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Tödliches Rätsel

Tödliches Rätsel

Titel: Tödliches Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Samson bildeten den Schluß. Bei der Kapelle von St. Thomas à Becket blieb Alison stehen.
    »Sir John!« rief sie.
    Der Coroner drehte sich um.
    »Ich werde nie wieder Gelegenheit dazu haben«, sagte sie und deutete auf den engen Durchgang zwischen der Kapelle und der Brüstung am Rand der Brücke. »Ich möchte gern ein kurzes Gebet sprechen, wo der arme Edwin starb.« Sie schaute dem Coroner unverwandt in die Augen. »Bitte«, flüsterte sie und schob Benedictas Arm sanft von sich. Sie trat vor Cranston und zupfte ihn am Wams. »Bitte«, wiederholte sie. »Ihr wißt, was man mit mir machen wird. Ich werde keine Gnade finden. Nur ein paar Augenblicke. Bitte.«
    Cranston warf Benedicta einen Blick zu, aber diese schaute weg. Flaxwith hockte vor seinem Hund und betrachtete eingehend dessen ledernes Halsband. Sogar der Hund wandte den Kopf ab.
    Cranston hob den Blick zum Himmel. »Geh schon«, sagte er. »Geh und bete, und dann komme ich dich holen.«
    Alison ging davon, ihre Sandalen klapperten in dem Durchgang.
    »Sir John! Sir John!«
    Der Coroner drehte sich um. Athelstan kam auf ihn zugelaufen, die Kapuze zurückgeschlagen, die Kutte mit einer Hand hochgerafft, glitschte und rutschte er durch den Matsch. Irgendwo öffnete sich ein Fenster, und jemand rief etwas heraus.
    »Das Rätsel!« keuchte Athelstan. »Das allererste…« Er starrte umher. »Wo ist Alison?«
    »Ich ließ sie zum Geländer gehen«, sagte Cranston und zeigte zum Durchgang hinter der Kapelle, ohne Athelstan in die Augen zu schauen. »Sie hat gesagt, sie will beten, wo Edwin ermordet wurde.«
    Athelstan rannte hinter die Kapelle, und Cranston und die anderen folgten ihm. In dem Durchgang war niemand. Ein Streifen Seide, den Alison sich um die Taille gebunden hatte, war an eine Strebe im Geländer gebunden und flatterte verloren im Abendwind. Athelstan spähte hinunter ins schäumende Wasser. Dann schloß er die Augen und sprach das Totengebet.
    »Es ist besser so«, sagte Cranston. »Wirklich, Athelstan. Sie hatte genug gelitten. Ich wollte nicht mit ansehen, wie sie in Smithfield verbrannt wurde oder in Tyburn am Galgen baumelte. Und Gott weiß, welches Grauen sie in Newgate erwartet hätte.«
    »Gott lasse sie ruhen in Frieden«, flüsterte Benedicta.
    »Sie hat es angekündigt«, sagte Athelstan. »In jenem ersten Rätsel von dem König, der seine Feinde besiegt und am Ende mit den Besiegten am selben Ort liegt wie Schachfiguren, die man einsammelt und in den Kasten legt. Jetzt sind sie alle dahin: Peslep, Ollerton, Elflain, Napham und Alcest. Mein Gott, Sir John, was für ein verworrenes Leben wir doch führen.« Er drehte sich um. »Und wofür? Für ein bißchen mehr Gold, ein bißchen mehr Silber? Für zwei hübsche Brüste? Für Wein und Speise vom Besten, um uns den Magen damit zu füllen? Die Gier nach dem Geld ist sicher eine große Sünde. Dafür mußten diese Schreiber sterben. Alison mußte sterben. Drayton mußte sterben. Stablegate und Flinstead sind dazu verdammt, über das Antlitz der Erde zu irren wie die Söhne Kains, die sie ja sind.« Er rieb sich das Gesicht. »Sir John, sagt dem Menschenfischer, er soll ihren Leichnam suchen. Und er soll sie sanft behandeln. Laßt sie nach St. Erconwald bringen. Dort kann sie neben ihrem Mann ruhen, den sie liebte und den sie so skrupellos gerächt hat.«
    »Ich begleite euch zurück«, sagte Cranston. »Es wird dunkel.«
    Sie kehrten zurück nach Southwark. Sir John wollte ihn zu einer Erfrischung einladen, aber Athelstan lehnte ab.
    »Bringt Benedicta nach Hause«, bat er. »Und sorgt dafür, daß ihr nichts passiert. Ach, Sir John…« Athelstan drehte sich noch einmal um und ergriff Cranstons Hand. »Ihr seid groß in jeder Hinsicht, John, mein Freund«, sagte er leise. »Ein großer Körper, ein großer Geist, eine große Seele. Gott segne Euch, Sir John Cranston.«
    Der Coroner warf ihm einen merkwürdigen Blick zu, aber Athelstan schüttelte nur den Kopf. Er drückte die dicke Pranke des Coroners und marschierte durch eine Gasse davon.
    Zu Hause angekommen, verriegelte Athelstan die Tür. Er füllte sich seinen Humpen mit Ale, zündete eine Kerze an und griff nach dem Brief des Pater Prior, um ihn noch einmal gründlich zu lesen. Dann legte er ihn weg und weinte eine Weile. Bonaventura kam und sprang ihm auf den Schoß. Athelstan streichelte den großen Kater und nahm den Brief noch einmal zur Hand. Ein Absatz fiel ihm ins Auge:
     
Bei deinem Gehorsamsgelübde befehle ich dir, St.

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