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Töwerland brennt

Töwerland brennt

Titel: Töwerland brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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die Kajüte, verstieß er ohne jeden Zweifel
gegen den Paragrafen 123 des Strafgesetzbuches: Hausfriedensbruch.
    Ach was, dachte er sich dann. Wo kein Kläger, da kein Richter. Und
ging die wenigen Stufen hinunter.
    Unter Deck war es schummrig. Nur wenig Licht fiel durch die
Bullaugen, deren Vorhänge zugezogen waren. Von Tohmeier keine Spur. Die beiden
Kojen, die den Großteil des zur Verfügung stehenden Raumes ausfüllten, waren
unbenutzt.
    Rainer widerstand der Versuchung, eine der zahlreichen Klappen zu
öffnen, um in die dahinterliegenden Staufächer zu schauen. Allerdings war deutlich
erkennbar, dass sich vor Kurzem noch jemand an Bord aufgehalten hatte: Ungespültes
Geschirr stapelte sich in einer Plastikschüssel, Kleidungsstücke lagen achtlos
hingeworfen in einer der Kojen, eine Tageszeitung lag auf dem Boden.
    Rainer hob sie auf, um nach dem Datum zu schauen. 23. Mai. Das war
genau vor einer Woche. Als er das Blatt wieder auf dem Boden deponieren wollte,
entdeckte er einen Brief, der unter der Zeitung gelegen haben musste. Neugierig
griff Rainer danach. Es war von einem Nordener Notar.
    Sehr geehrter Herr Tohmeier,
    hiermit zeige ich an, dass ich die
Interessen eines im Oktober 1990 verstorbenen Mandanten vertrete. Dieser
Mandant, dessen Namen ich Ihnen nicht bekannt geben darf, hat mich beauftragt,
den Kontakt zu Ihnen auch über seinen Tod hinaus aufrechtzuerhalten.
    Sicher werden Sie sich wundern, warum sich
mein Mandant für Sie und Ihr Leben interessiert. Um sein Verhalten zu erklären,
muss ich etwas weiter ausholen.
    Mein Mandant lebte und arbeitete auf einer
Nordseeinsel
    Der Herner las mit wachsender Spannung. Also war seine Theorie
doch richtig. Knut Tohmeier war der Halbbruder der Geschwister Harms und
wahrscheinlich auf dem Boot gewesen. Denn wie sonst hätte der Brief hierhingelangen
können? Nein, Blödsinn, dachte er sofort. Tohmeier hätte das Schreiben Heike
Harms geben können, die es auf die Dünenwind gebracht
hatte. Aber war das wahrscheinlich?
    Er senkte den Brief, auf den ein letzter Lichtstrahl fiel. Durch das
dünne Papier erschienen die Konturen handschriftlicher Notizen auf der
Rückseite. Rainer drehte es um.
    Ich hasse euch alle! , las der Anwalt. Das
Gekrakel wirkte unausgereift, fast kindlich. Ihr habt mich
zerstört! , lautete der nächste Satz. Und dann noch: Wo
lebte dieses Schwein?
    Darunter, in einer anderen Handschrift, mit Sicherheit von einer
anderen Person: Du bist Abschaum . Gefolgt von drei
Ausrufezeichen. Was hatte das zu bedeuten?
    Er legte das Anwaltsschreiben und die Zeitung wieder an ihren Platz
und verließ die Kajüte. Dann schloss er die Tür hinter sich.
    Mittlerweile war die Sonne fast hinter den Dünen verschwunden. Rainer
hielt sich mehr schlecht als recht an einer der Leinen fest, mit denen die Dünenwind angebunden war, und krabbelte zurück auf den Steg.
    Knut Tohmeier hatte er zwar nicht gefunden, dafür den Beweis, dass
die Geschwister Harms und Tohmeier miteinander verwandt waren. Unterstellt, die
kindliche Handschrift stammte von Letzterem, schien er nicht besonders gut auf
die Familie Harms zu sprechen zu sein. Hatte er deshalb die Erpresserbriefe
geschrieben? Andererseits erweckte das Foto, das ihm Cengiz geschickt hatte,
den Eindruck, dass Tohmeier sich gut mit Heike Harms verstand. Und war der
andere Satz von ihr?
    Der Anwalt schüttelte verständnislos den Kopf. Das passte nicht
zusammen. Immer noch zu viele Widersprüche und Ungereimtheiten.
    Esch hatte den halben Weg zum Tor zurückgelegt, als er Heike Harms
entdeckte, die ihm auf dem Steg entgegenkam. Über ihrer Schulter hing eine
augenscheinlich volle Tasche.
    Mist! Verstecken war nicht möglich, weglaufen auch nicht. Sie hatte
ihn schon längst ausgemacht. Er wappnete sich für das Unausweichliche.
    »Hallo, Frau Harms«, grüßte er so unbeschwert, wie es ihm möglich
war. »Schöner Abend, nicht?«
    »Was machen Sie hier?«, erwiderte sie eisig.
    »Spazieren gehen«, antwortete Rainer fröhlich.
    Sie blieb misstrauisch. »Das Betreten der Hafenanlagen ist nur Bootseignern
und deren Gästen gestattet. Das Schild am Tor ist nicht zu übersehen. Was also
tun Sie auf diesem Steg?« Es war ihr anzusehen, dass sie seinen Worten keinen
Glauben schenkte.
    Rainer entschloss sich zur Wahrheit. »Ich suche Knut Tohmeier.«
    Ihre Mimik wechselte von Ärger zu Verblüffung. »Wieso … Wie
kommen Sie auf Tohmeier? Ich habe Ihnen doch gesagt, keine Person dieses Namens
zu kennen.«
    »Ja, das

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