Toedliche Saturnalien
freigelegte Fraktur gesehen habe; aber möglicherweise läßt sich das Fragment mit einer einfachen Sonde anheben.
Ansonsten muß man es mit einer Schraube versuchen. Meine ägyptischen Sklaven sind in beiden Verfahren überaus versiert.«
In Wahrheit erledigte Asklepiodes einen großen Teil seiner chirurgischen Eingriffe selbst, was unter Medizinern jedoch als unehrenhaft galt, weswegen er in der Öffentlichkeit vorgab, daß seine Sklaven derlei Arbeiten für ihn verrichteten. »Solche Verletzungen treten bei Boxern, die einen Caestus tragen, häufiger auf, so daß wir praktisch nach jeder Spielsaison, die diese Sportart im Programm haben, ein paar derartige Fälle haben.«
»Es ist natürlich unmöglich, eine sichere Prognose über den Heilungsverlauf abzugeben«, fuhr er nach kurzer Pause fort, »aber ich sehe keinen Grund, warum dein Patient nicht wieder vollständig genesen sollte. Laß ihn in meine chirurgische Praxis in der Statilischen Ludus bringen, dann werden wir ihn heute nachmittag operieren.« »Ich bin dir zu größtem Dank verpflichtet«, erklärte Narcissus und beauftragte zwei muskulöse Assistenten, den unglückseligen Marcus Celsius davonzutragen. Ein Honorar wurde nicht erwähnt, da solche Forderungen illegal waren. Aber Ärzte hatten genau wie Politiker ihre eigene Methode entwickelt, Gefallen mit Gefallen zu vergelten.
»Nun zu dir, Senator«, sagte Narcissus, »womit kann ich dienen?«
»Dein vormaliger Patron Ariston von Lykia hat meinem Verwandten, dem Konsul Quintus Caecilius Metellus Celer bei seiner tödlichen Erkrankung zur Seite gestanden. Hast du ihn auf diesem Weg begleitet?«
Er nickte ernst. »Das habe ich. Celer war ein überaus bedeutender Mann. Sein Ableben war ein großes Unglück für Rom.«
»Fürwahr«, bestätigte ich. »Hat Ariston damals eine Bemerkung über, ähm... Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Celers Dahinscheiden gemacht?«
»Nein, im Gegenteil«, erwiderte Narcissus, »er hat sogar ausdrücklich festgestellt, daß die Symptome typisch für einen Tod durch natürliche, innere Fehlfunktionen waren, wie sie überaus häufig auftreten. Der einzig ungewöhnliche Umstand in diesem Fall, erklärte er, sei die scheinbar robuste Gesundheit gewesen, derer sich der Verstorbene erfreute.«
»>Scheinbar robuste Gesundheit<, sagst du«, bemerkte ich.
»Darf ich erfahren, wie du zu dieser Einschätzung kommst?«
»Nun, zunächst einmal ist er tot«, sagte Narcissus. »Das allein weist schon darauf hin, daß er nicht so gesund war, wie es den Anschein hatte.«
»Offenkundig, es sei denn, seine gute Gesundheit wurde durch ein Mittel von außen beeinträchtigt. Die Vermutung, daß es sich um eine Vergiftung gehandelt haben könnte, ist freimütig geäußert worden.« Narcissus nickte, und ein fragender Ausdruck legte sich auf seine feinen, ernsten Züge. »Ich weiß. Ich habe mich auch gefragt, warum Ariston der Witwe oder den engen Verwandten nicht von Celers früheren Besuchen erzählt hat.« Meine Kopfhaut kribbelte. »Frühere Besuche?«
»Ja, ich habe damals nichts gesagt, weil das eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gewesen wäre. Aber da sowohl Celer wie Ariston mittlerweile verstorben sind, sehe ich keinen Grund, warum ich dieses Wissen weiter zurück halten sollte, das die Gerüchte von einer Vergiftung zum Verstummen bringen würde.«
»Überhaupt keinen«, ermutigte ich ihn. »Sprich weiter.«
»Nun, die Sache war so«, fuhr Narcissus fort. »Etwa einen Monat vor Ablauf seiner Amtszeit kam der erhabene Konsul hierher und verlangte dringend, meinen Patron zu sprechen.«
»Moment mal«, unterbrach ich ihn. »Er kam hierher?«
» Oh, ja. Normalerweise wird ein Arzt natürlich ins Haus eines so prominenten Patienten gerufen. Aber in diesem Fall suchte uns der Konsul nach Einbruch der Dunkelheit und gekleidet wie ein einfacher Bürger persönlich auf. Das geschieht in Wahrheit öfter, als man annehmen sollte. Du mußt verstehen, daß die erwähnte Vertraulichkeit«, er blickte nervös von Asklepiodes zu mir, »manchmal geheime Treffen zwischen Arzt und Patient erforderlich macht.«
»Aber natürlich«, versicherte ich ihm. Auch ich hatte Asklepiodes mehr als einmal heimlich konsultiert, damit er mich nach diversen illegalen Zusammenstößen wieder zusammenflickte.
»So auch in diesem Fall«, fuhr Narcissus fort. »Der Konsul hatte seit einiger Zeit starke Schmerzen in Brust und Magen. Er war ein kräftiger, soldatischer Mann, so daß er
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