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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Wand.
    »Nun, Bruder?«
    »Ich weiß es noch nicht«, sagte Athelstan. »Ich bin nicht sicher, Sir John. Master Flaxwith, kennt Ihr einen guten Zimmermann?«
    »Aye. Laveck in der Stinking Alley.«
    »Bringt ihn her«, befahl Athelstan. »Ich möchte, daß diese Tür von oben bis unten untersucht wird: Gitter, Schlösser, Riegel, Nägel, alles. Mir ist gleich, wieviel Schaden dabei angerichtet wird.« Er gab Cranston einen Rippenstoß. »Sag ihm, die Stadt wird ihn bezahlen. Wenn nicht, wird der Regent es wahrscheinlich tun. Versorgt ihn mit Ale und Brot, aber er darf dieses Haus nicht verlassen, bevor er die Arbeit vollendet hat und ich und Sir John ihn vernommen haben.«
    Flaxwith knotete das Seil los, mit dem er Samson angebunden hatte, und eilte den Gang hinunter.
    »Was erhoffst du dir davon, Bruder?«
    »Gaukelei, Sir John. Die Welt ist voll von Gaukelei und Betrug. Alles ist ein Rätsel. Schreiber werden ermordet, ohne daß jemand in der Nähe ist. Ein Geldverleiher wird tot in seinem verschlossenen Kontor aufgefunden, und in Southwark«, fügte er erbittert hinzu, »tropft echtes Blut aus einem Kruzifix.«
    »Das glaubst du doch nicht, oder?«
    »Nein, ich nicht, Sir John. Aber meine Gemeinde glaubt es. Sir John, Ihr kennt die Gauner und Betrüger der Unterwelt. Wie könnten sie so etwas vollbringen?«
    Cranston seufzte. »Ich kenne ein bißchen davon«, sagte er. »Aber zumeist sind das Jahrmarktgaukeleien, Bruder. Das Blut ist in Wirklichkeit Wein oder Farbe.«
    »Aber das Blut war echt.«
    »Die Leute, die ich verhaftet habe, benutzten geheime Hebel oder Mechanismen.«
    »Ich glaube nicht, daß so etwas hier der Fall ist«, sagte Athelstan. »Das Kruzifix hat geblutet, ohne daß jemand es in der Hand hielt.«
    »Was ist mit Huddle?« fragte Cranston.
    »Ein gewitzter und feinsinniger Maler. Was er mit dem Pinsel zuwege bringt, ist für mich unfaßbar. Aber warum so etwas? Hm, Sir John?« Er hakte sich bei Cranston unter, als sie zusammen durch den Korridor gingen. »Wie ich Euch immer wieder in Erinnerung rufe, Sir John, bin ich ein Mitglied des Ordens der Dominikaner. Und zu seinem ewigen Ruhm oder seiner Schande steht mein Orden in dem Ruf, die Domini Canes zu sein.«
    »Die Hunde Gottes«, übersetzte Cranston. »Die Inquisition?«
    »Ganz recht, Sir John. Ihre Pflicht ist es, sogenannte Wunder zu untersuchen und selbsternannte Propheten zu befragen. In unserer Bibliothek in Blackfriars steht ein Buch, in dem solche Untersuchungen verzeichnet sind. Nun kommt Laveck hierher, um sich diese Tür anzusehen, und ich habe keine Lust, nach Southwark zurückzukehren. Deshalb schlage ich vor, Sir John, daß wir Blackfriars besuchen.« Er drückte Cranstons Arm. »Keine Sorge, mir fällt eben ein, daß der Pater Prior auf eine kurze Wallfahrt zum Schrein des Hl. Thomas nach Canterbury gegangen ist.«
    Cranston blieb stehen und machte ein verstocktes Gesicht.
    »Und unser Mutterhaus hat einen neuen Koch«, fügte Athelstan verschlagen hinzu. »Ein Mann, der mit einem Stück Rindfleisch oder einem Fasan wahre Wunder wirken kann. Seine Gnaden, der Regent, hat schon versucht, ihn in die Küche des Savoy zu locken.«
    Der Coroner schlug Athelstan auf die Schulter. »Bruder, wenn du kein Dominikaner wärst, so würdest du einen guten Versucher abgeben. Der Geist ist ja willig, aber das Fleisch ist sehr schwach. Infolge dessen lautet meine einzige Antwort auf eine solche Versuchung: Ja.«
     
    Robert Elflain, Schreiber vom Grünen Wachs, verließ die Kanzlei und wanderte durch Holborn hinauf zur Fleet Street. Es war Mittwoch, und Elflain hatte sich vorgenommen, die erstickende Atmosphäre des Mißtrauens unter seinen Kollegen für eine Weile hinter sich zu lassen. Alles war schiefgegangen. Alcest hatte zwar beteuert, daß sie am Ende nichts zu fürchten hätten, aber Elflain machte sich Sorgen. Er konnte den dicken Coroner nicht leiden, und dieser scharfäugige Ordensbruder schien zu spüren, daß hier etwas nicht stimmte. Alcest hatte verlangt, daß sie zusammenblieben und keiner sich von den anderen entfernte, aber heute war Mittwoch, und bei Dame Broadsheet würde Laetitia auf ihn warten: diese sanften Augen, diese zarte Haut, diese langgestreckten, sehnigen Gliedmaßen! Elflain war voller Anspannung, aber jetzt mußte er sein Gesicht an ihrem Schwanenhals bergen und ihren Körper umarmen.
    Als er an Newgate vorbeikam, bemühte er sich, keinen Blick auf den Galgen zu werfen; das würde seine Angst nur wieder erwachen

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