Tödliche Küsse
ihre Kinder benachrichtigt, und meine Frau wird sich mit ihnen treffen. Bis nach der Beerdigung werden die beiden bei uns bleiben.«
Er räusperte sich und presste die Lippen zusammen. »Cicely war eine meiner ältesten Freundinnen, und abgesehen von dem Respekt und der Bewunderung, die ich ihr als Staatsanwälte zollte, habe ich sie sehr geliebt. Meine Frau ist vollkommen außer sich, und Cicelys Kinder sind am Boden zerstört. Alles, was ich ihnen sagen konnte, war, dass ich alles, einfach alles in meiner Macht Stehende tun werde, um die Person zu finden, die ihr das angetan hat, um ihr zuteil werden zu lassen, wofür sie einen Großteil ihres Lebens gearbeitet hat: Gerechtigkeit.«
Er sank auf seinen Stuhl, jedoch nicht mit der ihm eigenen Autorität, sondern wie ein alter, erschöpfter Mann. »Ich erzähle Ihnen diese Dinge, Dallas, damit Sie von Beginn an wissen, dass ich in diesem Fall nicht im Geringsten objektiv bin. Und deshalb bin ich von Ihnen abhängig.«
»Ich weiß Ihre Offenheit zu schätzen, Commander.« Sie zögerte nur kurz. »Aufgrund Ihrer persönlichen Freundschaft mit dem Opfer müssen Sie natürlich sobald wie möglich eine Aussage machen.« Sie bemerkte, dass seine Augen flackerten, ehe sein Blick hart wurde. »Und auch Ihre Frau, Commander. Falls es Ihnen lieber ist, kann ich die Gespräche natürlich auch bei Ihnen zu Hause führen.«
»Ich verstehe.« Er atmete tief ein. »Genau deshalb habe ich Sie mit der Leitung der Ermittlungen beauftragt, Dallas. Es gibt nicht viele Cops, die den Mumm besitzen würden, eine solch delikate Sache so direkt anzugehen. Allerdings würde ich es zu schätzen wissen, wenn Sie bis morgen oder sogar vielleicht noch ein, zwei Tage länger warten könnten mit dem Gespräch mit meiner Frau, und wenn Sie sie tatsächlich zu Hause befragen würden. Ich werde sie dann auf Ihr Kommen vorbereiten.«
»Sehr wohl, Sir.«
»Was haben Sie bis jetzt herausgefunden?«
»Ich habe mir die Wohnung und das Büro des Opfers angesehen. Ich habe die Aktenzeichen der Fälle, die sie gerade bearbeitete, und der Fälle, die sie in den letzten fünf Jahren abgeschlossen hat. Ich muss die Namen überprüfen, um zu sehen, ob jemand, den sie hat einsperren lassen, vor kurzem entlassen worden ist, und wie es mit den Familien und Freunden der von ihr Verurteilten aussieht. Vor allem die Gewaltverbrecher. Sie hatte eine ungewöhnlich hohe Erfolgsquote.«
»Cicely war im Gericht die reinste Tigerin, und sie hat niemals irgendetwas übersehen. Bis jetzt.«
»Weshalb war sie dort, Commander? Mitten in der Nacht? Nach der vorläufigen Autopsie wurde die Todeszeit auf ein Uhr sechzehn festgelegt. Es ist eine raue Gegend – Schlägereien, Raubüberfälle, billige Kneipen und schmuddelige Sexclubs. Ein paar Blocks von der Stelle entfernt, an der sie gefunden wurde, ist ein polizeilich bekannter Drogenumschlagsplatz.«
»Ich habe keine Ahnung. Sie war eine vorsichtige Frau, aber zugleich war sie… arrogant.« Ein schmales Lächeln umspielte Whitneys Mund. »Auf eine geradezu bewundernswerte Art. Sie schreckte selbst vor Konfrontationen mit dem übelsten Gesindel, das diese Stadt zu bieten hat, niemals zurück. Aber dass sie sich bewusst in Gefahr gebracht hätte… das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Sie war gerade an einem Mordfall dran, Fluentes, Totschlag. Hat eine Freundin erwürgt. Sein Verteidiger hat es mit dem Argument des Verbrechens aus Leidenschaft versucht, aber es heißt, Towers hätte trotzdem die Absicht gehabt, ihn in die Kolonie zu schicken. Ich überprüfe diese Spur.«
»Ist er draußen, oder sitzt er?«
»Draußen. Erstes Gewaltverbrechen, die Kaution war lächerlich gering. Da es sich um Totschlag handelt, muss er eine elektronische Fessel tragen, aber das hat, wenn er auch nur einen Hauch von Ahnung auf dem Gebiet der Elektronik hat, nichts weiter zu sagen. Hätte sie sich mit einem Kerl wie ihm getroffen?«
»Ganz bestimmt nicht. Wenn sie einen Angeklagten außerhalb des Gerichtssaales getroffen hätte, hätte das ihren ganzen Fall in Gefahr gebracht.« Bei dem Gedanken, der Erinnerung an Cicely schüttelte Whitney vehement den Kopf. »Das hätte sie niemals riskiert. Aber vielleicht hat er sie ja mit einem Köder in die Gegend gelockt?«
»Wie gesagt, ich werde die Sache überprüfen. Sie hatte gestern Abend eine Essensverabredung mit George Hammett. Kennen Sie den Mann?«
»Flüchtig. Die beiden haben sich ab und zu getroffen. Aber meine Frau meint, dass
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