Toedliche Saturnalien
schon dreizehn Jahre her! Du hast nicht die geringsten Zukunftsaussichten, wenn du nicht zumindest ein paar erfolgreiche Feldzüge hinter dich bringst.«
»Ich werde überhaupt keine Zukunft mehr haben, wenn ich mit Caesar marschiere! Nach allem, was Lisas mir erzählt hat, muß er am Ende noch gegen die Germanen kämpfen!«
»Na und?« sagte Vater verächtlich. »Das sind doch nur Barbaren. Die sterben wie alle anderen, wenn du mit dem Schwert reinstichst. Woher dieser Widerwille, ein bißchen Zeit in der Legion zu verbringen?«
»Es ist ein sinnloser Krieg«, begehrte ich auf. »Die meisten Kriege heutzutage sind sinnlos. Sie dienen einzig und allem dazu, politischen Abenteurern wie Caesar und Pompeius zu Ruhm und Wahlsiegen zu verhelfen.«
»Ganz richtig. Und ein paar von ihnen werden zu Ruhm und Ehre gelangen, und sie werden gewählt werden, und die Männer, die sie dabei unterstützt haben, werden die wichtigen Positionen besetzen. Benutz doch mal deinen Verstand, Junge!
Kämpfen sie nicht gegen die Barbaren, dann kämpfen sie gegen einander. Dann steht wieder Römer gegen Römer, wie vor zwanzig Jahren, als Marius und Sulla gegen einander kämpften.
Willst du etwa, daß diese Zeiten wieder auferstehen? Laß sie Gallier und Germanen foltern und Spanier und Macedonier. Von mir aus sollen sie am Nil aufmarschieren und die Pyramiden erschlagen, solange sie nicht das Blut der Bürger hier in Rom vergießen!«
Es war sehr ungewöhnlich für ihn, daß er mir seine Beweggründe so ausführlich darlegte. Andererseits war es auch schon ein außergewöhnlicher Anlaß, mich in einen offensichtlich aussichtslosen Krieg zu schicken. Ich schluckte meine Angst hinunter und konzentrierte mich wieder auf den eigentlichen Grund unserer Zusammenkunft.
»Sie kamen mir merkwürdig passiv vor, was die Ereignisse auf dem vaticanischen Feld angeht«, sinnierte ich. »Caesar hat garantiert Wichtigeres im Kopf, aber die beiden anderen doch nicht. Man sollte meinen, eine spektakuläre Anklage wäre genau das, was Männer wie Bestia und Varro sich für ihre Kampagne zur Praetorenwahl im nächsten Jahr wünschen, und es gibt keinen vernünftigen Grund erst Aedile zu sein, wenn man nicht hinterher Praetor werden will.«
Mein Vater rieb sich das Kinn. »Ja, das scheint in der Tat merkwürdig. Wahrscheinlich haben sie sich schon überlegt, wie sie sich profilieren können. Das läßt sich im Moment nicht ändern. Du kannst mit deinen Ermittlungen fort fahren, aber sieh zu, daß du dich nicht mehr lange damit aufhältst.« Mit dieser unbefriedigenden Schlußbemerkung war ich entlassen, und so machte ich mich auf den Heimweg. Die Festivitäten waren noch in vollem Gange, aber mir war die Lust auf fröhliche Ausschweifungen gründlich vergangen. Tief deprimiert trottete ich Richtung Subura.
Es ist schwer zu erklären, woran ich selbst in einer lärmenden Menschenmenge merke, daß ich verfolgt werde, aber ich spürte es. Ich drehte mich von Zeit zu Zeit um, was in dem Gedränge nicht weiter auffiel, aber ich sah niemanden, der mir bekannt oder besonders bösartig vorkam. Andererseits wäre das bei all den Masken sowieso ziemlich schwer zu erkennen gewesen.
Doch ich hatte dieses Gefühl und kannte die Gefahren in den Straßen Roms aus eigener Erfahrung gut genug, um zu wissen, daß es unklug gewesen wäre, meine Instinkte zu ignorieren.
In einer überfüllten Seitengasse schlüpfte ich durch das Tor einer Insula und betrat den ebenso überfüllten Innenhof. Die Leute tanzten auf dem Pflaster, hingen aus den Fenstern oder schwankten bedenklich auf wackeligen Balkonen, die meist unter Mißachtung der Bauvorschriften angebracht worden waren. Alle wirkten heftig betrunken, und Weinkrüge wurden großzügig herumgereicht.
Ich genehmigte mir einen schnellen Schluck, als einer an mir vorbeikam, wich dem Umarmungsversuch einer dicken, lachenden Frau aus, stolperte durch eine offene Tür und fand mich in einer dunklen Wohnung wieder. Im Dämmerlicht erkannte ich mehrere Personen in leidenschaftlicher Umarmung.
Ich bahnte mir einen Weg durch schwitzende Körper, bis ich eine Tür fand, die auf eine Straße, kaum breiter als die Gasse, die ich eben verlassen hatte, hinausführte. Ich folgte der Straße bis zu ihrem Ende an einer steilen Treppe, die ich so schnell hinunter rannte, daß Menschen und Tiere auseinander stoben, wie Getreide unter dem Dreschflegel.
Die Leute johlten und lachten. Verzweifelte Flüchtlinge waren kein ungewöhnlicher
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