Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Versuchung

Tödliche Versuchung

Titel: Tödliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
Vom Netzwerk:
Der übersinnliche Moment blieb aus. Ich rannte zurück zum Auto, schloss mich ein und kramte mein Handy hervor. Ich wählte Rangers Nummer und wartete das zweimalige Läuten ab, bis sich sein Anrufbeantworter einschaltete. Meine Nachricht war kurz. »Geht es dir gut?« Ich schaltete das Handy ab und blieb einige Minuten still sitzen. Es war mir irgendwie unheimlich, und ich hatte ein hohles Gefühl im Magen. Ich wollte nicht, dass Ranger in Lebensgefahr schwebte, und ebenso wenig wollte ich, dass er Homer Ramos getötet hatte. Ramos war mir scheißegal, aber wer immer ihn umgebracht hatte, würde dafür bezahlen, so oder so. Ich legte den Gang ein und fuhr los. Eine halbe Stunde später stand ich vor Lenny Dales Tür. Scheinbar war er gerade mit seiner Frau aneinander geraten, denn aus der Wohnung war ein fürchterliches Gebrüll zu hören. Ich trat vor seiner Tür im Flur des zweiten Stocks von einem Fuß auf den anderen und wartete auf eine Unterbrechung. Als es so weit war, klopfte ich. Das führte zu einem neuerlichen Rededuell, wer denn nun zur Tür gehen solle.
    Ich klopfte noch mal. Die Tür wurde aufgerissen, und ein alter Mann streckte mir den Kopf entgegen. »Ja?«
    »Lenny Dale?«
    »Steht vor Ihnen, Süße.«
    Es war die Nase, die einem an Lenny Dale zuerst auffiel, alle übrigen Attribute des Gesichts wichen regelrecht zurück vor dem Adlerschnabel. Sein kahler Schädel war mit Leberflecken übersät und die Ohren an seinem mumifizierten Kopf viel zu groß geraten. Die Frau hinter ihm hatte graues Haar und Wasser in den baumstumpfartigen Beinen, die Füße steckten in Garfield-Pantoffeln.
    »Was will sie?«, brüllte die Frau. »Was sie will, habe ich dich gefragt!«
    »Wenn du mal deine Klappe halten würdest, könnte ich es vielleicht herausfinden«, brüllte er zurück. »Jammer, Jammer, Jammer. Das ist alles, was du kannst.«
    »Ich geb’ dir gleich Jammer, Jammer«, sagte sie und schlug ihn auf den zierlichen Schädel.
    Dale wirbelte herum und versetzte ihr eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte.
    »He!«, rief ich dazwischen. »Aufhören!«
    »Sie kriegen auch noch Ihr Fett ab«, sagte Dale und ging mit erhobener Faust auf mich los.
    Ich streckte einen Arm aus, um den Mann abzuwehren. Dale erstarrte einen Moment mitten in der Bewegung, die Faust noch immer erhoben. Der Mund stand offen, die Augen kullerten nach hinten die Höhlen, dann kippte er steif wie ein Brett nach vorne und landete krachend auf dem Boden.
    Ich kniete mich neben ihn. »Mister Dale!«
    Seine Frau stieß ihm mit den Garfield-Pantoffeln in die Seite. »Hm«, sagte sie. »Wahrscheinlich wieder nur ein Herzinfarkt.«
    Ich legte eine Hand an seinen Hals, aber konnte keinen Pulsschlag ertasten.
    »Du meine Güte«, sagte ich.
    »Ist er tot?«
    »Ich bin kein Fachmann.«
    »Sieht ziemlich tot aus, wenn Sie mich fragen.« »Rufen Sie den Notarzt, ich versuch’s mit Herzmassage und Wiederbelebung.« Eigentlich kannte ich mich mit Wiederbelebung gar nicht aus, aber ich hatte es mal im Fernsehen gesehen, und ich wollte es mal ausprobieren.
    »Eins sage ich Ihnen, meine Liebe«, warnte mich Mrs. Dale, »wenn Sie den Kerl wieder beleben, kriegen Sie so lange mit dem Fleischklopfer eine übergebraten, bis Ihr Kopf wie Rinderhack aussieht.« Mrs. Dale beugte sich über ihren Mann. »Gucken Sie sich ihn doch an. Der ist tot wie ein Stein. Töter geht’s nicht.«
    Ich hatte Angst, dass sie Recht haben könnte. Mr. Dale sah nicht gerade wie das blühende Leben aus.
    Eine ältere Frau kam an die offene Tür. »Was ist los? Hat Lenny wieder einen seiner Herzinfarkte?« Sie wandte sich ab und brüllte durchs Treppenhaus: »Roger? Ruf mal den Notarzt!
    Lenny hatte mal wieder einen Herzinfarkt.«
    Innerhalb weniger Sekunden füllte sich der Raum mit Nachbarn, die Lennys Zustand kommentierten und Fragen stellten. Wie war es passiert? Ging es schnell? Wollte Mrs. Dale einen Nudelauflauf mit Truthahn zum Leichenschmaus?
    Gerne, sagte Mrs. Dale, ein Auflauf wäre prima. Ob Tootie Greenberg vielleicht ihren Mohnstriezel backen könnte, den sie seinerzeit für Moses Schulz gemacht hatte.
    Die Sanitäter vom Rettungswagen kamen, warfen einen Blick auf Lenny und teilten die allgemeine Einschätzung, Lenny Dale sei tot wie ein Stein.
    Ich schlich mich aus der Wohnung und huschte zum Aufzug. Es war nicht mal Mittag, und schon war mein Weg gepflastert mit Toten. Von der Eingangshalle aus rief ich Vinnie an.
    »Hör zu«, sagte ich, »ich habe Dale

Weitere Kostenlose Bücher