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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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Blättern und Kiefernnadeln. Ich friere immer noch. Ich lege mir die Plastikplane über den Oberkörper und stelle den Rucksack so hin, dass er den Wind abhält. Schon ein bisschen besser. Jetzt kann ich das Mädchen aus Distrikt 8 ein wenig verstehen, das damals in der ersten Nacht ein Feuer gemacht hat. Heute bin ich es, die die Zähne zusammenbeißen und bis zum Morgen durchhalten muss. Mehr Blätter, mehr Kiefernnadeln. Ich ziehe die Arme in die Jackenärmel und die Knie an die Brust. So schlafe ich irgendwann ein.
    Als ich die Augen öffne, sieht die Welt ein wenig gebrochen aus und es dauert eine Weile, bis ich begreife, dass die Sonne schon hoch am Himmel steht und die Brille meine Sicht zersplittert. Ich setze mich auf und nehme sie ab, als ich irgendwo am See jemanden lachen höre. Ich erstarre. Das Lachen ist verzerrt, aber die Tatsache, dass ich es überhaupt bemerkt habe, bedeutet, dass ich offenbar mein Gehör wiederfinde. Ja, mein rechtes Ohr kann wieder hören, obwohl es noch immer klingelt. Und mein linkes Ohr, nun ja, das hat wenigstens aufgehört zu bluten.
    Ich spähe durch die Büsche und befürchte, die Karrieros könnten zurück sein und mich hier auf unbestimmte Zeit festsetzen. Nein, es ist Fuchsgesicht, sie steht im Schutt der Pyramide und lacht. Sie ist schlauer als die Karrieros, sie findet in der Asche sogar noch ein paar nützliche Dinge. Einen Metalltopf. Eine Messerklinge. Es verblüfft mich, dass sie so guter Laune ist, aber dann wird mir klar, dass auch sie jetzt, da die Vorräte der Karrieros vernichtet sind, plötzlich eine Chance hat. Genau wie wir anderen. Einen Augenblick lang erwäge ich, mich zu zeigen und sie als zweite Verbündete gegen die Meute zu gewinnen, verwerfe die Idee dann aber. Etwas an ihrem listigen Grinsen sagt mir, dass ein Bündnis mit Fuchsgesicht irgendwann mit einem Messer in meinem Rücken enden würde. So gesehen wäre jetzt die Gelegenheit, sie zu erschießen. Aber da horcht sie auf. Sie hat etwas gehört; nicht mich, denn sie wendet das Gesicht in die andere Richtung, zum Abhang, und rennt schnurstracks in den Wald. Ich warte. Niemand, nichts ist zu sehen. Was immer es war - wenn Fuchsgesicht es für gefährlich hielt, ist es vielleicht auch für mich Zeit, hier wegzukommen. Außerdem möchte ich Rue unbedingt von der Pyramide erzählen.
    Da ich keinen Anhaltspunkt habe, wo die Karrieros suchen, erscheint mir der Weg zurück durch den Bach so gut wie jeder andere. Ich laufe los, den gespannten Bogen in der einen Hand, ein Stück Grusling in der anderen, denn jetzt habe ich Hunger, und zwar nicht nur auf Blätter und Beeren, sondern auf Fett und Eiweiß. Der Weg zum Bach verläuft ereignislos. Dort angekommen, fülle ich meine Flasche auf und wasche mich, wobei ich mich besonders um das verletzte Ohr kümmere. Dann marschiere ich bergauf, immer durch den Bach. An einer Stelle entdecke ich Stiefelabdrücke im Uferschlamm. Die Karrieros waren hier, aber das muss schon länger her sein. Die Abdrücke sind tief, weil der Schlamm weich war, doch inzwischen hat die heiße Sonne sie fast getrocknet. Bisher habe ich kaum auf meine eigenen Spuren geachtet, ich habe mich auf meinen leichten Gang verlassen und bin davon ausgegangen, dass die Kiefernnadeln die Spuren verdecken. Jetzt ziehe ich die Stiefel aus und gehe barfuß durchs Bachbett.
    Das kühle Wasser erfrischt meinen Körper und weckt die Lebensgeister. Ich schieße zwei Fische, leichte Beute in dem langsamen Gewässer, und während ich weitergehe, esse ich den einen roh, obwohl ich gerade erst den Grusling verspeist habe. Den zweiten hebe ich für Rue auf.
    Das Klingeln im Ohr wird immer schwächer, bis es schließlich ganz verschwunden ist. Regelmäßig fasse ich an mein linkes Ohr und versuche herauszufinden, warum es keine Geräusche mehr einfängt. Sollte es sich gebessert haben, so merke ich jedenfalls nichts davon. An die Taubheit im Ohr kann ich mich nicht gewöhnen. Es fühlt sich so an, als wäre ich aus dem Gleichgewicht geraten und auf der linken Seite wehrlos. Regelrecht blind. Immer wieder drehe ich den Kopf zur verletzten Seite und versuche mit dem rechten Ohr die Mauer des Nichts auszugleichen, die dort ist, wo noch gestern stetig Informationen flössen. Je länger es dauert, desto geringer meine Hoffnung, dass diese Verletzung je wieder heilen wird.
    Als ich zu der verabredeten Stelle komme, bin ich mir sicher, dass niemand hier gewesen ist. Von Rue keine Spur, nicht auf dem Boden und

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