alte. »’ne Art Boxer?«
    »Nein«, antwortete Reacher.
    »Ringer?« Er sagte Ringa . »Wie im Kabelfernsehen?«
    »Nein.«
    »Groß genug bist du, das steht mal fest«, meinte der

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