Toedliches Blut
suchen haben.“
Sophie schaute ihn unsicher an und
nickte ihm zu. Nicholas ging vor ihr auf die Eisentür zu und machte
eine bestimmende Handbewegung, woraufhin sich die schwere Tür von
selbst öffnete. Sophie konnte ihren Augen nicht trauen, sie hatte
noch nie so ein modernes Labor gesehen – dass sich die Tür wie
von Geisterhand geöffnet hatte, war ihr zu diesem Zeitpunkt völlig
gleichgültig. Sie war eigentlich davon ausgegangen, dass ihre
Forschungsabteilung der Universität, an der sie arbeitete, schon
recht fortschrittlich ausgestattet war. Doch die Vampire schienen
hier in einer anderen Liga zu spielen. Von einigen Gerätschaften
hatte sie freilich in Fachzeitschriften gelesen, doch dass sie schon
jetzt daran würde arbeiten können, damit hätte sie nicht gerechnet.
Obwohl Sophie ohne Frage in einer
merkwürdigen Situation steckte, freute sie sich wie ein kleines Kind
unter dem Weihnachtsbaum auf die Arbeit an diesen hochmodernen
Apparaten. Ihre Müdigkeit, die schon seit mehreren Wochen wie ein
bleierner Schleier auf ihr lastete, war plötzlich verflogen.
Nicholas beobachtete Sophie fast ein
wenig belustigt, wie sie voller Euphorie von einer Ecke des Labors
zur nächsten lief und alles genau bestaunte.
„Es scheint mir, als würden
Sie sich alleine zurecht finden. Ich werde mich nun zurückziehen und
mich um meinen Bruder kümmern“, sprach er mit tiefer Stimme,
gab den von Sophie bislang ignorierten anwesenden Wissenschaftlern
ein Zeichen und verließ den Raum.
***
Luther Daniels, ein blonder Vampir,
der nicht viel größer als Sophie und ebenso zierlich war, ging
auf die junge Wissenschaftlerin zu und stellte sich vor. Er erklärte
ihr, dass er zu Nicholas Clan gehöre und sich seit Jahrhunderten mit
der Biologie der Vampire beschäftige. Sophie hielt kurz den Atem an,
als Daniels von Jahrhunderten sprach. Der Biologe mochte vom Aussehen
her nicht älter als sechzehn Jahre alt sein.
Dann machte er sie mit Professor
Ibenstein vom Clan der Haber bekannt. Der ältere Vampir mit der
Hakennase und den zerzausten grauen Haaren erinnerte Sophie ein klein
wenig an Albert Einstein und er gab im Gegensatz
zu Daniels das perfekte Bild eines zerstreuten Professors ab.
Mit den Informationen zur Herkunft
des Professors konnte die junge Wissenschaftlerin allerdings nicht
viel anfangen und fragte deshalb unbedarft nach: „Clan? Was hat
es auf sich mit Ihren Clans?“
Daniels erbarmte sich und erkläre
Sophie mit hochgezogenen Augenbrauen: „Vampire sind in
verschiedenen Clans organisiert. Jeder Vampirclan hat einen Anführer,
das ist jeweils der älteste und stärkste Vampir in diesem Clan. Im
Norden herrscht Erik über den Holgersson-Clan, im Osten herrscht
Daxton über den Haber-Clan, im Süden herrscht Esmer als einzige
Älteste über den Enquedes-Clan und im Westen herrscht Reuben über den
Malérade-Clan. Nicholas als ältester und stärkster Vampir herrscht
über seinen eigenen, den City-of-London-Clan, sowie über alle anderen
Clans. Im Normalfall, das heißt, wenn es keine nennenswerten
Gefahren oder wie derzeit dieses Virus gibt, bestehen keine
intensiven Kontakte zwischen den Clans. Doch im Moment ist ein
aktiver Austausch erforderlich. Und Nicholas hat letztendlich bei
schwerwiegenden Entscheidungen das letzte Wort, wir haben damit eine
Rangordnung, an die sich jeder zu halten hat.“
„Wow“, fiel Sophie dazu
nur ein, doch der knabenhafte Daniels fuhr ohne Unterbrechung fort:
„Unser Clan hat bislang die
meisten Vampire an das Virus verloren, insgesamt fünfzehn haben sich
angesteckt, zwölf erlagen den Folgen. Aus diesem Grund sind Sie nun
auch hier, da Sie als Virologin die aktuellsten Kenntnisse haben.“
Sophie war für ihre Lage recht
gefasst und antwortete: „Bitte zeigen Sie mir, was Sie bis
jetzt über das Virus herausgefunden haben.“
Daniels brachte ihr gleich drei
dicke Ordner mit diversen Analysen und Testergebnissen. Es dauerte
die ganze Nacht lang, sich in den Stoff einzulesen. Doch Sophie hatte
bereits erste Schlüsse gezogen und eine Genmutation im menschlichen
Blut ausfindig gemacht, die das Virus scheinbar auslöste.
***
Kurz vor dem Morgengrauen öffnete
sich die Labortür wieder ganz von selbst und Nicholas trat ein. Er
wollte es sich nicht nehmen lassen, Sophie persönlich in ihr Gemach
zu begleiten, denn er war gespannt und wollte wissen, ob es schon
erste Fortschritte gab.
„Nun, berühmte
Wissenschaftlerin, haben Sie schon etwas
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