Toedliche Saturnalien
ich ihm meine Toga hin.
»Bring sie nach Hause!« rief ich ihm zu.
»Bring sie doch selber, Decius«, sagte er und wandte sich ab.
»Io Saturnalia!« Julia lachte, bis ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Arm in Arm drängten wir uns durch die Masse, bis wir einen Weinstand vor der Basilica Sempronia fanden, zwei derbe Tonbecher gefüllt mit noch derberem Wein kauften und uns damit auf den Stufen der Basilika nieder ließen.
Um diese Jahreszeit dauert die Dämmerung nie lange. Als der Himmel sich verdunkelt hatte, wurden Fackeln und Roste mit Kiefernzweigen entzündet, an denen die Menschen ihre traditionellen Wachskerzen anzündeten. Eine Legende besagt, daß die Götter in uralter Zeit Köpfe als Opfer verlangt hatten, bis irgend jemand darauf gekommen war, daß das alte Worte für »Köpfe« in einem leicht veränderten Dialekt »Lichter« bedeutet.
Seither schenken wir uns gegenseitig Kerzen.
»Seit meiner Kindheit ist das einer meiner liebsten Anblicke«, sagte Julia, als sich die flackernden und lodernden Lichter aus dem Forum und in der ganzen Stadt ausbreiteten. »So habe ich mir immer den Olymp vorgestellt oder die Städte der alten griechischen Mythen. Wie schade, daß es nur einen Tag und zwei Nächte dauert.«
»Aber das ist doch gerade der Sinn von Feiertagen, daß sie anders sind als alle anderen Tage«, bemerkte ich.
»Du hast vermutlich recht«, meinte sie und nahm einen großen Schluck. Ich hatte den Eindruck, daß sie wie alle anderen an diesem Tag schon früh damit angefangen hatte. »Also gut, Decius, warum bist du hier? Das Gerücht, daß du mit Clodius Waffenstillstand geschlossen hast, habe ich schon vernommen, und es war, als hätte man mir erzählt, irgend jemand habe Hektor und Achill zusammen im Bett erwischt. Erzähl mir, warum du hier bist, und laß mich dir helfen.«
Ich erzählte es ihr. Ich wußte, daß es zwecklos war, etwas vor ihr geheim halten zu wollen, obwohl ich nicht wußte, wie sie mir in diesem Fall helfen sollte. Irgend etwas hielt mich davon ab, ihr eine detaillierte Schilderung meines Besuches in dem Zelt der Striga zu geben. Diese Episode irritierte mich nach wie vor. Zwischen durch mußte ich mehr mals neuen Wein holen.
»Wenn man bedenkt, daß du noch nicht einmal drei Tage in der Stadt bist, hast du schon eine Menge erlebt«, sagte sie, nachdem ich geendet hatte.
»Auf meine Sorgfalt bei Ermittlungen bilde ich mir auch etwas ein«, erwiderte ich.
»Und wieder diese Ciodia! Ich wünschte, diese Frau würde dir nicht ständig über den Weg laufen«, sagte sie mit einer Mischung aus ehrlicher Sorge und heimlicher Eifersucht.
»Hältst du sie wirklich für unschuldig?«
»Nun, es gibt zahllose andere, die einen genauso guten, wenn nicht besseren Grund hätten, Celer aus dem Weg zu schaffen.
Ich bin jedoch inzwischen sicher, daß er vergiftet wurde. Warum sonst hätte man die Kräuterfrau ermordet? Doch bestimmt, weil man denjenigen schützen wollte, der das Gift von ihr gekauft hat. Aber warum bedrohen mich dann diese Marser? Man sollte doch meinen, daß es auch in ihrem Interesse ist, wenn der Täter seiner gerechten Strafe zugeführt wird?«
Julia runzelte nachdenklich die Stirn. Manchmal erkannte sie das Muster hinter den Dingen viel besser als ich, wahrscheinlich weil sie nicht ständig mit all der Gewalttätigkeit konfrontiert war, die mich auf den Beinen hielt. Sie behauptete natürlich, daß es daran lag, daß ich mehr trank als sie.
»Wenn man die Hexen mal außer acht läßt, gibt es einen gemeinsamen Faktor, der immer wieder auftaucht«, sagte sie.
»Die sind aber ziemlich schwer außer acht zu lassen«, erwiderte ich. »Welchen Faktor?«
»Gallien«, erklärte sie triumphierend. »Murena und sein Bruder waren dort vor nicht allzu langer Zeit Statthalter. Celer sollte das transalpinische Gallien als prokonsularische Provinz erhalten, aber Flavius hat es ihm abgenommen, und bevor Celer die Gerichte und den Senat veranlassen konnte, diese Maßnahme rückgängig zu machen, starb er. Außerdem hat er sein gesamtes Konsulat damit zugebracht, Pompeius zu bekämpfen, der wiederum selbst das Kommando in Gallien haben wollte.«
»Statt dessen«, unterbrach ich sie, die Möglichkeiten in meinem Kopf durchspielend, »bekommt dein Onkel Gaius Julius ganz Gallien für fünf Jahre zugesprochen.«
»Mein Onkel hat mit dem Mord an Celer nichts zu tun-«
beharrte sie. Was Caesar anging, war sie ein wenig blind, ob wohl seine Ambitionen mittlerweile für
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