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Toedliche Saturnalien

Toedliche Saturnalien

Titel: Toedliche Saturnalien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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möglicherweise auch Stichwunden hatte. Als die anderen Frauen kamen, um ihre Stände aufzubauen, haben sie sich um die Leiche gekümmert, und ich bin zum Büro des Aedilen gegangen, um den Fund zu melden. Der Aedile Murena kam mit mir zum Circus und befragte die Umstehenden, die die Tote gekannt hatten, bevor er wieder ging. Das ist alles, was ich weiß, Senator.«
    »Wer hat ihren Leichnam beansprucht?« fragte ich ihn.
    »Ein paar der Frauen haben gesagt, sie wollten sie in ihr Heimatdorf bringen. Ich glaube, das liegt irgendwo in der Nähe des Fucinischen Sees.«
    »Hat sich kein Tatzeuge gemeldet?« erkundigte ich mich.
    Er stieß ein zynisches Lachen aus. »Ein Tatzeuge? Hast du schon mal einen Tatzeugen getroffen?«
    »Selten genug«, räumte ich ein. »Hat es irgendwelche Gerüchte gegeben?« »Ich habe nichts gehört«, gab er zurück. »Und das sagt ja auch etwas.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, es gibt doch immer Gerüchte, oder nicht? Wenn niemand etwas sagt, heißt das wahrscheinlich, daß irgendein Prominenter in die Sache verwickelt ist.«
    »Und die anderen Kräuterfrauen haben auch nichts erzählt?«
    bohrte ich nach.
    »Wie schon gesagt, Senator, ich habe nicht mehr mit ihnen zu tun, als unbedingt nötig.« Er sah aus, als ob sein klügeres Selbst ihm sagte, er solle den Mund halten, doch der Durst nach heißem Wein rang mit seinem klügeren Selbst, und in solchen Fällen gewinnt immer der Durst.
    »Warum?«
    »Na ja«, er sah sich um, als habe er Angst, jemand könne ihn belauschen. Doch die Männer an den anderen Tischen würfelten und schluckten ihren Wein, ohne uns zu beachten. »Na ja«, setzte er erneut an, »das sind alles Hexen, mußt du wissen. Sie haben den bösen Blick, können Flüche aussprechen, alles mögliche.«
    »Aber es handelt sich doch nur um harmlose Sagae?« fragte ich scheinbar arglos.
    »Nicht nur«, sagte er, beugte sich vor und sprach leise und ernst auf mich ein. »Manche von ihnen sind auch Strigae, und man weiß nie, wer was ist, bis es vielleicht zu spät ist!« Er lehnte sich zurück. »Und man sagt, daß sie um diese Jahreszeit besonders mächtig wären.«
    »Warum das?« fragte ich.
    Er sah mich überrascht an. »Heute abend begehen sie schließlich eines ihrer wichtigsten Feste, weißt du das nicht?
    Am Vorabend der Saturnalien tanzen und opfern sie und zelebrieren ihre Rituale, draußen auf dem vaticanischen Feld.« Das war das erste Mal, daß ich von so etwas hörte. »Warum ausgerechnet auf dem Vaticanus?«
    »Weil es dort jede Menge heiligen Boden gibt«, erwiderte er.
    »Angeblich existiert dort auch ein Mundus, durch den die Hexen die Toten nach oben rufen oder in Kontakt mit den Göttern der Unterwelt treten können. Du kannst versichert sein, Herr, daß du heute um Mitternacht in der Stadt keine einzige Strigae treffen wirst. Sie werden alle dort draußen sein.«
    »Du warst mir eine große Hilfe, Marcus Urgulus«, sagte ich und gab ihm ein paar Denar. »Bitte sehr. Und einen schönen Feiertag wünsche ich.«
    Er bedankte sich, eilte davon und ließ mich grübelnd zurück.
    In Rom stößt man immer wieder auf neue Welten hinter den scheinbar vertrauten. Die Welt der Hexen etwa war mir völlig neu. Sie gehörte zur Welt der Bauern und kleinen ländlichen Städte wie die Politik des Senats und die Riten der großen Tempel zu meiner eigenen Welt. Hexen und Flüche und Gifte.
    Der Gedanke ließ das Blut in der Schnittwunde an meiner Hand pochen.
    »Was soll das Gerede von den Hexen und ihren Riten?« fragte Hermes, bei dem der heiße Wein ebenfalls seine Wirkung tat.
    Das Thema war ihm offensichtlich unangenehm»Ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Ich hatte gedacht, ich ermittle in einem simplen Mordfall; eine schlichte Vergiftung aus handfesten persönlichen oder politischen Gründen. Statt dessen geraten wir in die Welt des Okkulten und Übernatürlichen.«
    Wie die meisten gebildeten Menschen war ich ausgesprochen skeptisch gegenüber allem Aberglauben und allen Menschen mit vermeintlich übernatürlichen Kräften. Einerseits wollte ich jedes Risiko meiden, andererseits hatte diese Furia mich aus der Fassung gebracht. Ich konnte nicht umhin, mich zu fragen: Was trieben diese Frauen dort draußen auf dem vaticanischen Feld?
    Ich wußte nur, daß ich wieder einmal im Begriff war, mich von meiner Neugier zu einer unglaublichen Dummheit verleiten zu lassen.

8. KAPITEL
    An jenem Abend trafen wir die Vorbereitungen für die Riten im Tempel des Saturn. Meine

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