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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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selbst mein gutes Ohr noch zu angeschlagen war, um ihn zu hören? Wird ihr Bild heute Abend am Himmel erscheinen? Nein, ich weigere mich, das zu glauben. Es gibt hundert andere Erklärungen. Vielleicht hat sie sich verlaufen. Oder sie ist auf Raubtiere gestoßen oder auf einen anderen Tribut, Thresh etwa, und musste sich verstecken. Was auch geschehen ist, ich bin mir fast sicher, dass sie irgendwo zwischen dem zweiten Feuer und dem nicht entzündeten hier festsitzt. Etwas sorgt dafür, dass sie nicht vom Baum herunterkann.
    Ich werde dieses Etwas zur Strecke bringen.
    Nach dem untätigen Herumsitzen am Nachmittag ist es eine Erleichterung, etwas zu tun. Leise schleiche ich durch die Schatten, die mir Schutz bieten. Aber ich sehe nichts Verdächtiges. Nirgendwo Anzeichen für einen Kampf, keine Stelle, an der die Nadeln auf dem Boden aufgewühlt wären. Als ich kurz stehen bleibe, höre ich es. Ich muss den Kopf zur Seite drehen, weil ich mir nicht sicher bin, aber da ist es wieder. Rues Viertonlied aus dem Mund eines Spotttölpels. Die Melodie, die bedeutet, dass es ihr gut geht.
    Ich grinse und gehe auf den Vogel zu. Nicht weit davon nimmt ein anderer Vogel die wenigen Töne auf. Rue hat sie ihnen vorgesungen und das ist noch nicht lange her. Sonst hätten sie schon längst wieder ein anderes Lied angestimmt. Ich schaue hinauf in die Bäume und suche nach einem Lebenszeichen von ihr. Ich schlucke und singe leise zurück, damit sie weiß, dass sie gefahrlos zu mir kommen kann. Ein Spotttölpel wiederholt meine Melodie. In diesem Augenblick höre ich den Schrei.
    Den Schrei eines Kindes, eines jungen Mädchens, und außer Rue gibt es in der Arena niemanden, der einen solchen Schrei ausstoßen könnte. Ich renne los, obwohl ich weiß, dass es eine Falle sein könnte, dass drei Karrieros darauf lauern könnten, sich auf mich zu stürzen, aber ich kann nicht anders. Wieder höre ich einen schrillen Schrei, diesmal ist es mein Name: »Katniss! Katniss!«
    »Rue!«, rufe ich zurück, damit sie weiß, dass ich in der Nähe bin. Das heißt aber auch,
sie
wissen, dass ich in der Nähe bin, und hoffentlich reizt sie das Mädchen, das ihnen die Jägerwespen auf den Hals gehetzt und unerklärlicherweise elf Punkte bekommen hat, genug, um sie von Rue abzulenken. »Rue! Ich komme!«
    Als ich auf die Lichtung stürze, liegt sie hoffnungslos in einem Netz verfangen auf dem Boden. Sie hat gerade noch Zeit, ihre Hand durch eine Masche zu strecken und meinen Namen zu sagen, dann bohrt sich der Speer in ihren Körper.
     

18
     
    Der Junge aus Distrikt 1 stirbt, bevor er den Speer wieder herausziehen kann. Mein Pfeil dringt tief in seinen Hals ein. Er fällt auf die Knie und verkürzt die Zeit, die ihm noch bleibt, indem er den Pfeil herauszieht und an seinem eigenen Blut erstickt. Ich bin schon wieder schussbereit und ziele bald hierhin, bald dorthin, während ich Rue zurufe: »Sind da noch mehr? Sind da noch mehr?« Nein, nein, sagt sie mehrmals, bevor ich es höre. Rue hat sich auf die Seite gerollt, sie krümmt sich um den Speer in ihrem Körper. Ich stoße den Jungen von ihr fort und befreie sie mit dem Messer aus dem Netz. Ein Blick auf die Wunde genügt, um zu wissen, dass meine Heilkräfte hier nichts ausrichten können. Und wahrscheinlich nicht nur meine. Die Speerspitze steckt bis zum Schaft in Rues Magengrube. Ich gehe vor ihr in die Hocke und starre hilflos auf die tief eingedrungene Waffe. Es ist sinnlos, nach tröstenden Worten zu suchen, ihr zu sagen, dass sie wieder gesund wird. Sie ist nicht dumm. Sie streckt die Hand aus und ich greife danach wie nach einem Rettungsanker. Als wäre ich es, die sterben muss, und nicht Rue.
    »Hast du die Lebensmittel in die Luft gejagt?«, flüstert sie. »Bis auf den letzten Krümel«, sage ich. »Du musst gewinnen«, sagt sie.
    »Das werde ich. Für uns beide werde ich jetzt gewinnen«, verspreche ich. Ich höre die Kanone und schaue auf. Der Schuss muss dem Jungen aus Distrikt 1 gelten.
    »Geh nicht fort«, sagt Rue und umklammert meine Hand.
    »Natürlich nicht. Ich bleibe hier bei dir«, sage ich. Ich rücke näher heran und ziehe ihren Kopf in meinen Schoß. Zärtlich streiche ich ihr die kräftigen dunklen Haare hinters Ohr zurück.
    »Sing«, sagt sie so leise, dass ich es kaum höre.
    Singen?,
denke ich.
Was denn singen?
Ich kenne ein paar Lieder. Kaum zu glauben, aber auch bei uns zu Hause hat es einmal Musik gegeben. Mein Vater hat mich mit seiner außergewöhnlichen Stimme

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