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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Shulman
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alles um mich herum auszublenden. Es würde superpeinlich, das stand fest. Doch dann hatte ich plötzlich eine Idee. Vielleicht hatte es ja sein Gutes, wenn ich einen richtig peinlichen Auftritt hinlegte? Möglicherweise war das die Lösung für meine Beziehungsprobleme. Auf der Bühne wahnsinnig zu werden, war nämlich überhaupt nicht cool oder attraktiv. Wenn ich das überzeugend hinbekam, würden die Jungen mich vielleicht endlich in Ruhe lassen … und die Mädchen wieder mit mir reden!
    Ich beschloss, den Wahnsinn voll raushängen zu lassen!
    Glücklicherweise war Dr. Kidd mit meinem Auftritt ziemlich zufrieden. »Gut, Eva, du schlüpfst allmählich richtig in die Rolle. Okay, alle herhören  – die Technikprobe findet heute um halb fünf statt. Dass mir keiner zu spät kommt!«
    Wir verließen den Saal und blinzelten in die Sonne.
    Will (Hamlet) holte mich auf dem Weg zu meinem Kunstgeschichtskurs ein.
    »Äh, Eva, sollen wir deine Szene vielleicht vor dem Durchlauf morgen noch einmal durchgehen?«
    Bitte nicht.
    »Welche Szene?«, fragte ich, obwohl ich es nur zu gut wusste.
    »Äh  – dritter Akt, erste Szene«, antwortete er rasch und kaute auf einem Fingernagel. Überraschung: Die Ab ins Kloster -Szene, in der er mich bei jeder Probe ein wenig fester und ein wenig länger hielt. Also hatten ihn meine Bemühungen um durchgeknallten Wahnsinn unbeeindruckt gelassen. Ich musste entweder noch daran arbeiten … oder die Schauspielerei aufgeben. Ich seufzte.
    Will wartete auf eine Antwort.
    »Tut mir leid, Will, ich glaube, ich habe keine Zeit. Wir haben noch Bandprobe, außerdem muss ich den Aufsatz für Dr. Franklin schreiben. Hey, das klappt schon. Mach dir keine Sorgen.«
    Ich ging schnell weiter zu Kunstgeschichte.
    Da ich nun ein wenig zu spät kam, war der Raum schon verdunkelt und Dr. Lofts hatte mit ihrer Cézanne-Präsentation bereits angefangen. Ich tastete mich zu einem freien Platz. Hoffentlich hatte ich nicht zu viel verpasst, Cézannes Bilder fand ich schon immer seltsam tröstlich. So vergänglich seine Sujets auch waren – Frauen, Früchte, Bäume –, es gelang ihm stets, ihnen eine zeitlose Beständigkeit zu verleihen. Sie waren für immer und in unveränderbarer Gestalt auf Leinwand gebannt. Wäre das Leben doch bloß auch so! Wäre nur mein Leben so! Ich konnte mich schließlich nicht einmal darauf verlassen, dass irgendetwas oder irgendwer Bestand hatte. Ich holte tief Luft und wünschte, dass Cézannes Weltordnung sich auf mein Leben ausdehnte.
    »Licht an, bitte, Amit.« Dr. Lofts Stimme riss mich aus meiner Meditation. Ich blinzelte verwirrt, als mir einfiel, wo ich war. Erst als ich mich im Raum umsah, merkte ich, werneben mir saß. Als er sich genau im selben Moment zu mir umdrehte, trafen sich unsere Blicke zum zweiten Mal.
    Er schluckte und verzog das Gesicht zu einem Ausdruck von … ja was? Schmerz? Schock? Erstaunt sah ich weg. War mein Ruf bereits so schlecht, dass er jetzt schon davon gehört hatte?
    Und dann fiel mir Ruby wieder ein. Alles klar. Sie hatte ihn unter ihre Fittiche genommen. Was hatte sie ihm erzählt? Ich hatte wirklich gedacht, sie wäre über das Fiasko mit Omar hinweg.
    Ich stützte mich auf beide Ellbogen und ließ mir die Haare ins Gesicht fallen, damit ich bis zum Ende der Stunde nichts mehr von ihm sehen musste. Doch ich konnte keine Sekunde vergessen, dass er neben mir saß. Was war bloß mit mir los? Das war völlig irrational. Vielleicht setzte Ophelia mir zu und ich sollte mich weniger bemühen, mich in sie hineinzuversetzen. Noch nie war mir eine Dreiviertelstunde Unterricht so lang vorgekommen. Als es endlich klingelte, schaute ich nicht links oder rechts, sondern rannte direkt zur Tür. Im Innenhof lehnte ich mich an eine Mauer. Als Rob schließlich herauskam, fühlte ich mich wieder einigermaßen normal.
    Mathe war kein Problem. Seth war nicht in dem Kurs und ich konnte mich ganz auf Differenzialgleichungen konzentrieren. In der kurzen Pause vor der Probe lief ich schnell in mein Zimmer, um mich umzuziehen. Als ich danach in den Flur trat, zog Ruby gerade die Tür hinter sich zu.
    »Hey, Eva!«, sagte sie.
    »Äh – hi!«
    »Gehst du zur Probe?«
    »Jep.«
    »Dann bis später.«
    Ruby sprach wieder mit mir? Wow. Sie hatte seit Monaten kein Wort mit mir geredet. Ich freute mich. Es ist schlecht für dein Karma, wenn dir jemand die ganze Zeit aus dem Weg geht.
    Ich machte mich auf den Weg zum Theatersaal. Bei Technikproben ging es nur um

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